Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)
welcher Richtung er eigentlich gekommen sei. Als sein Gesprächspartner auf die mathematische Fakultät deutete, stellte Wiener fest: »Das bedeutet, dass ich noch nichts zu Mittag gegessen habe …«
Negative Gefühle zu deuten und positiv zu nutzen, ist der Weg in die richtige Richtung des bedürfnisorientierten Handelns. Allerdings gibt es keine sofortige Erfolgsgarantie. Möglich, dass eine Entschuldigung zurückgewiesen wird, dass eine Aussprache verweigert wird, der Hinweis auf eine berufliche Überlastung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Solche Situationen werden in uns erneut negative Gefühle auslösen, und auch mit diesen sollte man sich bedürfnisorientiert auseinandersetzen. Ein Freund, der eine Aussprache verweigert, ist möglicherweise eine Freundschaft gar nicht wert. Lohnt es sich wirklich, in einem Job zu verharren, in dem man sich überfordert und nicht respektiert fühlt? Die wachsame Auseinandersetzung mit negativen Gefühlen führt fast zwangsläufig zu positiven Ergebnissen – vielleicht nicht gleich im ersten Anlauf. Am Ende wird es sich auf jeden Fall lohnen. Als Gefährten für den Weg empfiehlt die kalifornische Übergewichts-Therapeutin Laurel Mellin kraftspendende Gedanken, formuliert in einfachen Sätzen, mit denen man sich immer wieder vor Augen führen kann, wohin die Reise gehen soll:
Es wird funktionieren.
Ich werde in dieser Situation bestehen.
So wie es jetzt ist, wird es nicht immer sein.
Etwas Gutes wird aus dem, was ich jetzt erlebe, entstehen.
Ich brauche keine Perfektion, um ein wunderbarer Mensch zu sein.
Ich werde mein Bestes geben, und das ist genug.
Die Kraft der negativen Gefühle zu nutzen heißt, sie in positive Gefühle zu verwandeln. Es ist das Wunder der inneren Metamorphose. Wir fühlen uns geliebt statt einsam, stolz nach einer bestandenen Prüfung, statt vor der Angst zu kapitulieren. Wir sind zufrieden, dankbar, glücklich, ausgeruht, fühlen uns wohl und gesund nach einer überstandenen Krankheit. Wir verspüren neue Sicherheit, nachdem wir eine kritische Situation gemeistert haben. Wir zerstreuen Furcht und Zweifel, wenn wir den Mut aufbringen, uns ärztlich untersuchen zu lassen, und mitgeteilt bekommen, dass der Befund gutartig ist.
Bedürfnisorientiertes Handeln verändert nicht nur unser Leben, sondern auch unser Gehirn. Es verfestigt und verstärkt diese Strategien des Denkens und Handelns. Dabei geht es aber nicht nur um emotionales, prozedurales und deklaratives Lernen – also die Verbesserung unserer mentalen Fähigkeiten, mit Gefühlen umzugehen, Verhaltensstrategien zu entwickeln und unsere Bedürfnisse besser zu formulieren. Es kommt noch eine vierte Form dazu – nämlich die Art und Weise, wie der Brain-Pull optimal eingesetzt werden kann: das metabolische Lernen.
Metabolische Erziehung oder wie unsere Kinder schlank bleiben können
»Wir gehen alle den gleichen Weg, aber jeder geht ihn auf seine eigene Weise.« Dieses Zitat stammt aus dem Kinofilm Der seltsame Fall des Benjamin Button . Ohne eine Ahnung davon zu haben, was in seinem Körper vorgeht, stellt Benjamin die Gesetze des Lebens, des Alterns und des Sterbens auf den Kopf. Er kommt als greises Baby zur Welt, um immer jünger zu werden, während alle Menschen um ihn herum altern. Sein Körper passt nie zu seinen Wünschen, Sehnsüchten und Zielen. Und trotzdem meistert er sein Leben, weil er trotz aller Widrigkeiten Liebe, Zuneigung und Geborgenheit und die Kraft der Zuversicht erfährt – von Menschen, denen er völlig fremd ist. Was schieflief, als die Grundeinstellungen seines spiegelverkehrten Menschenlebens (und seines Stoffwechsels) festgelegt wurden, bleibt indes ein Mysterium.
Der Gedanke, dass jeder Mensch eine Art Grundausstattung erhält, wenn er auf die Welt kommt, beschäftigt auch die medizinische Forschung. Tatsächlich gibt es programmierte Eigenschaften, über die jeder Mensch verfügt – zum Beispiel die angeborene Angst vor dem Alleinsein, vor sozialer Isolation als Quelle tödlicher Gefahr. Überhaupt wäre unser Gehirn ohne bestimmte Basisprogramme nicht funktionsfähig. Das gilt auch für den Stoffwechsel. Der Brain-Pull, der von unserem Stresssystem ausgeführt wird, ist bei Geburt voreingestellt. Dieses Stresssystem entsteht mit einer vorprogrammierten Ruhelage, die aber durch Prägung und Lernprozesse verändert werden kann. Diese Lernprozesse, die bereits beim Fötus einsetzen, sind eng verknüpft mit dem sogenannten emotionalen Lernen.
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