Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)
sollten wir uns diesen Gefühlen stellen.
Beim Umgang mit negativen Gefühlen kommt es vielfach zu seltsamen Reaktionen. Wir spüren zwar oft das Richtige und geben trotzdem die falsche Antwort. So, wie wir einen Kaffee trinken, um uns aufzuputschen, anstatt mehr zu schlafen. Was soll unser Körper, unser Gehirn damit anfangen? Eigentlich gibt es für den richtigen Umgang mit unliebsamen Gefühlen erstaunlich pragmatische Lösungen. Gehen wir also die Liste der negativen Gefühle noch einmal durch und schauen uns Beispiele an, was bedürfnisorientiertes Handeln aus Sicht unseres Gehirns bedeutet.
• Ärger: Wir fühlen uns ungerecht behandelt, übergangen oder sind mit jemandem in Streit geraten. Mit dem Gefühl, sich zu ärgern, schaltet das Gehirn in den Alarmmodus: »Suche nach Lösungen!« In diesem Modus erhöht sich gleichzeitig der Energiebedarf unseres Gehirns. Gelingt es nun, tatsächlich eine Lösung zu finden, so kann die erhöhte Hirnversorgung gezielt zur Konfliktbewältigung eingesetzt werden. Hat man zum Beispiel Ärger mit einer Behörde, könnte die Lösung so aussehen: Anstatt sich weiter und weiter in seine Wut hineinzusteigern (was weitere Energie kostet), könnte man Hintergrundinformationen über den Sachverhalt einholen, einen wohlüberlegten Brief schreiben oder gut vorbereitet ein klärendes Gespräch suchen. Die Energie wird so positiv umgenutzt und zum wichtigen Motor bei der Problemlösung.
• Traurigkeit: Der Verlust eines geliebten Menschen, das Ende einer Liebe, Arbeitslosigkeit, der Tod eines Haustiers lösen in uns Trauer und Traurigkeit aus. Diese Trauer braucht Zeit – auch dies ist eine uralte Weisheit. Psychologen sprechen sogar von Trauerarbeit und meinen damit, dass Trauer ein Gefühlszustand ist, den wir nur dann überwinden können, wenn wir ihn eine gewisse Zeit aushalten, ohne uns zu betäuben. Wie lange dieser Zeitraum dauert, kann niemand sagen. Manchmal kann das Gefühl der Trauer durch Veränderungen beendet werden: durch einen neuen Job, ein neues Haustier oder eine neue Liebe. Aber das klappt nicht immer.
• Krankheit: Wer krank ist, sollte sich schonen, Bettruhe einhalten, einen Arzt rufen, Freunde oder Verwandte um Hilfe bitten. Alles naheliegende Maßnahmen, die doch vielen Menschen schwerfallen, vor allem, wenn sie sich als Leistungsträger sehen. Fehltage schaden der Karriere und dem Image, Ärzten wird misstraut, und sich von Freunden helfen oder gar pflegen zu lassen, ist für viele von uns eine schwer erträgliche Vorstellung. Wir befürchten, jemandem zur Last zu fallen. Doch warum fühlen wir uns bei einem Infekt eigentlich so schwach, müde und ruhebedürftig? »Sickness behaviour«, krankheitsbedingtes Verhalten, nennen Mediziner das Energiesparprogramm, das unser Gehirn bei einer Erkrankung wählt. Die Grundversorgung des Gehirns und die ausreichende Energiebereitstellung für das Immunsystems stehen jetzt im Vordergrund. Jeder unnötige Energieverbrauch – etwa durch Bewegung, Sozialkontakte, geistige Leistungen – soll vermieden werden, um den Genesungsprozess nicht zu gefährden. Wenn wir die Signale unseres Körpers ernst nehmen, sollten wir uns also ins Bett legen und viel schlafen.
• Enttäuschung: Ein berufliches Ziel wird nicht erreicht, ein Freund hat ein ersehntes Treffen abgesagt, eine geplante Reise lässt sich nicht realisieren. Enttäuschungen widerfahren uns ständig. Unser Gehirn reagiert auf sie mit Stress und erhöhtem Energiebedarf. Auch hier besteht die Gefahr, das ungute Gefühl der Zurückweisung und des Scheiterns »wegzuessen«. Dabei will dieses Negativgefühl erlebt und bearbeitet werden. Enttäuschungen wollen uns an unseren Ausgangspunkt zurückführen. Ähnlich wie beim Monopoly-Spiel sollen wir auf Los zurückgehen, allerdings ohne dabei einen sofortigen Gewinn einzustreichen. Dort können wir uns erneut überlegen, an wen wir uns wenden, oder überdenken, ob der Zeitpunkt beispielsweise für eine berufliche Veränderung gekommen ist.
• Einsamkeit: Dieses Gefühl kann uns jederzeit überfallen. Bedürfnisorientiertes Handeln ist auch hier ganz pragmatisch: zum Beispiel einen Freund anrufen, sich verabreden. Es sind auch andere Möglichkeiten denkbar, um Einsamkeit zu begegnen. Entscheidend ist in dieser Situation, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu berücksichtigen. Bedürfnisorientiertes Verhalten kann nämlich in manchen Fällen auch bedeuten, dass man den Zustand nicht als Einsamkeit wertet, sondern
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