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Das echte Log des Phileas Fogg

Das echte Log des Phileas Fogg

Titel: Das echte Log des Phileas Fogg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip José Farmer
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Bewegung schleuderte er sie empor, und sie landete in der Gondel, die in einer Höhe von zwei oder drei Etagen über der Insel schwebte. Die sechs Männer im Innern der Gondel gerieten in Aufruhr; zwei sprangen hinab ins Becken. Eine Wolke aus Feuer und Qualm verschlang die Gondel. Die beiden Männer und Kiuni vernahmen die Explosion kaum, doch sie spürten die wuchtige Druckwelle. Metallsplitter, Fleischfetzen und Knochenstücke regneten herab.
    Fogg wurde von den Füßen gerissen. Passepartout fiel von Kiunis Nacken auf den Marmor. Der Elefant machte kehrt und lief in Gegenrichtung. Passepartout erlitt keine Verletzung, rollte über den Boden und kam mit akrobatischer Präzision auf die Beine. Sein Haupthaar wirkte zerzauster denn je zuvor, seine blauen Augen waren geweitet. Fogg stand auf und trat an den Rand des Schachts, während der Rauch der Explosion herabsank. Er kniete nieder und blickte hinab. Der Uhreninhalt – denn es handelte sich beileibe nicht um gewöhnliche Uhren – wirkte als Sprengstoff so gut wie als Kampfgas, und seine Wirkungsweise hing von der Art der Auslösung ab. Das Gas strömte mit hoher Geschwindigkeit aus und füllte innerhalb eines Augenblicks jede nicht allzu große Räumlichkeit. Seine Wirkung ließ fast genauso schnell nach, so daß er nicht befürchten mußte, von der Luft betäubt zu werden, die aus dem Schacht drang.
    Mr. Foggs Miene blieb unverändert gleichmütig, aber den diesbezüglichen Notizen in seinem geheimen Log entnehmen wir, in welche Verblüffung und in welche Erregung ihn der Anblick versetzte, der sich ihm bot. Die Säule war durch den Schacht und weiter hinab in den Boden des unter der Insel liegenden Raums gesunken. Unter Foggs Augen verharrte die Oberseite des Zylinders soeben ungefähr 80 cm über dem Boden. Daneben lag ein kleingewachsener, stämmiger, dunkelhäutiger Mann in prachtvollen Gewändern reglos ausgestreckt. Seine Handgelenke und Finger funkelten und schimmerten von Armreifen und Ringen, besetzt mit Perlen und Edelsteinen, die nur ein sehr reicher Radschah sich leisten konnte. Sein Haar und sein Bart waren grau, sein Gesicht mit der Hakennase runzlig. Fogg wußte, daß das Grau der Haare und die Falten nur Makeup waren. Radschah Dakkar von Bundelkund wollte nicht, daß sich über seine Alterslosigkeit Gerüchte ausbreiteten; sie hätten die Aufmerksamkeit der Eridaner allzu bald auf ihn gelenkt (das heißt, früher als sie sowieso auf seine Spur gekommen waren), und auch die Briten wären wohl ziemlich aufdringlich geworden, bestand erst einmal Grund zu der Vermutung, daß er ein Geheimnis zur Lebensverlängerung hüte.
    Noch bevor die Säule in Ruhestellung eingerastet war, hatte der Radschah die marmorne Platte herausgehoben, worunter der Distorter lag. Hätte das Gas ihn nicht betäubt, wäre er nun bereits mit dem Gerät aus dem Raum geflohen gewesen. Doch so befand das Gerät, verborgen in einer großen, mit mehreren Diamanten besetzten goldenen Uhr, sich ungefähr 2 m direkt unter Fogg. Er brauchte lediglich den Magneten, den er mitführte, an seiner Seidenschnur hinabzulassen; auf dem goldenen Gehäuse würde er nicht haften, doch die Metallteile im Innern würden für diesen Zweck ausreichen. Und dann konnte er das wertvolle Gerät mittels der Schnur einholen.
    Aber neben der marmornen Säule stand ein anderer Mann und streckte soeben eine Hand nach dem Gerät aus. Etwas ließ ihn verharren, wahrscheinlich das Gefühl, daß jemand ihn beobachtete. Er blickte nach oben. Fogg entfuhr kein Aufschrei, obwohl man kaum begreifen kann, wie selbst er in diesem Moment seine Selbstbeherrschung zu bewahren vermochte. Er kannte den Mann. Er trug keinen Bart mehr, und seine Augen waren nicht länger schwarz, sondern dunkelgrau. Fogg hätte ihn womöglich gar nicht erkannt, wäre nicht der außergewöhnliche Abstand zwischen seinen Augen gewesen.
    Der Mann trug die Uniform eines Offiziers Ihrer Majestät Indischen Sappeure ( Alte Bezeichnung für Pioniere. Der Übers) , die zum Teil dazu beitrug, daß Fogg nicht sofort auffiel, daß er ihn erst kürzlich gesehen hatte. Nachdem er die durch die Uniform entstandene Verwirrungüberwunden hatte, bemerkte Fogg die Ähnlichkeit zwischen diesem Mann und jenem, der ihm in der Nähe des Reform-Clubs unter einer Tür aufgefallen war. Ja, er war es. Der Mann, dem er einmal gedient hatte, der Mann unter der Tür und der Mann, der sich nun den Distorter aneignen wollte, waren derselbe. Aber wie hatte er früher als

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