Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
Vom Netzwerk:
fest eingebauten Dienstprogrammen, die die reale Hardware-Maschine – deren Mechanismen, wie bei jedem anderen Computer auch, widerwärtig kompliziert und mit der menschlichen Intuition nicht sehr gut vereinbar sind – wie eine andere Art von Maschine aussehen lassen: eine virtuelle Maschine, die speziell dafür entworfen wurde, mit Gehirn und Hand des Menschen zusammenzuarbeiten. Die unter den Namen Macintosh-Benutzer-Interface bekannte virtuelle Maschine ist deutlich erkennbar eine Maschine. Sie hat Knöpfe zum Drücken und Schieberegler wie eine HiFi-Anlage. Aber sie ist eine virtuelle Maschine. Die Knöpfe und Regler sind nicht aus Metall oder Plastik. Sie sind Bilder auf dem Bildschirm, und man drückt oder betätigt sie, indem man einen virtuellen Finger über den Bildschirm bewegt. Wir Menschen haben das Gefühl, die Maschine zu beherrschen, denn wir sind daran gewöhnt, mit dem Finger Dinge zu bewegen. Fünfundzwanzig Jahre lang habe ich ausgiebig eine große Vielfalt von Digitalcomputern programmiert und benutzt und kann bezeugen, daß das Benutzen des Macintosh-Computers (oder seiner Nachahmer) eine qualitativ ganz andere Erfahrung ist als das Benutzen jedes anderen älteren Computertyps. Er vermittelt ein Gefühl der Mühelosigkeit, des Natürlichen, beinahe so, als wäre die virtuelle Maschine eine Verlängerung unseres Körpers. In bemerkenswertem Maße erlaubt uns die virtuelle Maschine, unserer Intuition zu folgen, statt uns am Handbuch zu orientieren.
    Ich wende mich nun der anderen Hintergrundidee zu, die wir aus der Computerwissenschaft einführen müssen, der Idee von sequentiellen Prozessoren und Parallelprozessoren.
    Die heutigen Digitalcomputer arbeiten fast ausschließlich mit sequentiellen Prozessoren. Sie besitzen eine zentrale Arithmetikeinheit, einen einzigen elektronischen Engpaß, durch den alle Daten bei der Verarbeitung durchgeschleust werden. Sie sind in der Lage, die Illusion zu schaffen, daß sie viele Dinge gleichzeitig tun, weil sie so schnell sind. Ein sequentieller Computer ist wie ein Schachmeister, der „simultan“ gegen zwanzig Gegner spielt, während er in Wirklichkeit von einem zum anderen geht. Anders als der Schachmeister geht der Computer so rasch und geräuschlos von einer Aufgabe zur anderen über, daß er jedem Menschen, der ihn benutzt, die Illusion vermittelt, er genieße die ausschließliche Aufmerksamkeit des Computers. Tatsächlich jedoch wendet der Computer seine Aufmerksamkeit einem Benutzer nach dem anderen zu.
    In jüngster Zeit haben die Ingenieure, als Teil der Bestrebungen um immer schwindelerregendere Arbeitsgeschwindigkeiten, tatsächlich parallel verarbeitende Maschinen geschaffen. Eine davon ist der Edinburgher Supercomputer. Ich hatte vor kurzem das Privileg, ihn zu besichtigen. Er besteht aus einer parallelen Anordnung von einigen Hunderten von „Transputern“, von denen jeder in der Leistung einem heutigen Desktop-Computer entspricht. Der Supercomputer funktioniert folgendermaßen: Er nimmt das Problem, das ihm gestellt worden ist, unterteilt es in kleinere Aufgaben, die unabhängig voneinander angegangen werden können, und gibt diese Aufgaben an Gruppen von Transputern weiter. Die Transputer empfangen das Subproblem, lösen es, übergeben die Antwort und melden ihre Bereitschaft für eine neue Aufgabe. Inzwischen stellen andere Transputergruppen ihre Lösungen zur Verfügung, so daß der ganze Supercomputer um mehrere Größenordnungen schneller zu der endgültigen Antwort gelangt, als ein normaler sequentieller Computer dies könnte.
    Ich sagte, ein gewöhnlicher sequentieller Computer kann die Illusion schaffen, ein Parallelprozessor zu sein, indem er seine „Aufmerksamkeit“ ausreichend rasch nach dem Rotationsprinzip einer Anzahl von Aufgaben zuwendet. Wir könnten sagen, daß die sequentielle Hardware durch einen virtuellen Parallelprozessor überdeckt wird. Dennets Vorstellung ist, daß das menschliche Gehirn genau das Umgekehrte getan hat.
    Die Hardware des Gehirns ist im wesentlichen parallel, wie die der Edinburgher Maschine. Und sie arbeitet mit Software, die darauf ausgelegt ist, eine Illusion von sequentieller Datenverarbeitung zu schaffen: eine sequentiell arbeitende virtuelle Maschine, die Huckepack auf paralleler Computerarchitektur reitet. Nach Dennets Ansicht ist das hervorstechende Merkmal beim subjektiven Erleben des Denkens das sequentielle „Eins nach dem anderen“, der Joycesche „Bewußtseinsstrom“.
    Seiner

Weitere Kostenlose Bücher