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Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Titel: Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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am häufigsten vorkommenden falschen Informationsträger in Lebensmitteln. Die Industrie verspricht mit ihren Süßstoffen Abnehmeffekte und macht folgende Rechnung auf: Eine künstlich gesüßte Limonade enthält wesentlich weniger (bis zu null) Kalorien als die gleiche Menge eines mit Zucker versetzten Getränks. Man soll also mit jedem Light-Drink Energie einsparen, die in Körperfett umgesetzt werden könnte. Man trinkt sich sozusagen satt, ohne die lästigen Kalorien. Das Problem ist, dass diese verheißungsvolle Information den Teil unseres Gehirns, der den Energiestoffwechsel reguliert, nie erreicht. Im Gegenteil: Wer zum Beispiel eine Light-Limonade trinkt, kündigt seinem Gehirn über den süßen Geschmack einen Glukoseschub an, der allerdings nicht im Blut ankommt. Das Gehirn reagiert verwirrt. Es kann das süße Falschsignal nicht deuten. Woher soll es auch wissen, dass uralte Erkenntnisse über den Geschmack energiehaltiger Lebensmittel von findigen Nahrungsmittelchemikern (Food-Designern) auf den Kopf gestellt wurden: von süß = Energie auf süß = null Kalorien? Und die Verwirrung steigert sich, je häufiger solche Fehlermeldungen im System auftauchen. Das Gehirn beginnt, diese unsichere Situation als Nährstoffkrise zu deuten. Gerade beim Thema Glukose reagiert das Gehirn besonders empfindlich und schnell. Schließlich ist Glukose sein Treibstoff. Eine Glukosekrise muss also unbedingt verhindert werden. Nach wiederholten Täuschungen ruft das Gehirn – trotz süß schmeckendem Light-Getränk – einen Notstand aus. Und das Dekret lautet: Wir brauchen mehr Nahrung. An dieser Stelle nimmt ein großes Missverständnis seinen Lauf. Die Idee der »Weniger ist mehr«-Produkte der Lebensmittelindustrie besteht im Wesentlichen aus Kalorienbeschränkung, verbunden mit Selbstdisziplin. Aber genau da macht uns das Gehirn einen Strich durch die Rechnung. Denn Zucker kann und will es sich auf keinen Fall abgewöhnen.
    Wie störend sich das Süßsignal auf das Gehirn und den Körper auswirkt, belegen Tierversuche des Forschers Terry L. Davidson. Ratten wurde entweder Glukose oder nur Süßstoff (ohne Energie) angeboten. Die Tiere wussten aber nicht, wann die echte Energie kam und wann die gefälschte. Alles schmeckte süß! Die Tiere waren metabolisch verunsichert und konnten ihren Sinnen nicht mehr trauen, die Ankündigung nicht deuten, die Stoffwechselflüsse im Körper nicht optimal einrichten. In dieser Verunsicherung reagierte ihr Gehirn, wie auch unseres in solchen Situationen reagieren würde: Es stellte sich auf »Nummer sicher« um und wurde »taub« für Süßbotschaften. Der neue Befehl des Gehirns lautete: Noch mehr essen, um den Nachschub zu sichern. Denn bei einer erhöhten Nahrungszufuhr ist in jedem Fall ausreichend Energie fürs Gehirn vorhanden! Tatsächlich änderten die Versuchstiere von Davidson ihr Essverhalten und nahmen auf Dauer an Gewicht zu. Auch beim Menschen gibt es mittlerweile Ergebnisse aus der Lübecker Forschergruppe darüber, wie ihr Stoffwechsel auf »nur süß«, »süß plus Energie« oder »nur Energie«, das heißt auf Süßstoff, Glukose oder Stärke, reagiert. Bei normalgewichtigen Menschen spricht der Stoffwechsel auf alle drei Stoffe unterschiedlich an. Bei übergewichtigen Menschen hingegen stellte sich heraus, dass sie »taub« sind gegenüber Süßbotschaften und ihre Regulation der Energieflüsse unsensibel ist.
    Kortison – die künstliche Brain-Pull-Bremse

    Über den Einfluss des Stresshormons Kortisol auf das Stresssystem, den Brain-Pull und den Energiestoffwechsel haben wir bereits einiges erfahren. Ähnlich wie Kortisol verhält sich auch sein synthetischer Zwilling, das Kortison. Die in der Öffentlichkeit verwendete Bezeichnung »Kortison« steht hier stellvertretend für eine ganze Klasse synthetischer Abkömmlinge des natürlichen Stresshormons und ist eines der wirksamsten Medikamente, die die Medizin kennt. In Tabletten- oder Spritzenform wirkt es entzündungshemmend und dämpft das Stresssystem. Vor allem Menschen mit Asthma oder Rheuma nehmen Kortison oft über Jahre regelmäßig ein. Die hohe Wirkungskraft hat aber auch ihre Schattenseiten, sie führt zu gravierenden Nebeneffekten: Genau wie das körpereigene Kortisol entfaltet das zugeführte Kortison seine Wirkung am GR im Hypothalamus des Gehirns. Es bremst den Brain-Pull und verursacht so das bereits bekannte Phänomen der Unterversorgung des Gehirns. Zum Falschsignal wird Kortison, weil es massiv

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