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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Rekombinationen sein. Dies ergibt sich aus elementarer Mendelscher Genetik und gilt im Prinzip für alle Tiere und Pflanzen, nicht nur für Termiten. Nimmt man einheitlich heterozygote Individuen und kreuzt sie entweder miteinander oder mit einer der homozygoten Elternrassen, so bricht – genetisch gesprochen – die Hölle los. Der Grund dafür läßt sich in jedem einführenden Lehrbuch der Genetik nachlesen, und ich werde ihn nicht genauer erklären. Die für unsere Betrachtungen wichtige Konsequenz ist, daß während dieser Entwicklungsphase einer Termitenkolonie ein Individuum typischerweise seinen Geschwistern genetisch näher ist als seinen möglichen Nachkommen. Und dies ist, wie wir im Fall der haplodiploiden Hymenopteren sahen, eine wahrscheinliche Voraussetzung für die Evolution altruistisch steriler Arbeiterkasten.
    Aber selbst wenn es keinen besonderen Grund zu der Annahme gibt, daß die Individuen einer Population ihren Geschwistern näher stehen als ihren Nachkommen, gibt es häufig genug gute Gründe anzunehmen, daß sie ihnen genauso nahe stehen. Die einzige Voraussetzung, die dazu erfüllt sein muß, ist ein gewisser Grad an Monogamie. In gewisser Weise ist es von Hamiltons Standpunkt aus eher überraschend, daß es nicht mehr Arten gibt, bei denen sterile Arbeiter ihre jüngeren Brüder und Schwestern aufziehen. Tatsächlich weit verbreitet ist dagegen, wie sich immer mehr herausstellt, eine Art verwässerter Version des Phänomens der sterilen Arbeiter, die als „im Nest helfen“ bekannt ist. Bei vielen Vogel- und Säugetierarten bleiben junge Erwachsene während einer oder zwei Fortpflanzungsperioden bei ihren Eltern und helfen bei der Aufzucht ihrer jüngeren Brüder und Schwestern, bevor sie ausziehen, um eigene Familien zu gründen. Kopien von Genen für diese Handlungsweise werden in den Körpern der Brüder und Schwestern weitergegeben. Wenn wir davon ausgehen, daß die Nutznießer Vollgeschwister und keine Halbgeschwister sind, so bringt jedes in einen Bruder oder eine Schwester investierte Gramm Nahrung genetisch gesprochen genau denselben Gewinn, als wenn es in ein Kind investiert worden wäre. Doch dies trifft nur unter sonst gleichen Voraussetzungen zu. Wir müssen uns die Ungleichheiten ansehen, wenn wir erklären wollen, warum das Helfen im Nest bei einigen Arten vorkommt und bei anderen nicht.
    Denken wir zum Beispiel an eine Vogelart, die in hohlen Bäumen nistet. Diese Bäume sind wertvoll, denn es gibt nur ein begrenztes Angebot von ihnen. Wenn ich ein junger Erwachsener bin, dessen Eltern noch leben, so besitzen diese wahrscheinlich einen der wenigen verfügbaren hohlen Bäume (wenigstens müssen sie noch vor kurzem einen besessen haben, sonst gäbe es mich nicht). Ich lebe also wahrscheinlich in einem hohlen Baum, der ein blühendes, gut funktionierendes Unternehmen ist, und die neuen kleinen Bewohner dieser produktiven Bruthöhle sind meine Vollgeschwister, die mir genetisch so nahe sind, wie meine eigenen Nachkommen es wären.
    Wenn ich gehe und mich allein durchzuschlagen versuche, so sind die Chancen, daß ich einen hohlen Baum besetzen kann, gering. Selbst wenn es mir gelingt, sind die Jungen, die ich aufziehe, mir genetisch nicht näher als Brüder und Schwestern. Eine gegebene Menge an Anstrengungen, in den hohlen Baum meiner Eltern investiert, ist mehr wert als dieselbe Menge an Anstrengungen, die ich in den Versuch investiere, mich selbständig zu machen. Solche Bedingungen könnten also Geschwisterfürsorge – „im Nest helfen“ – fördern.
    Trotzdem müssen auch weiterhin einige Individuen – oder alle Individuen für eine gewisse Zeit – hinausgehen und neue hohle Bäume suchen oder was immer dem in ihrer Spezies entspricht. Um die Terminologie des „Kinderzeugens und Kinderpflegens“ aus Kapitel 7 zu benutzen: Irgend jemand muß die Produktion von Nachkommen übernehmen, sonst gäbe es keine Jungen, die man pflegen könnte! Das Wichtige hier ist nicht, daß „sonst die Art ausstirbt“. Vielmehr werden in jeder Population, die von Genen für reines Pflegen beherrscht ist, Gene für Kindererzeugen einen Vorteil haben. Bei staatenbildenden Insekten wird die Erzeugerrolle von den Königinnen und Männchen ausgefüllt. Sie sind es, die in die Welt hinausgehen und nach neuen „hohlen Bäumen“ suchen, und das ist der Grund, weshalb sie Flügel haben, selbst bei den Ameisen, deren Arbeiter flügellos sind. Diese Kasten der fortpflanzungsfähigen Individuen

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