Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
Vom Netzwerk:
Weltkrieg zu verhindern. Als Biologe bin ich wie Axelrod und Hamilton der Meinung, daß viele wildlebende Tiere und Pflanzen in unaufhörliche „Gefangenendilemma-Spiele“ verwickelt sind, die in evolutionär bedeutsamen Zeiträumen ausgetragen werden.
    In seiner Originalfassung, der menschlichen Version, geht das Spiel folgendermaßen vor sich: Es gibt eine „Bank“, die den beiden Spielern Gewinne zuweist und auszahlt. Nehmen wir an, ich spiele gegen einen Leser (obwohl, wie wir sehen werden, wir gerade nicht „gegeneinander“ spielen müssen).
    Wir haben jeder nur zwei Karten in der Hand, von denen die eine die Aufschrift Zusammenarbeiten   trägt und die andere die Aufschrift Zusammenarbeit verweigern.   Das Spiel besteht darin, daß jeder von uns eine dieser beiden Karten zieht und verdeckt auf den Tisch legt. Verdeckt, damit keiner von uns durch den Zug des anderen beeinflußt werden kann; es ist, als zögen wir die Karten gleichzeitig. Nun warten wir voller Spannung darauf, daß die Bank die Karten aufdeckt. Die Spannung ergibt sich daraus, daß Gewinn oder Verlust für den einzelnen nicht nur von der Karte abhängt, die er selbst ausgespielt hat (und kennt), sondern auch von der Karte des anderen Spielers (die er nicht kennt, solange die Bank sie nicht aufdeckt).
    Bei 2x2 Karten sind vier Resultate möglich, die wie folgt belohnt beziehungsweise bestraft werden (zu Ehren des nordamerikanischen Ursprungs des Spiels wird um „Dollar“ gespielt):
    Ergebnis I: Wir haben beide die Karte Zusammenarbeiten gespielt. Die Bank zahlt jedem von uns 300 Dollar. Diese ansehnliche Summe heißt „Belohnung für beiderseitige Zusammenarbeit“.
    Ergebnis II: Wir haben beide Zusammenarbeit verweigern gespielt. Die Bank belegt jeden von uns mit einer Strafe von zehn Dollar, der „Bestrafung für beiderseitiges Verweigern“.
    Ergebnis III: Der Leser hat Zusammenarbeiten   gespielt, ich dagegen Zusammenarbeit verweigern.   Die Bank zahlt mir 500 Dollar (den „Anreiz zum Verweigern“) und erhebt vom Leser (dem Betrogenen) ein Bußgeld von 100 Dollar.
    Ergebnis IV: Der Leser hat Zusammenarbeit verweigern   gespielt und ich Zusammenarbeiten.   Die Bank zahlt dem Leser die Summe des „Anreizes“ in Höhe von 500 Dollar aus und belegt mich, den Betrogenen, mit einem Bußgeld von 100 Dollar.
    Die Situationen III und IV sind offensichtlich Spiegelbilder: Einem Spieler ergeht es außerordentlich gut und dem anderen sehr schlecht. In den Situationen I und II schneiden beide Spieler jeweils gleich gut ab, doch geht es in Situation I beiden besser als in II. Die genauen Geldbeträge spielen keine Rolle.
    Es ist noch nicht einmal wichtig, wie viele von ihnen positive Beträge sind (Auszahlungen) und wie viele negative (Strafen) oder ob es überhaupt Strafen gibt. Worauf es ankommt, damit sich das Spiel als ein echtes „Gefangenendilemma“ qualifiziert, ist die Rangordnung:
     

    1 Gefangenendilemma: mögliche Resultate für mich
     
    Der „Anreiz“ zum Verweigern der Zusammenarbeit muß größer sein als die „Belohnung“ für beiderseitige Zusammenarbeit, die ihrerseits besser sein muß als die „Bestrafung“ für beiderseitiges Verweigern; diese wiederum muß weniger negativ sein als das „Resultat für den Betrogenen“. (Strenggenommen gibt es noch eine weitere Voraussetzung dafür, daß das Spiel als echtes Gefangenendilemma funktioniert: Der Mittelwert aus „Anreiz“ und „Resultat für den Betrogenen“ darf nicht größer sein als die „Belohnung“.
    Auf den Grund für diese zusätzliche Bedingung werden wir später zu sprechen kommen.) Die vier Resultate sind in der Auszahlungsmatrix in Abbildung 1 zusammengefaßt.
    Warum aber nun „Dilemma“? Um dies zu verstehen, betrachte man die Auszahlungsmatrix und stelle sich vor, welche Gedanken mir während des Spiels durch den Kopf gehen. Ich weiß, daß der Leser nur zwei Karten ausspielen kann, Zusammenarbeiten   und Zusammenarbeit verweigern.
    Sehen wir sie uns der Reihe nach an. Wenn der Leser Zusammenarbeit verweigern   ausgespielt hat (das heißt, wir müssen uns die rechte Seite der Abbildung ansehen), dann ist die beste Karte, die ich hätte ausspielen können, ebenfalls Zusammenarbeit verweigern.   Zwar wäre mir die Strafe für beiderseitiges Verweigern der Zusammenarbeit auferlegt worden, doch hätte ich zusammengearbeitet, so wäre ich mit dem Bußgeld des Betrogenen belegt worden, was noch schlechter ist. Stellen wir uns nun die andere

Weitere Kostenlose Bücher