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Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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war fast den ganzen September im Krankenhaus, und jetzt zahlen Hugh und ich uns dumm und dämlich für private Pflege auf dem Hof, weil sie sich weigert, zu uns ins Haus zu ziehen. Das ist Pflichtgefühl, dafür zu sorgen, daß die eigene Mutter gut betreut wird, auch wenn man sich dafür selbst einschränken muß.«
    Deacon blickte mit zusammengekniffenen Augen zur Lagerhalle hinüber. »Was ist denn aus ihren angelegten Geldern geworden? Sie hatte doch vor fünf Jahren ein sehr gutes Einkommen, wieso zahlt sie die Pflege nicht selbst?«
    »Sie hat uns angeboten, das Schulgeld für die Mädchen zu übernehmen, und hat gleich alles auf einmal im voraus von ihrem Kapital bezahlt«, erklärte Emma widerstrebend. »Sie hat genug für sich zurückbehalten, um davon leben zu können, aber für mehr reicht es nicht. Wir haben sie nicht darum gebeten«, fügte sie abwehrend hinzu. »Es war allein ihre Idee, und schließlich konnte keiner von uns wissen, daß es so schlimm mit ihr werden würde. Für dich was aufzuheben, wäre sowieso sinnlos gewesen. Ich meine, wir waren alle überzeugt davon, daß du nie wieder einen Ton mit uns reden würdest.«
    »Richtig«, sagte er kühl. »Ich spreche jetzt nur mit dir, weil Julia so verdammt sicher war, daß ich es nicht tun würde.«
    Emma seufzte. »Ist das der einzige Grund, weshalb du angerufen hast?«
    »Ja.«
    »Das glaube ich dir nicht. Warum kannst du nicht einfach sagen, daß es dir leid tut, und die Vergangenheit begraben?«
    »Weil es nichts gibt, was mir leid tun müßte. Es ist nicht meine Schuld, daß Pa gestorben ist, ganz gleich, wie du und Ma darüber denken.«
    »Das war’s doch gar nicht, was sie dir übelgenommen hat. Sie hat sich darüber geärgert, wie du Julia behandelt hast.«
    »Das ging sie überhaupt nichts an.«
    »Julia war ihre Schwiegertochter. Sie hatte sie sehr gern. Ich übrigens auch.«
    »Ihr wart nicht mit ihr verheiratet.«
    »Das ist nun wirklich billig, Michael.«
    »Ja, du hast’s nicht so billig gemacht, du hast mit Hugh zusammen gleich die Konten geräumt«, versetzte Deacon sarkastisch. »Ich habe nie einen Penny von Ma genommen, wenn sie mich also sehen will, dann zu meinen Bedingungen. Ich schulde ihr nämlich nichts, ganz gleich, wie viele Beine sie demnächst verliert.«
    »Wie kannst du nur so was sagen?« fuhr seine Schwester ihn empört an. »Geht es dir denn überhaupt nicht nahe, daß sie krank ist?«
    Wenn ja, so war er nicht bereit, es zuzugeben. »Zu meinen Bedingungen, Emma, oder gar nicht. Hast du was zu schreiben da? Okay, hier ist meine Telefonnummer zu Hause.« Er gab sie ihr an. »Ich nehme an, du bist Weihnachten auf dem Hof. Ich schlage vor, du besprichst das mit Ma und rufst mich dann mit eurer Entscheidung an. Und vergiß nicht, daß ich mir geschworen habe, Hugh eine Abreibung zu verpassen, wenn ich ihn das nächstemal sehe. Das solltest du bei deiner Entscheidung vielleicht berücksichtigen.«
    »Du kannst doch Hugh nicht schlagen!« rief sie entsetzt. »Er ist dreiundfünfzig.«
    Deacon lachte grimmig. »Na prima, dann dürfte ja ein Schlag reichen.«
    Wieder trat Schweigen ein. »Er wollte sich schon seit Ewigkeiten bei dir entschuldigen«, sagte Emma dann kleinlaut. »Er hat das, was er gesagt hat, überhaupt nicht so gemeint. Das ist ihm nur in der Hitze des Gefechts so rausgerutscht. Hinterher hat es ihm leid getan.«
    »Der arme Hugh. Dann wird’s ihm doppelt weh tun, wenn ich ihm die Nase breche.«
     
    Terry kam mit zwei verdreckten Koffern aus der Lagerhalle zurück und warf sie auf den Rücksitz. Zur Erklärung sagte er, da die Halle voller beschissener Diebe sei, habe er beschlossen, sein Eigentum mitzunehmen, um es zu schützen. Deacon sah es mehr nach einem Umzug mit Sack und Pack in der Hoffnung auf ein zukünftiges Luxusleben aus.
    »Wird dieses ständige ›beschissen‹ auf die Dauer nicht etwas eintönig?« erkundigte sich Deacon, als er losfuhr.
    Sie aßen ihre indische Mahlzeit auf der Kühlerhaube des Wagens hockend. Es war eiskalt draußen, aber Deacon wollte lieber vor Kälte schlottern, als sich die Polsterung seines Wagens mit roter Soße versauen zu lassen. Terry fragte, warum sie nicht im Restaurant gegessen hätten.
    »Weil ich die Befürchtung hatte, die würden uns nie bedienen, nachdem du sie Wogs genannt hattest«, gab Deacon unwirsch zurück.
    Terry grinste. »Wie nennen Sie sie denn?«
    »Menschen.«
    Eine Zeitlang hockten sie schweigend nebeneinander und blickten die Straße

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