Das Echo
sah Terry weit älter aus als vierzehn. »Hey, Sie reden, als hätten Sie Angst vor mir«, meinte er neugierig. »Was hat der Alte in Wirklichkeit zu Ihnen gesagt?«
»Er hat mir erklärt, daß du von Hygiene wahrscheinlich noch nie gehört hast.«
»Na klar.« Terry machte ein belustigtes Gesicht. »Und über die Vergewaltigungsmasche hat er Sie nicht aufgeklärt?«
»Doch, das auch«, bekannte Deacon.
»Die funktioniert immer, das kann ich Ihnen sagen. Ich hab’ mal einen getroffen, der hat fünfhundert Eier damit gemacht. Irgend so’n alter Knacker hatte ihn aus reiner Menschenfreundlichkeit mit nach Hause genommen, und kaum war’n sie drin in der Bude, hat der Typ angefangen, Vergewaltigung zu schreien.« Er lächelte freundlich. »Lawrence hat Sie bestimmt ganz schön zur Sau gemacht, weil Sie gesagt haben, daß Sie mich mitnehmen wollen - der ist echt auf Draht -, aber er täuscht sich, wenn er glaubt, ich würde so was mit Ihnen machen. Billy hat immer zu mir gesagt: Du sollst nicht Gutes mit Bösem vergelten. Also, Sie brauchen keine Angst zu haben, okay? Bei mir sind Sie sicher.«
Deacon öffnete die Wohnungstür und griff zum Lichtschalter. »Das freut mich, Terry. Dann können wir ja beide unbesorgt sein.«
»Ach ja? Sie hatten wohl schon was geplant für den Fall?«
»Man nennt es Rache.«
Terry lachte. »An einem Minderjährigen kann man sich nicht rächen. Die Bullen würden Sie fertigmachen.«
Deacon lächelte, aber ziemlich unangenehm. »Wie kommst du darauf, daß du noch minderjährig wärst, wenn’s passiert, oder daß ich derjenige wäre, der das erledigt? Rache, mein Lieber, schmeckt am besten kalt. Das ist auch ein Sprüchlein, das Billy dir hätte beibringen sollen.« Er senkte plötzlich die Stimme, so daß sie beinahe drohend klang. »Du wirst vielleicht ein oder zwei Sekunden Zeit haben, dich daran zu erinnern, wenn ein Wahnsinniger wie Denning dir das antut, was heute nachmittag Walter angetan worden ist. Und nur wenn du Glück hast, wird dir ein Rest Leben bleiben, um deine Dummheit zu bedauern.«
»Ja, okay, aber das passiert ja sowieso nicht, oder?« murmelte Terry, leicht beunruhigt über Deacons Ton. »Ich hab’s Ihnen doch gesagt, bei mir sind Sie sicher.«
Terry hatte eine Menge an Deacons Wohnung auszusetzen. Ihm gefiel nicht, daß man durch die Wohnungstür direkt ins Wohnzimmer gelangte (»Mensch, da müssen Sie ja dauernd schauen, daß aufgeräumt ist«), ihm gefiel auch der schmale Flur nicht, der zum Bad und den beiden Schlafzimmern führte (»ohne die blöden Mauern überall wäre die Bude viel größer«), lediglich an der Küche fand er Gefallen, da sie direkt ans Wohnzimmer anschloß (»das ist ja praktisch, wenn man beim Essen fernsehen will«).
Nachdem er sich alle Schmutz- und Geruchsschichten vom Körper gewaschen hatte, strich er in Pulli und viel zu weiten Jeans überall herum und schüttelte den Kopf über soviel Kargheit. Er stank nach Jazz-Rasierwasser (»in der Drogerie geklaut«, verkündete er stolz), was, wie Deacon zugeben mußte, der Atmosphäre ein gewisses exotisches Flair verlieh, das vorher nicht vorhanden gewesen war.
Das Endurteil war niederschmetternd. »Sie sind doch gar kein so langweiliger Typ, Mike, wieso wohnen Sie dann in so einer langweiligen Bude?«
»Was ist langweilig daran?« Deacon war dabei, mit einem langen Holzlöffel Terrys Patchwork-Decke in die Waschmaschine zu stopfen, und hielt dabei scharf nach hüpfenden Tierchen Ausschau.
Es war ein Glück, daß nichts dergleichen sich zeigte, denn sein einziger Abwehrplan bestand darin, die ungebetenen Gäste mit dem Kochlöffel zu erschlagen.
Terry vollführte eine umfassende Armbewegung. »Das einzige Zimmer, wo’s halbwegs nach was ausschaut, ist Ihr Schlafzimmer, und das auch nur, weil da eine Anlage und ein Haufen Bücher drin sind. In Ihrem Alter müßten Sie viel mehr Zeug haben. Da hab’ ich ja mehr, und ich bin noch nicht mal halb so lang auf der Welt wie Sie.«
Deacon griff nach seinen Zigaretten und reichte eine dem Jungen. »Dann kann ich dir nur raten, heirate nie. So kann’s nach zwei Scheidungen aussehen.«
»Billy hat immer gesagt, daß Frauen gefährlich sind.«
»War er verheiratet?«
»Wahrscheinlich. Aber er hat nie darüber geredet.« Er öffnete einen der Kühlschränke. »Gibt’s hier irgendwo was zu trinken?«
»Im Kühlschrank steht Bier, und da drüben in dem Regal ist Wein.«
»Kann ich’n Bier haben?«
Deacon nahm zwei Dosen aus dem
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