Das egoistische Gen
besteht eine Möglichkeit von 50 Prozent, daß die Einheit aufgespalten wird. Wenn die genetische Einheit, die wir untersuchen, lediglich ein Prozent der Chromosomenlänge ausmacht, so können wir annehmen, daß ihre Chance, in einer meiotischen Teilung aufgespalten zu werden, nicht mehr als ein Prozent beträgt. Dies bedeutet, daß die Einheit erwarten kann, während einer Vielzahl von Generationen in den Nachkommen des Individuums zu überleben.
Ein einzelnes Cistron ist wahrscheinlich sehr viel kürzer als ein Prozent der Länge eines Chromosoms. Selbst eine Gruppe benachbarter Cistrons kann damit rechnen, daß sie viele Generationen besteht, bevor sie durch Crossing-Over aufgespalten wird.
Die durchschnittliche Lebenserwartung einer genetischen Einheit kann man zweckmäßigerweise in Generationen ausdrücken, die sich wiederum in Jahre „übersetzen“ lassen.
Wenn wir ein ganzes Chromosom als unsere angenommene genetische Einheit auswählen, so dauert seine Lebensgeschichte lediglich eine Generation. Nehmen wir an, es sei unser Chromosom Nummer 8a, das wir von unserem Vater geerbt haben. Es wurde, kurz bevor wir gezeugt wurden, in den Hoden unseres Vaters gebildet. In der gesamten Erdgeschichte hatte es niemals zuvor existiert. Es entstand durch den meiotischen Umgruppierungsvorgang, durch das Zusammenkommen von Chromosomen unserer Großmutter und unseres Großvaters väterlicherseits, gelangte es in eine bestimmte Samenzelle und war einzig in seiner Art. Die Samenzelle war eine von mehreren Millionen, einer gewaltigen Flotte winziger Schiffe, und alle zusammen segelten sie in unsere Mutter hinein. Diese spezielle Samenzelle war die einzige (es sei denn, wir sind ein zweieiiger Zwilling oder Mehrling), die in einer Eizelle unserer Mutter Zuflucht fand – und das ist der Grund, warum es uns gibt. Die genetische Einheit, die wir untersuchen, unser Chromosom Nummer 8a, machte sich daran, sich zu verdoppeln, ebenso wie der Rest unseres genetischen Materials. Jetzt ist es in jeder Zelle unseres Körpers enthalten.
Doch wenn wir selbst Eizellen (oder Samenzellen) herstellen, wird dieses Chromosom zerstört werden. Stückchen von ihm werden gegen Stückchen unseres mütterlichen Chromosoms Nummer 8b ausgetauscht werden. In jeder Geschlechtszelle wird ein neues Chromosom Nummer 8 geschaffen werden, vielleicht „besser“, vielleicht „schlechter“ als das alte, aber – solange nicht ein unwahrscheinlicher Zufall eintritt – eindeutig anders, eindeutig einzigartig. Die Lebensspanne eines Chromosoms ist eine Generation.
Wie sieht es nun mit der Lebensspanne einer kleineren Einheit aus, nehmen wir einmal an, einem Tausendstel der Länge unseres Chromosoms Nummer 8a? Diese Einheit stammt ebenfalls von unserem Vater, aber sie wurde sehr wahrscheinlich ursprünglich nicht in ihm zusammengesetzt. Nach unseren vorangegangenen Überlegungen besteht eine 99-prozentige Chance, daß er sie unversehrt von einem seiner beiden Eltern erhielt. Nehmen wir an, von seiner Mutter, unserer Großmutter väterlicherseits. Wiederum besteht eine 99prozentige Wahrscheinlichkeit, daß diese sie unversehrt von einem ihrer Eltern erhielt. Letzten Endes gelangen wir, wenn wir die Ahnenreihe einer kleinen genetischen Einheit weit genug zurückverfolgen, zu ihrem ursprünglichen Erzeuger. Irgendwann einmal muß sie zum ersten Mal in einem Hoden oder einem Eierstock eines unserer Vorfahren erzeugt worden sein.
Der Leser möge mir erlauben, noch einmal zu wiederholen, in welchem recht speziellen Sinn ich das Wort „erzeugen“ benutze. Die kleineren Untereinheiten, aus denen sich die von uns untersuchte genetische Einheit zusammensetzt, mögen durchaus schon lange vorher bestanden haben. Unsere genetische Einheit wurde lediglich in dem Sinne zu einem speziellen Zeitpunkt geschaffen, als die spezielle Anordnung von Untereinheiten, durch die sie definiert ist, vor diesem Augenblick noch nicht existierte. Der Zeitpunkt ihrer Erzeugung mag noch nicht lange zurückliegen, nehmen wir an, sie wurde in einem unserer Großväter geschaffen. Wenn wir aber eine sehr kleine genetische Einheit untersuchen, so ist sie vielleicht zum ersten Mal in einem sehr viel weiter entfernten Ahnen zusammengestellt worden, vielleicht einem affenähnlichen, prähumanen Vorfahren. Überdies kann eine kleine genetische Einheit, die wir in uns tragen, möglicherweise noch einmal genausolang in der Zukunft weiterleben, kann unversehrt eine lange Reihe unserer
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