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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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– unsinnige Mengen ein.
    Offen gestanden esse ich Eingemachtes sehr ungern, halte auch wenig davon und verbringe Stunden damit, in alten Schmökern alle Formen von durch konservierte Speisen hervorgerufenen Vergiftungen nachzulesen. Bob ist das genaue Gegenteil. Er liebt Eingemachtes, und eines seiner Hauptvergnügen besteht darin, sich in die Vorratskammer zu stellen und seinen zufriedenen Blick über die endlosen Reihen von Gläsern und Steinguttöpfen schweifen zu lassen. Seine Einmachbegeisterung war nicht ins Wanken zu bringen, auch nicht, als ich ihm erzählte, daß die Hicks schon wieder hundertfünfzig Gläser zum Einmachen vorbereiteten, obwohl sie das im vorletzten Jahr eingemachte Rindfleisch bis jetzt noch nicht bewältigt hatten. In dieser Gegend der Vereinigten Staaten werden Frauen nicht nur nach ihren schwellenden Busen, sondern ebenso nach ihren schwellenden Vorratskammern eingeschätzt. Ehemänner weisen auf die guten Eigenschaften ihrer besseren Hälften hin, indem sie die Tür zur Vorratskammer aufreißen, und wehe dem Gast, der sich rühmen kann, von irgendeinem Nahrungsmittel mehr auf Lager zu haben.
    Als ich Gläser, Deckel, Zucker und den Sterilisiertopf hervorholte, machte ich Bob schüchtern darauf aufmerksam, daß die Brombeeren vom letzten Jahr wie verfaulte Würmchen zu schmecken begannen und wir noch fünfundzwanzig Litergläser davon stehen hatten. Aber er war unerbittlich, und so ging es mit fliegenden Fahnen und Heißa Juchhe in die Einmachzeit.
    Noch nie hatte ich solch üppige Fruchtbarkeit gesehen wie in unserem Garten. Erbsenranken mit vollen Schoten, Bohnenstangen, die unter dem Gewicht der Bohnen schwankten und noch unzählige Blüten trugen, Karotten, die ihre nackten Körper vorwitzig aus dem Erdboden drängten, nur damit man nicht übersähe, daß sie ausgewachsen waren, und der Kirschbaum, so beladen von Früchten, daß ich von einem einzigen Zweig einen ganzen Eimer voll pflücken konnte.
    Es gab von allem weit mehr, als wir jemals verbrauchen oder konservieren konnten. Wir wußten nicht, was mit dem Segen beginnen. Anfänglich schickte ich Gemüse und Früchte heim, aber die Fracht- und Fährbootspesen sowie die Zeit, die der Transport in Anspruch nahm, ließen das sinnlos erscheinen, um so mehr, als in Seattle auf dem Markt herrliche Gemüse von der Küste verkauft wurden. Ich sandte große Körbe mit Sachen zu den Kettles hinüber, aber da Paw unermüdlich auf der Walze war und sämtliche Farmer beschwor, ihm zu geben, was sie nicht selbst brauchten, erstickten auch sie bald im Überfluß. Als ich eines Tages Mrs. Kettle mit einem Henkelkorb voller Erbsen aufsuchte, sah ich zu meiner Überraschung und zu meinem Ärger vor der Küchentür zwei Körbe mit Erbsen stehen, die mit Fliegenschwärmen bedeckt waren und offensichtlich verfaulten. Die Belieferung des städtischen Marktes lag in den Händen der Handelsgärtner, also war auch dies kein Ausweg. Mir ging die Vergeudung so nahe, daß ich aus freien Stücken fünfundsiebzig Gläser Stangenbohnen einmachte und leider erst nachher aus einem Bericht der Farmerzeitung von den vielen Todesfällen durch Konservenvergiftung infolge des Genusses selbst eingemachter Bohnen erfuhr.
    Auf den Distriktsjahrmärkten heimste stets Birdie Hicks die Preise für das beste Eingemachte ein. Den Sommer über und auch die ersten Herbstwochen schien sie die ganze Nacht aufzubleiben, um unentwegt Glas um Glas zu füllen. Anders kann ich mir nicht erklären, daß sie öfters um sieben Uhr fünfzehn bei mir auftauchte und frisch und munter erzählte, sie habe gerade sechsunddreißig Gläser Mais, fünfundzwanzig Gläser Tomaten, zweiundachtzig Gläser Bohnen und einen großen Topf Gurken eingemacht, wobei ihre scharfen Äuglein in Sekundenschnelle die bei mir herrschende Unordnung, das schmutzige Frühstücksgeschirr auf dem Tisch und den noch nicht geschrubbten Boden registrierten. Birdie Hicks konservierte ihre Pfirsiche in regelmäßigen Hälften, die in den Gläsern angeordnet waren, daß sie genau so aussahen wie die Abbildungen in der Einmachanleitung. Der Anblick war wunderschön, aber sie schmeckten nach Leim. Die Tomaten steckte sie ganz in die Gläser, und sie kamen auch rund und fest wieder daraus hervor, doch ihr Geschmack hatte sich verflüchtigt. Mutter hatte mich gelehrt, zu den Pfirsichen viel braunen Zucker und zu den Tomaten Gewürznelken, Zwiebeln und feingehackte Sellerie zu tun.
    Gegen Ende des Sommers waren die ehemaligen

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