Das Ei und ich
die ich jemals gesehen habe. Die Schalen waren länglich, fast eckig geformt, ungefähr zwanzig Zentimeter lang und zehn oder zwölf Zentimeter breit und von einer gelben Kruste bedeckt. Die Muschel mit der Schale wog sicher an die fünf Pfund und sah ausgesprochen unappetitlich aus. Sharkey riet mir, den Hals abzulösen und für Muschelragout zu verwenden. Das Innere sei am besten, wenn man es ausnehme, dann in kleine Scheiben schneide und in Butter brate.
Ich tat, wie er mir geheißen, und fand heraus, daß die vielgerühmten Geoducks zäh wie Schuhsohlen sind, im übrigen kein bißchen anders schmecken als gewöhnliche Meermuscheln.
Nun nahm ich Sharkey ins Gebet und fragte ihn, ob er in tiefer Nacht beim Licht einer Laterne gesucht hätte, ob eine Hutnadel nötig gewesen sei und ob die Tiere sich wirklich mit rasender Geschwindigkeit in den Boden wühlten. Er grinste vergnügt und sagte: »Bin am Morgen, bei Ebbe unten am Strand rumgeschlendert, da hab ich sie aus dem Schlamm rausgucken sehen, hab ’ne Schaufel geholt, wie der Teufel rundherum gegraben, bis ein großes Loch da war. Wie großes Loch da war, hatte ich Geoduck . Hals ist sehr lang, und sie äugte nach mir, zog dann Hals ein. Aber Hals ist zu dick, geht nicht unter Schale.«
Das war das ruhmlose Ende der Hutnadel- und Laternenlichtgeschichten. Trotzdem gibt es noch Leute, die behaupten, mit eigenen Augen gesehen zu haben, wie Geoducks sich Dreschflegeln gleich in einer Minute metertief in den Boden gruben. Die Indianer allerdings neigten mehr dazu, Sharkeys Schilderung zu bestätigen, und da es meist Indianer waren, die Geoducks fingen, gab ich mich mit ihrer prosaischen Fassung zufrieden.
Geoducks genießen bundesgesetzlichen Schutz. Sie dürfen nicht unbeschränkt gefangen werden. Ich habe nichts dagegen, wenn pro Person und Lebenszeit das Maß auf ein Tier begrenzt bleibt. Gäbe es soviel Geoducks wie Tauben, was nicht der Fall ist, und wären sie sehr leicht zu haben, was auch nicht der Fall ist, würden sie sehr praktisch sein. Denn man brauchte nur ein einziges Tier zu reinigen und auszunehmen und hätte genug Ragout, um eine ganze Armee zu füttern.
Bob und ich gehören übrigens zu den Anhängern der Sekte, die bei der Zubereitung von Muschelragout auf Milch, Speck, grünen Pfeffer, Petersilie, Kartoffeln und Zwiebeln schwört und die Zugabe von Tomaten und Gemüse verachtet.
Ein weiteres Meeresprodukt, das wir leidenschaftlich gern aßen, stand uns kostenlos und in unbegrenzten Mengen zur Verfügung: Austern. Keine fünfzig Meilen von unserer Farm entfernt konnten wir sie eimerweise sammeln, die größeren Suppenaustern und die kleineren Cocktailaustern. Als wir das erstemal zum Austernfang auszogen, war ich felsenfest davon überzeugt, daß wir auf verbotenen Pfaden wandelten und bestimmt im Gefängnis landen würden. Mir schien es unvorstellbar, daß die köstlichen kleinen Cocktailaustern griffbereit herumlagen und man sie nur aufzuheben brauchte, und insgeheim bereitete ich mich darauf vor, Bobs indianischen Freund, der uns führte, sagen zu hören, gleich kämen wir an eine Stelle, wo Filet Mignon an Zweigen wüchse. Wir fuhren kreuz und quer, über Pfade und holprige Waldwege und manchmal auch zwischen Baumstämmen hindurch, über Wege und Stege, die wir noch nie gesehen hatten, und kamen endlich an einer Uferstelle heraus, die nur Gott und Bobs Freund bekannt zu sein schien, und wo die Austern in paradiesischer Fülle herumlagen. Wir suchten die ergiebige Stelle noch öfter auf und trafen weder dort noch in der näheren Umgebung je eine Menschenseele.
Bachforellen angelten wir in den Gräben der Berieselungsanlagen, bis zu zehn in der Stunde und jede zwanzig bis fünfundzwanzig Zentimeter lang. In den Bergbächen wimmelte es von Forellen. Die Männer in den Holzfällerlagern fingen sie mit Hilfe von Stricken, gebogenen Drähten und Wurstzipfeln.
In den Berieselungsanlagen tummelten sich auch Lachse, und unten an der Docktown-Bay angelten wir Silberlachse, Königslachse und Hundelachse. Auch Seezunge, Dorsch und Flunder gingen uns ins Netz. Ich lernte wie eine richtige Squaw Fische schuppen, ausnehmen und zubereiten, während Bob gemütlich seine Pfeife rauchte, mir auf die Finger sah und überflüssige Kritik übte. Ich besaß ein gekerbtes Messer und eine Drahtzange und brachte es mit der Zeit auf die Rekordleistung, fünf Flundern und zwei Dorsche auszunehmen und zu schuppen in der Zeit, die Bob brauchte, um das Boot zu
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