Das echte Log des Phileas Fogg
Panik wagte er nicht ins Wasser zu springen. Der Grund, so bemerkte Fogg, waren wohl die vielen großen Krokodile im Becken.
Fogg bemühte sich, das Tier zu besänftigen. Während dieses anscheinend hoffnungslosen Bestrebens spürte er plötzlich einen Hieb auf die Schulter. Er sah sich um und dann nach oben. Passepartout deutete zur Kuppel empor. Fogg sah ein dunkles Viereck in dem weißen Dom erscheinen. Daraus senkte sich, offenbar an einem Tau, eine Gondel herab, über deren Seiten sechs dunkle Gesichter mit weißen Turbanen nach unten starrten.
Fogg warf einen Rundblick auf die Bogengänge der Balustrade. Dort war noch niemand zu sehen. Dann wies Passepartout auf den Mittelpunkt der Insel; was sich dort befand, war den beiden Männern bisher entgangen, zunächst wegen des breiten Elefantenrückens, und dann, weil es sie hinreichend beansprucht hatte, sich ganz allgemein zu orientieren.
Das Gerät mußte sich in der großen runden Mulde im Mittelpunkt der Insel befinden. Sicherlich lag es nicht einfach darin, so daß die Eindringlinge es bloß hätten aufzuheben brauchen; es mußte irgendeine Schutzvorrichtung geben. Was Passepartout jedoch in allerhöchste Erregung versetzte, war vornehmlich die Tatsache, daß der Distorter unter ihren Augen zu verschwinden begann. Er lag auf der Oberseite einer Säule, einige Zentimeter unterhalb der Inseloberfläche, und diese Säule versank nun rasch in einem Schacht.
Unter der Insel mußte ein Hohlraum sein, in dem jetzt Männer jene Maschinerie betätigten, die den steinernen Zylinder hob und senkte. Sie wollten das Gerät von der Säule entfernen und es an einen sicheren Ort bringen.
Dann würden die Leute des Radschahs sich um die Eindringlinge kümmern.
Kiuni hatte noch nicht aufgehört, wie verrückt im Kreis zu laufen. Sie durften keine Zeit mehr mit dem Versuch vergeuden, ihn zu beruhigen. Fogg winkte Passepartout zu, er solle seinen Platz einnehmen, und ließ sich vom Nacken des Elefanten rollen. Passepartout, der Berufsakrobat, hätte seiner Geschicklichkeit und Beweglichkeit unter anderen Umständen bestimmt Beifall gezollt; gegenwärtig jedoch war der Franzose zu stark damit beschäftigt, sich festzuklammern, um Foggs Leistung Aufmerksamkeit zu schenken.
Während Fogg über die graue faltige Flanke des Elefanten purzelte, stieß er sich ab und landete, das Gesicht zum Tier gewandt, auf den Füßen, worauf er rückwärts taumelte, sich mit einigen raschen Schritten aber auffing, auf den Beinen blieb und sich einen schweren Sturz auf den Marmor ersparte. Dann wirbelte er herum, zog aus der Westentasche eine Uhr, drehte an ihrer Krone, blickte in den Schacht und ließ die Uhr hineinfallen. Vom Anfang bis zum Ende erweckte er trotz der Schnelligkeit, mit der er handelte, den Eindruck völliger Kaltblütigkeit.
Die Männer in der Gondel und die Männer im Raum unter der Insel schrien zweifellos auf. Er konnte es allerdings nicht hören, weil seine Ohren noch wie taub waren. Trotzdem blickte er auf und sah, nicht unerwartet, wie die Männer in der Gondel Säbel und ein Gewehr schwangen, das ziemlich modern aussah; wahrscheinlich handelte es sich um das von der preußischen Armee erst im vergangenen Jahr eingeführte Fabrikat Mauser. Die Männer in der Gondel sahen, daß die Eindringlinge keine Schußwaffen trugen. Das Objekt, das in den Schacht geworfen worden war, verursachte keine Rauchentwicklung, so daß sie annehmen mußten, falls es eine Bombe gewesen war, habe sie versagt. Vielleicht sahen sie Fogg auch gar nicht die Uhr werfen, weil sein Körper ihnen den Blick versperrte. Vermutlich gingen sie davon aus, daß es sich erübrige, die Eindringlinge zu erschießen; sie saßen ohnehin in der Falle. Sie konnten sich Zeit lassen und warten, bis der Elefant sich beruhigt hatte, um die beiden Fremden erst dann zu überwältigen. Unterdessen konnte unten der Radschah den Distorter fortschaffen.
Fogg war in der Tat davon überzeugt, daß sich der Radschah persönlich im unteren Raum aufhielt, da es unwahrscheinlich war, daß er das unersetzliche Gerät auch nur zeitweilig einem Untergebenen anvertraute. Fogg glaubte sogar, daß dort unten nur ein Mann war, nämlich der Radschah. Je weniger Menschen den Distorter sahen, um so besser. In den Augen der Hindus mußte er ein Zaubergegenstand sein, für dessen Besitz viele alles tun würden. – Mr. Fogg wandte sich um, hatte bereits noch eine Uhr aus seinen Taschen geholt und an der Krone gedreht. Mit einer eleganten
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