Das egoistische Gen
der ihm den Hof macht, seine Fähigkeit bewiesen hat, zumindest bis ins Erwachsenenalter zu überleben; aber das bedeutet noch nicht zwangsläufig, daß er noch viel länger überleben kann. Eine recht gute Politik dürfte es sein, alte Männchen auszuwählen. Was auch immer ihre Mängel sein mögen, sie haben zumindest bewiesen, daß sie überleben können, und das Weibchen wird seine Gene wahrscheinlich mit Genen für Langlebigkeit verbinden. Allerdings hat es für das Weibchen keinen Zweck, dafür zu sorgen, daß seine Kinder lange leben, wenn diese ihm nicht auch eine Menge Enkel schenken. Langlebigkeit an sich ist kein Beweis der Virilität. Tatsächlich kann ein langlebiges Männchen gerade deshalb überlebt haben, weil es für die Fortpflanzung keine Risiken eingeht. Ein Weibchen, das sich für ein altes Männchen entscheidet, hat nicht unbedingt mehr Nachkommen als ein rivalisierendes Weibchen, das ein junges Männchen auswählt, welches irgendeinen anderen Beweis für gute Gene liefert.
Welchen anderen Beweis? Es gibt viele Möglichkeiten. Vielleicht starke Muskeln als Beweis für die Fähigkeit, sich Nahrung zu beschaffen, vielleicht lange Beine als Beweis für die Fähigkeit, vor Räubern davonzulaufen. Ein Weibchen dürfte seinen Genen dadurch einen Vorteil verschaffen, daß es sie mit solchen Merkmalen vereint, da diese sowohl seinen Söhnen als auch seinen Töchtern nützlich sein dürften. Wir müssen uns also vorstellen, daß die Weibchen ihre Geschlechtspartner zunächst aufgrund völlig unverfälschter Merkmale oder Anzeichen auswählen, die gewöhnlich auf gute zugrundeliegende Gene hinweisen. Doch hier kommt nun ein sehr interessanter Punkt, den bereits Darwin erkannte und der von Fisher deutlich formuliert wurde. In einer Gemeinschaft, in der die männlichen Individuen miteinander darum konkurrieren, von den Weibchen als Supermänner ausgewählt zu werden, ist es eines der besten Dinge, die eine Mutter für ihre Gene tun kann, daß sie einen Sohn erzeugt, der sich seinerseits wieder als ein attraktiver Supermann entpuppt. Wenn sie dafür sorgen kann, daß ihr Sohn eines der wenigen vom Glück begünstigten Männchen wird, das, wenn es herangewachsen ist, die meisten Kopulationen in der Gemeinschaft erlangt, so wird sie eine gewaltige Zahl von Enkeln bekommen. Infolgedessen ist eine der wünschenswertesten Eigenschaften, die ein Männchen in den Augen eines Weibchens haben kann, ganz einfach die sexuelle Anziehungskraft als solche. Ein Weibchen, das sich mit einem hochattraktiven Supermann paart, hat mit größerer Wahrscheinlichkeit Söhne, die für die Weibchen der nächsten Generation attraktiv sind und ihm eine Menge Enkel schenken werden. Ursprünglich also, so kann man sich vorstellen, wählten die Weibchen die Männchen auf der Basis offensichtlich nützlicher Eigenschaften wie starke Muskeln aus; nachdem solche Eigenschaften aber einmal unter den Weibchen einer Spezies allgemein als attraktiv galten, begünstigte die natürliche Auslese sie lediglich um dieser Attraktivität willen weiter.
Extravaganzen wie die Schwänze der Paradiesvogelmännchen mögen sich daher durch eine Art instabilen, unaufhaltsamen Prozeß herausgebildet haben. 6 Zu Beginn wählten die Weibchen vielleicht einen Schwanz, der geringfügig länger als normal war, als eine erwünschte Eigenschaft bei den Männchen aus; möglicherweise, weil er eine kräftige und gesunde Konstitution bezeichnete. Ein kurzer Schwanz bei einem Männchen mag ein Zeichen für irgendeinen Vitaminmangel gewesen sein – Beweis für eine mangelhafte Fähigkeit, sich Nahrung zu verschaffen. Oder vielleicht waren kurzschwänzige Männchen nicht besonders gut, wenn es darum ging, vor Räubern davonzulaufen, und deshalb wurden ihnen die Schwänze abgebissen. Man beachte, daß wir nicht anzunehmen brauchen, der kurze Schwanz selbst sei genetisch vererbt worden, sondern lediglich, daß er als Erkennungsmerkmal für eine genetische Unterlegenheit diente. Wie dem auch sei, nehmen wir an, daß aus irgendwelchen Gründen die Weibchen der vor Urzeiten lebenden Paradiesvogelart vorzugsweise Männchen mit überdurchschnittlich langen Schwänzen aussuchten. Vorausgesetzt, die natürliche Variation der Schwanzlänge bei den Männchen war zumindest teilweise genetisch bedingt, so würde dies mit der Zeit zu einer Zunahme der durchschnittlichen Schwanzlänge der Männchen in der Population führen. Die Weibchen folgten einer sehr einfachen Regel:
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