Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
Vom Netzwerk:
und zwischen denen großes Schwertfarnkraut und das zartere Mädchenhaarfarnkraut wuchs. Wie ein häßlicher Ausschlag zogen sich grauweiße Flechten um manche Stämme, aber es gab auch hell leuchtende, von Früchten schwer beladene Heidelbeerbüsche. Der Nadel- und Moosteppich unter unseren Füßen war weich, ringsum herrschte Stille bis auf das Knarren der Räder von Annes Wagen und unser Keuchen, wenn wir ihn über eine knorrige Wurzel oder eine morastige Stelle heben mußten. Bob zeigte mir, wo ihn die Bärin angefallen hatte, und plötzlich erinnerte ich mich an die beiden Bärenjungen, die er und Elwin im Geäst gesehen hatten. Sie waren nach jener Nacht spurlos verschwunden. Mir wurde wohler ums Herz, als wir den schattigen Wald hinter uns hatten und auf der Lichtung wieder das Gezwitscher der Vögel und das Zirpen der Insekten vernahmen. Sport und der Welpe jagten durch das Gebüsch und schnappten spielerisch nacheinander, und Bob und ich schoben Annes Wagen durch das hüfthohe Gras bis zu dem verwitterten Gerippe des Blockhauses und der Scheune, wo die Brombeeren wuchsen.
    Als wir uns schließlich häuslich niedergelassen hatten und Beeren, groß wie Fingerhüte, die Fetteimer zu füllen begannen, dämmerte es bereits, und Moskitos kamen wie Rauchschwaden aus dem Wald und versammelten sich beim Kinderwagen. Ich fächelte über Annes Gesicht und versuchte, die Kecksten mit wütenden Schlägen zu vertreiben, aber es nützte nichts. Die Moskitos nisteten sich in die Spalten des Rohrgeflechts, spazierten auf unseren Hälsen, Beinen und Armen herum und krochen Bob unters Hemd. Ich nahm das Baby, Sport und den Welpen und machte mich mit ihnen auf den Heimweg.
    Es war gar nicht so einfach, den Wagen über den holprigen Boden zu bugsieren und gleichzeitig mit meinen kurzsichtigen Augen vor, hinter und neben mir nach Kojoten, Pumas und Bären Ausschau zu halten, wobei mir beunruhigenderweise klar war, daß ein Bär schon seine Pratze auf meine Schulter legen mußte, bevor ich ihn bemerkte. Mein Tempo veranlaßte die beiden Hunde zu glauben, es handle sich um einen Wettlauf, und in sportlichem Ehrgeiz schossen sie davon und rasten weit voraus durchs Gestrüpp, Klein-Anne und mich schnöde im Stich lassend.
    Endlich, endlich tauchte unsere Farm auf, und wir waren gerettet. Ich brachte die Kleine gerade zu Bett, als Bob hereinstürmte und mich atemlos fragte: »Haben die Hunde angeschlagen? Hast du etwas Verdächtiges gehört?« Er rannte zum Schrank und hantierte mit seinen Gewehren. Ich deutete auf die beiden Hunde, die mit einem zerfetzten Strick im Vorgarten Seilziehen spielten, und erkundigte mich, was sie denn gewittert haben sollten. Immer noch atemlos erwiderte er: »Ich kniete gerade unter den Büschen und klaubte die dicken Beeren vor, die ganz versteckt wachsen, da lief mir so ein sonderbares Prickeln über den Rücken, du weißt schon, wie es einen überkommt, wenn man sich von jemandem beobachtet wähnt, den man selbst nicht sieht. Ich schaute auf und bemerkte gerade noch, wie sich eine Lücke in dem hohen Gras zwischen dem Waldrand und der Scheune, bei der ich pflückte, schloß, genau als ob ein Tier das Gras geteilt hätte. Es muß ein katzenartiges Tier gewesen sein, denn es war kein Laut zu hören.« Ich dachte an meinen Marsch mit dem Baby durch den Wald, und das Blut erstarrte in meinen Adern.
    »Glaubst du, das Tier ist dir bis zum Haus gefolgt?« fragte ich Bob zähneklappernd und machte mich daran, sämtliche Fenster und Türen zu schließen.
    Bob würdigte diese ängstliche Frage keiner Antwort, stopfte sich die Taschen voll Patronen und pfiff Sport. Nur sehr widerwillig gab der Hund den unentschiedenen Kampf ums Seil auf und kam auf den Pfiff seines Herrn herbeigeschlendert. Bob packte ihn am Halsband und brach mit festen Schritten zu einem Inspektionsgang auf. Ich kuschelte mich auf einen Stuhl in Herds Nähe und wagte nicht, ins Bett zu gehen, weil das Schloß an der Küchentür so wacklig war, daß selbst ein schwacher Spatz es ohne viel Mühe hätte sprengen können. Einen Küchenstuhl als Tisch benützend, füllte ich die Zeit mit dem Schreiben eines Briefes nach Hause aus.

    Liebe Mutter,

    beiliegend schicke ich dir mein silbernes Salatbesteck mit der Bitte, es gegen eine solide Bärenfalle und ein scharfes Messer zum Abbalgen einzutauschen. Findest du nicht, daß es die Pflichten eines braven Eheweibes überschreitet, wenn ich jetzt, nachdem ich den ganzen Tag Wassereimer geschleppt,

Weitere Kostenlose Bücher