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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Nachkommen durchlaufen.
    Vergessen wir auch nicht, daß die Nachkommen eines Individuums keine einfache, sondern eine sich verzweigende Linie darstellen. Welcher unserer Ahnen es auch gewesen sein mag, der einen speziellen kurzen Abschnitt unseres Chromosoms 8a „geschaffen“ hat, er oder sie hat außer uns wahrscheinlich noch viele andere Nachkommen. Eine unserer genetischen Einheiten ist vielleicht auch in unserem Vetter zweiten Grades vorhanden. Sie kann in mir sein und im Bundeskanzler und in unserem Hund, denn wenn wir nur weit genug zurückgehen, haben wir alle gemeinsame Vorfahren. Ebenso ist es denkbar, daß dieselbe kleine Einheit durch Zufall mehrere Male unabhängig voneinander zusammengesetzt wird; bei einer kleinen Einheit ist das nicht allzu unwahrscheinlich.
    Dagegen dürfte selbst ein naher Verwandter kein ganzes Chromosom mit uns gemeinsam haben. Je kleiner eine genetische Einheit ist, desto wahrscheinlicher besitzt ein anderes Individuum sie ebenfalls – um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sie in Form von Kopien viele Male hintereinander auf der Welt existiert.
    Gewöhnlich entsteht eine neue genetische Einheit durch das zufällige Zusammentreffen schon vorhandener Untereinheiten beim Crossing-Over. Eine andere Möglichkeit ist eine sogenannte Punktmutation. Das ist ein Fehler, der einem einzigen falsch gedruckten Buchstaben in einem Buch entspricht.
    Punktmutationen kommen selten vor, sind aber von großer Bedeutung für die Evolution. Je größer eine genetische Einheit ist, desto größer ist natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, daß sie an irgendeiner Stelle durch eine Mutation verändert wird.
    Eine weitere seltene Art von Fehler oder Mutation mit bedeutenden langfristigen Konsequenzen wird als Inversion bezeichnet. Dabei löst sich ein Chromosomenstück an beiden Enden ab, dreht sich um 180 Grad und fügt sich in umgekehrter Stellung wieder ein. Im Sinne unserer obigen Analogie würde dies die Umnumerierung einiger Seiten erforderlich machen. Gelegentlich drehen sich die Chromosomenabschnitte nicht nur einfach um, sondern werden an einer völlig anderen Stelle des Chromosoms wieder eingebaut oder verbinden sich sogar mit einem gänzlich anderen Chromosom. Dies entspricht der Übertragung eines Stoßes von Seiten von einem Band in einen anderen. Die Bedeutung dieser Art von Fehler, der gewöhnlich verhängnisvoll ist, liegt darin, daß er gelegentlich zu einer engen Koppelung von Stücken genetischen Materials führen kann, die zufällig gut zusammenarbeiten. Vielleicht kommen infolge der Inversion zwei Cistrons nahe beieinander zu liegen, die nur dann einen nützlichen Effekt haben, wenn sie beide vorhanden sind – sie ergänzen oder verstärken einander auf eine bestimmte Weise. Dann tendiert die natürliche Auslese möglicherweise dazu, die so gebildete neue „genetische Einheit“ zu begünstigen, und diese verbreitet sich über die zukünftige Population. Es ist möglich, daß Genkomplexe im Laufe der Jahre durch derartige Verfahren ausgiebig neu arrangiert oder „überarbeitet“ worden sind.
    Eines der prägnantesten Beispiele dafür betrifft das Phänomen, das unter dem Namen Mimikry bekannt ist. Bestimmte Schmetterlingsarten schmecken widerlich. Sie haben gewöhnlich leuchtende und charakteristische Farben, und die Vögel lernen sie anhand dieser Warnsignale meiden. Dies machen sich andere Schmetterlinge, die nicht schlecht schmecken, zunutze. Sie ahmen die ungenießbaren Arten nach, das heißt, sie ähneln diesen in Farbe und Gestalt. Damit halten sie häufig Naturforscher zum Narren, und ebenso täuschen sie die Vögel. Ein Vogel, der einmal einen tatsächlich ungenießbaren Schmetterling probiert hat, wird gewöhnlich alle Schmetterlinge meiden, die genauso aussehen. Dazu gehören die Nachahmer, und auf diese Weise werden die Gene für Mimikry durch die natürliche Auslese begünstigt. So entwickelt sich Mimikry. Es gibt viele verschiedene Arten von ungenießbaren Schmetterlingen, und sie sehen nicht alle gleich aus. Ein Nachahmer kann nicht allen ähnlich sehen, er muß sich also für eine spezielle ungenießbare Art entscheiden. Im allgemeinen ist jede nachahmende Art darauf spezialisiert, eine ganz bestimmte ungenießbare Spezies zu kopieren. Doch es gibt Schmetterlingsarten, die etwas sehr Seltsames tun: Einige ihrer Individuen imitieren eine ungenießbare Art, andere Individuen eine andere. Jeder Schmetterling, der „dazwischenliegen“ oder versuchen

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