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Das Einhornmädchen Vom Anderen Stern

Titel: Das Einhornmädchen Vom Anderen Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Margaret Ball
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seinem langen und erfolgreichen Leben hatte Delszaki ohne Zweifel jeden Trick angewandt, analysiert und gekontert, den Hafiz kannte, und gewiß noch etliche mehr.
    Während sie an den ersten kleinen Tassen wohlriechenden Kavas nippten, spürte Hafiz, daß sein Verstand wie rasend arbeitete. Es hatte keinen Sinn, an seinem ersten Plan festzuhalten und sich Acorna zu schnappen, indem er behauptete, daß sie in den Augen der Bücher der Propheten seine Ehefrau wäre, und sie dann von Kezdet fortzuschaffen, noch während die Hüter des Friedens auf eine Entscheidung dieses Streitfalls durch die Religionsgerichte warteten. Nicht nur, daß er den Vorteil der Überraschung verloren hatte, sondern er bezweifelte auch seine Fähigkeit, Delszaki Li ebenso leicht täuschen zu können, wie man die Friedenshüter narren oder bestechen konnte. Ein offenes, ehrliches Vorgehen versprach da schon größere Erfolgsaussichten – das hieß, ein angemessen offenes und ehrliches Vorgehen. Seine Vorfahren würden nämlich aus dem Staub ihrer Gräber neue Leiber bilden und wiederauferstehen, wenn er das Haus Harakamian dadurch entehrte, daß er seine Karten alle auf einmal auf den Tisch legte.
    Nach dem unvermeidlichen Austausch von
    Beileidsbekundungen seitens Lis ob des Verlustes von Tapha und Entschuldigungen seitens Hafiz’ für das idiotische Verhalten des Jungen unternahm er seinen ersten verbrämten Vorstoß.
    »So bedauerlich der Tod meines Sohnes auch sein mag«, erklärte Hafiz, obschon er die Sache innerlich mit nicht dem allergeringsten Bedauern betrachtete, »es steht geschrieben im Buch des Zweiten Propheten: ›Wenn du deine Frau oder dein Kind umarmst, sei dir stets bewußt, daß es ein menschliches Wesen ist, das du umarmst; auf daß dich, wenn sie sterben sollten, nicht unmäßige Trauer übermannt.‹ Wie es mir von meinem Glauben auferlegt wird, habe ich demzufolge meinen Kummer um den Toten zurückgestellt, zugunsten meiner Sorge um die Lebenden. Vor seinem Tod hat mich Tapha informiert, daß mein Neffe Rafik meine junge Schutzbefohlene Acorna auf diesen Planeten gebracht hat, ein Kind, das er letztes Jahr aus meinem Heim entführte. Oh, diese unbesonnenen jungen Männer!« Hafiz seufzte und bedachte Li mit einem verschwörerischen Lächeln. »Sie werden noch unser Tod sein mit ihren Eskapaden und Torheiten, nicht wahr?«
    »Im Gegenteil«, widersprach Li, wobei seine schwarzen Augen funkelten, »ich finde, Eskapaden junger Leute sind meistverjüngende Kraft in diesem alten Leben. Aber Rafik hat hergebracht kein Kind mit Namen Acorna.«

    »Möglicherweise hat er ihren Namen geändert«, äußerste Hafiz als Vermutung. »Sie ist unverkennbar – eine Rarität, mißgebildet, würden manche sagen, aber auf eine höchst attraktive Weise. Groß und schlank, mit silbernem Haar und einem kleinen Horn in der Mitte ihrer Stirn.«
    Lis Gesicht verkniff sich zu einem Lächeln, und Hafiz stieß seinen Atem aus. Gedankt sei dem Propheten, der alte Mann würde Acornas Anwesenheit eingestehen!
    »Ah, Sie von jener sprechen, die unsere Leute auf Kezdet nennen die Dame aus dem Licht. Aber sie kein Kind ist. Sie eine erwachsene Frau ist und keines Mannes Mündel.«
    »Das ist unmöglich!« protestierte Hafiz. »Ich sage Ihnen doch, ich habe das Kind vor weniger als zwei Standardjahren selbst gesehen. Sie schien damals ungefähr sechs Jahre alt zu sein – ich meine, sie war sechs«, korrigierte er sich entschlossen, als ihm einfiel, daß sie vorgeblich sein Mündel war und man deshalb von ihm erwarten durfte, daß er ihr genaues Alter kannte. »Sogar auf Kezdet gelten sieben Jahre alte Kinder doch nicht als Erwachsene?«
    »Ah, da ist Konzept von chronologischem Alter, und da ist Konzept von entwicklungsmäßigem Alter«, entgegnete Li heiter. »Diejenige, die ich kenne als Acorna, höchst gewiß ist eine erwachsene Frau. Erlauben Sie mir, Ihnen zu zeigen.«
    Einen ungestümen Augenblick lang glaubte Hafiz, daß Acorna durch einen Hintereingang ins Haus geschmuggelt worden wäre und daß Li sie tatsächlich hereinbringen lassen würde; dann jedoch verblaßten lediglich die Hologemälde auf der gegenüberliegenden Wand und wurden durch augenscheinlich selbst gedrehte Vids ersetzt. Das Bild einer anmutigen, etwa ein Meter neunzig großen Acorna bewegte sich lebensgroß über die Wand, wie sie in einem ummauerten Garten Blumen pflückte, mit einem Kleinkind spielte und graziös ein langes Vollkleid anhob, um eine Treppenflucht aus

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