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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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ein geparktes Auto und ausrangierte Bettfedern. Im Hof türmten sich Abfälle verschiedenster Art in verschiedensten Stadien des Zerfalls.
    Ich schlug einen Fahrweg ein, der seitlich am Haus entlangführte, da brach ein Höllenspektakel los. Ein Rudel abscheulicher Köter, das sich bei der Hintertür herumdrückte, erhob ein solches Kläffen, Jaulen und Knurren, daß ich schon mit einem Satz über den Zaun in den Obstgarten flüchten wollte, als sich die Hintertür öffnete und eine energische Stimme den Hunden befahl, mit dem »verdammten Lärm« aufzuhören. Mrs. Kettle, eine enorm dicke Frau in einem entsetzlich schmutzigen Kleid, kam um die Ecke der Küchenterrasse gewatschelt und rief mir freundlich zu: »Kommen Sie nur, kommen Sie nur. Das ist aber nett, daß Sie mich besuchen!« Ich ging schüchtern auf sie zu, aber als ich in die Nähe des Kücheneingangs geriet, traf meine Nase ein so bestialischer Gestank, daß es mir die Rede verschlug. Gerade gegenüber vom Kücheneingang war das Klosett errichtet worden; keine Tür hemmte die Düfte oder verhüllte den unappetitlichen Anblick. Mrs. Kettles Geruchssinn schien abgehärtet; sie schenkte dem bewußten Örtchen keinen Blick, sondern bahnte mit sicheren Bewegungen einen Pfad durch die abgenagten Hundeknochen und den Hühnermist auf der Terrasse. »Wir haben uns schon lange gewundert, wann Ihnen die Einsamkeit mal zu dumm werden würde und Sie wohl herkämen«, sagte sie und geleitete mich in ihre Küche, einen Raum von riesigen Ausmaßen, der sehr unordentlich war, aber wundervoll nach heißem Kaffee und nach frischem Brot duftete. »Ich mach bloß ’n Blech mit Zimtrollen fertig. Bis der Kaffee eingeschenkt is, stehen die auch auf’m Tisch«, verkündete Mrs. Kettle und fügte hinzu: »Machen Sie sich’s gemütlich.« Sie deutete auf einen behäbigen, dunklen Ledersessel neben dem Ofen; ich setzte mich dankend hin, da hüpfte mir auch schon eine dünne, schwarze Katze auf den Schoß, kuschelte sich behaglich an mich und schnurrte wie ein Teekessel. Weil die Katze so zutraulich schnurrte, streichelte ich sie, bis mir ein Knäuel kleiner Fliegen zwischen ihren Augen auffiel, aus dem sich einzelne Fliegen lösten und auf Entdeckungsfahrten hinunter zur Nase und in die Augenwinkel begaben, von wo aus sie an den Ausgangspunkt ihrer Exkursion zurückkehrten und sich dem allgemeinen Gekrabbel einverleibten. Liebenswürdig, aber entschlossen hob ich die Katze von meinem Schoß und setzte sie zum Herd hinunter. Sie sprang wieder hinauf, ich setzte sie wieder hinunter, und das Spiel wiederholte sich, bis ich zu guter Letzt nachgab. Allerdings streichelte ich sie nicht mehr und ließ die krabbelnden Fliegen nicht mehr aus den Augen, um sicher zu sein, daß sie auch von jedem Abstecher wieder brav an ihren Sammelplatz zurückspazierten.
    Die Küche der Kettles war an die zehn Meter breit und vierzehn Meter lang. An einer Wand befanden sich Ausguß, Ablaufbrett und Schränke, an der anderen ein riesiger Herd und eine ebenso riesige Kiste mit gespaltenem Holz. Seitlich vom Herd waren eiserne Haken in die Wand geschlagen, sicher angebracht, um nasse Mäntel und Kleider zum Trocknen aufzuhängen, doch jetzt dienten sie als Aufbewahrungsort für Pferdegeschirre, wollene Jacken, Werkzeuge, ausrangierte oder reparaturbedürftige Wagenteile, ein frisch gestrichenes Kamingitter, eine Wärmflasche und mehrere undefinierbare schmutzige Lumpen. Am Boden standen und lagen Schuhe, Stiefel, weitere ausrangierte oder reparaturbedürftige Wagenteile, Wäscheklammern, Fahrräder und ein Stoß alter Zeitungen. Der Küchentisch entsprach in seinen Ausmaßen dem Raum und hatte seinen Platz in der Mitte. Ein blauweißes Wachstuch ersetzte die Decke, und darauf befanden sich in friedlichem Kunterbunt eine Rochester-Lampe, ein Nähkörbchen, zwei Kataloge der Firmen Sears-Roebuck und Montgomery Ward, ein dickwandiger weißer Zuckernapf, ein Milchkännchen, eine Butterglocke mit Deckel, eine Marmeladendose mit Deckel, ein Löffelhalter, eine Obstschale mit Bleistiftstümpfchen, ein Tintenfaß und ein Federhalter. Im übrigen waren noch an den freien Stellen der Wände Büchergestelle, Werktische, eine Küchengarnitur und ein Schreibtisch verteilt. Eine Tür führte auf die rückwärtige Terrasse, eine zweite in die sogenannte Diele, eine dritte in die Stube und eine vierte in die Vorratskammer (ebenfalls ein sehr großer Raum, dessen Wände rundum mit Regalen verkleidet waren). Der

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