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Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Titel: Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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dem Gehirn, ihn nicht nur als genießbare Frucht zu erkennen oder wiederzukennen, sondern auch beim Verzehr die Stoffwechselprozesse in Gang zu setzen, die eine optimale Verwertung ermöglichen. Der Verdauungsapparat stellt sich auf eine Obstmahlzeit anders ein als auf ein Fleischgericht, und er verlässt sich dabei auf die Informationen der Geschmacksnerven, so wie ein Küchenchef auf den Restaurantleiter vertraut, wenn der ihm mitteilt, dass mittags eine zwanzigköpfige Reisegruppe eintrifft und dementsprechende Vorbereitungen zu treffen sind.
    Mit Hilfe der Informationen, die ihnen der Geschmackssinn lieferte, eigneten sich unsere Vorfahren in Jahrtausenden grundlegendes Wissen über die Genießbarkeit bestimmter Früchte an und programmierten ihren Stoffwechsel auf die Verwertung dieser Nahrungsmittel. Neues kam damals eher selten hinzu. Der Speiseplan des Menschen erweiterte sich erst mit der Einführung der Landwirtschaft und dabei zunächst mit der Viehzucht. Damals, vor rund 8000 Jahren, begannen die Menschen, sich an ein neues und bis dahin unbekanntes Lebensmittel zu gewöhnen: Kuhmilch. Die war zwar nahrhaft und schmeckte gut, aber die Laktose (= Milchzucker) wurde von den ersten Milch trinkenden Menschen nicht gut vertragen. Es kam zu Verdauungsbeschwerden. Erst langsam lernte der menschliche Verdauungsapparat den Umgang mit dem neuen Nahrungsmittel – ein aktiver Prozess, der allerdings nie ganz abgeschlossen wurde. Laktoseintoleranz zählt deshalb auch heute noch zu den häufigsten Lebensmittelunverträglichkeiten.
    Zu Anfang der Neuzeit wurden die Menschen in Europa erstmals in größerem Umfang mit neuen kulinarischen Herausforderungen konfrontiert. Seefahrer brachten Nahrungsmittel aus den neuen Welten mit, auf die zu verzichten uns heute undenkbar erschiene: Tomaten, Kartoffeln, Reis, Bananen und vieles mehr. Die Zeit der großen Entdecker war also auch eine Epoche umwälzender Geschmackserfahrungen.
    Wie bei jeder Revolution muss das Neue erst verinnerlicht und erlernt werden – in diesem Fall über den Geschmackssinn. Ein schlechter, etwa ein sehr bitterer Geschmack ist in vielen Fällen ein Hinweis darauf, dass eine Frucht nicht zum Verzehr geeignet ist. Bis heute teilen wir in der deutschen Sprache Früchte, Blätter oder Wurzeln nicht in Kategorien ein wie »essbar« oder »nicht essbar«, sondern in »genießbar« und »ungenießbar«. Die Wortwahl verdeutlicht, dass der Geschmackssinn bei der Beurteilung, was wir essen, von jeher eine entscheidende Rolle gespielt hat. Leider versagt der Geschmackstest bei einigen sehr giftigen Pilzen und Pflanzen, und man ahnt, dass der Entdeckergeist, neue Nahrungsmittel zu finden, viele Opfer unter den Vorkostern gefordert hat.
    Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, erleben wir eine neue Geschmacksrevolution – eine, für die es in der Menschheitsgeschichte keinen Vergleich gibt. In der modernen Nahrungsmittelindustrie lässt sich jedes Produkt beliebig mit Informationen aufladen. Faserstoffe, Proteine, Fette sind kombinierbar, Aromastoffe und Geschmacksverstärker können dem Produkt die gewünschte Geschmacksrichtung geben, weitere Zusätze machen es knusprig und cremig oder geben ihm eine ansprechende Farbe. Wenn wir heute zum Beispiel eine Bananenmilch bestellen, kann es passieren, dass wir zwei komplett verschiedene Lebensmittel serviert bekommen: ein Getränk, bei dem eine Banane mit Vollmilch in einem Mixgerät verarbeitet wurde – oder eine nährstoffreiche Flüssigkeit, die aus Wasser, Milchpulver, künstlichem Bananenaroma und Maiszucker oder wahlweise künstlichem Süßstoff besteht.
    Was bedeutet es für unser Geschmackszentrum, wenn etwas nach Banane schmeckt, aber gar keine Banane ist? Oder wenn die Geschmacksnerven auf der Zunge Süßes signalisieren, aber kein Zucker enthalten ist? Derartige Falschsignale kann man mit Trojanern vergleichen, die die Festplatte eines Computers kapern: Sie verändern die Software, ohne dass dies zunächst auffällt. Falschsignale sind Trojaner der Ernährung – sie programmieren den Brain-Pull und unseren Stoffwechsel um, ohne dass uns dies bewusst wird. Und sie lauern nicht nur in industriell gefertigter Nahrung, sondern auch in Medikamenten, illegalen Drogen oder Alkohol. Deshalb soll es in diesem Kapitel darum gehen, aus welchen unterschiedlichen Quellen die falschen Signale stammen und was genau sie im Gehirn bewirken.
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