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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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gebacken, gekocht, die Küken gefüttert und getränkt und den Schweinen ihren Fraß vorgesetzt habe, meine wenigen freien Minuten damit verbringen soll, wilde Tiere zu verscheuchen? Ich habe nachgerade das Gefühl, wir sind von Bären, Kojoten und Pumas eingeschlossen. Ist das nicht lachhaft im Zeitalter des magnetischen Auges, der Zentralheizung und des Fernsehens?

    Ich klebte den Brief gerade zu, als Bob zurückkehrte und berichtete, außer einzelnen Federn beim Hühnerstall nichts gefunden zu haben. Seiner Meinung nach handle es sich um einen Puma, allerdings konnte es auch eine besonders große Wildkatze gewesen sein. Außerdem erklärte er: »Sport ist das dämlichste Hundevieh, das ich jemals gesehen habe. Er wäre nicht einmal imstande, den Geruch eines gebratenen Hühnchens zwanzig Schritt in der Nase zu behalten.« Sport begriff, daß von ihm die Rede war, und machte unschuldsvoll Miene, Pfötchen zu geben, aber Bob strafte ihn mit Verachtung und knallte sein Gewehr in die Schrankecke. Ich schlug vor, die Kleine, Sport und den Welpen mit ins Schlafzimmer zu nehmen und natürlich auch die Fenster fest zu schließen, aber Bob lachte mich wegen meiner Feigheit aus und wollte von geschlossenen Fenstern nichts wissen. Am nächsten Morgen entdeckte er tellergroße Spuren direkt vor dem Haus. »Es ist ein Puma, ein Mordskerl«, verkündete er frohlockend und machte sich, begleitet von Sport, zu einer Jagdpartie auf, die schon lange verabredet war. »Soll ich mich dem Puma mit schönen Worten oder einer Hutnadel nähern?« rief ich ihm spitz nach.
    »Na, wenn ich nochmal wählen könnte!« brummte ich vor mich hin, als ich die Küchentür verschloß und mit einem schweren Sessel verrammelte. »Bestimmt würd ich auf keinen mehr reinfallen, der für die Natur und viel Bewegung schwärmt. Dann schon lieber einen Spieler, der Tag und Nacht bei elektrischem Licht am Tisch hockt und so käsige Haut hat, daß man ihm auf den ersten Blick die Abneigung gegen frische Luft ansieht.«
    Aber das war erst der Anfang. Bob kehrte von seiner Jagdpartie heim und trug mir auf, mich um die Hühner und Küken zu kümmern und auch die Eier einzusammeln, weil er ins Holzfällerlager wollte, um Crowbar und Geoduck Swenson zu holen, die besten Schützen weit und breit und die einzigen, denen er unseren kostbaren Puma anzuvertrauen bereit war. Ich weigerte mich entschieden, irgendwelche Arbeiten außer dem Haus zu verrichten, und tat ihm meine Absicht kund, keinen Fuß vor die Tür zu setzen, bevor der Puma nicht zur Strecke gebracht war. Es würde schrecklich heiß im Haus werden, wenn ich keinen Fensterspalt offen ließ, aber das war mir ganz egal. Lieber im eigenen Schweiß ertrinken, als von einem wilden Tier in Stücke gerissen zu werden. Bob erledigte selbst die notwendigen Arbeiten und brach dann auf. Gegen halb fünf nachmittags kehrte er mit Crowbar, Geoduck und Crowbars großem Jagdhund zurück.
    Während sich Bob um die Hühner und Schweine kümmerte, legten sich die beiden tapferen Jäger in den Schatten des Lastwagens und spülten sich mit Hilfe einer Flasche unseres geschmuggelten Whiskys die Kehlen. Nach getaner Arbeit gesellte sich Bob zu ihnen und stiftete eine weitere Flasche. So gestärkt, schulterten sie die Gewehre und verschwanden hinter den Hühnerhöfen im Wald. Gleich darauf drang das aufgeregte Bellen des Hundes an mein Ohr, und geleitet von seinem Gekläff, konnte ich den Gang der Jagd um unsere Farm herum verfolgen. Trotz meiner am Morgen laut und deutlich verkündeten Absicht, die Fenster verbarrikadiert zu lassen, mußte ich sie nun öffnen – natürlich nur die, vor denen sich ein Schutzgitter befand –, um über die Jagd auf dem laufenden zu bleiben.
    Die Sonne gähnte bereits und begann sich ihrem hinter den Bergen gelegenen Bett zu nähern. Da hörte ich plötzlich zwei Schüsse und das erregte Bellen des Hundes. Kurz darauf kamen die drei Jäger im Triumphzug angeschritten. Den erlegten Puma trugen sie auf einer aus ihren Jacken und Gewehren fabrizierten Bahre mit sich. Das Biest war, vom Kopf bis zur Schwanzspitze gerechnet, drei Meter dreißig lang und der längste jemals in der Gemeinde erlegte Puma (nach Crowbars Behauptung). Er war kein Jüngling mehr, hatte einen grau gezottelten Kopf und die heimtückischsten, kältesten Augen, die ich jemals gesehen habe.
    Bob schwebte in einem Taumel von Glück und Stolz, gab mir viele alkoholduftende Küsse und eine genaue Beschreibung der Pirsch über die

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