Das einzig glueckliche Ende einer Liebesgeschichte ist ein Unfall
ein guter Leser. Seit meiner Kindheit stellt er mich seinen Geliebten vor, und nachdem er mir seine Treffen mit ihnen minutiös beschrieben hatte, las er mir die schönen Gedichte vor, die er für sie verfasst hatte. Und fragte: , Was hältst du davon, mein Sohn?‘, um meine Meinung anschließend sofort in den Rinnstein zu stoßen, wie alle anderen auch. Als ich älter wurde, teilten wir uns ein paar dieser traurigen Frauen – Herr Okuda ermunterte sie, mit mir zu schlafen. Er setzte sich auf die Bettkante, das Kinn auf die geballten Fäuste gestützt, und schrieb, während er uns beobachtete, seine Gedichte, gleich dort, auf lange Papierrollen. Das fing an, als ich zwölf war, und hörte erst auf, als ich zu Hause auszog. Danach begann mein Vater Gedichte an meine Freundinnen zu schreiben, über die er alles herausfand, indem er sie verfolgen und mit seinen versteckten Kameras aufzeichnen, fotografieren und filmen ließ.“
„…?“
„Ja, das tut er immer noch. Warum sollte er es nicht mehr tun?“
„…?“
„Ja, und ich glaube, das möchten Sie wirklich wissen: Herr Okuda hat nie aufgehört zu schreiben. Mein Vater hat nur genug Geld verdient, um sich nicht mehr mit Maden wie Ihnen herumschlagen zu müssen.“
„…?“
„Ja, ich bin sehr gereizt. Ja, ich bin heute nicht ich selbst. Ja, es ist furchtbar. Ja, bitte verzeihen Sie, aber gibt es noch etwas, das Sie wissen möchten?“
„…?“
„Die Fünfzig-Millionen-Yen-Puppe?“
15
Letzte Woche verbrachte Herr Okuda viel Zeit in einem Hotel in der Stadt, um irgendwelche geheimen Geschäfte zu erledigen.
Wenn er, was nur selten vorkommt, zu Hause ist, starrt er die Wand an wie eine Katze, und ich bringe ihm Tee. Er hört wieder Stimmen, ich weiß nicht, woher sie kommen, denn sie sind weder von Frau Hiroko Okuda noch aus dem Radio, dem Fernseher oder dem Periskopraum noch von anderen menschlichen Wesen, die ab und zu an die Tür klopfen, wie etwa der Mann, der seine silberne Mappe aufschlägt und Umschläge mit CDs und Fotos von Herrn Shunsuke, dem Sohn, überbringt.
Herr Okuda sagt, sein Sohn sei fünfzig Jahre jünger als er und ein unverschämter Bengel, der ihn respektieren sollte, weil er, Herr Okuda, fünfzig Jahre älter sei und viel weniger Zukunft vor sich habe, als der junge an Vergangenheit auf seinem Rücken trägt.
Ich verstand nicht genau, was es heißt, jünger zu sein oder älter, denn einmal sagte Herr Okuda in einem Gedicht über meine weiße Haut, dass Vergangenheit und Zukunft eins seien, nur anders ausgedrückt. Deshalb hatte ich auch den Mut, meine erste Frage an Herrn Okuda zu richten, und fragte, ob „jünger“ und „älter“ nicht dasselbe seien, nur anders ausgedrückt.
Herr Okuda reagierte gereizt und sagte, das könne nicht sein, denn die Jüngeren hätten viel weniger Falten und seien gesünder, was bedeutete, dass sie viel länger bräuchten, um zu sterben. Ich fragte, warum dies so sei, und Herr Okuda erklärte, dies sei, weil die Jungen weniger Vergangenheit hätten und das Leben die Menschen mit der Zeit zerstöre, und nichts könne den Lauf der Zeit aufhalten.
Ich weiß nicht genau, was die Zeit ist.
Herr Okuda versuchte, es mir zu erklären, und sagte, Zeit sei, was die Vergangenheit von der Zukunft trennt, und um sie zu messen, gebe es Geräte wie Uhren und Kalender, und diese seien so etwas wie kleine Kerker, denn niemand könne der Zeit entkommen, sie sei das Einzige, das für alle Menschen gleich sei. Abgesehen vom Tod selbstverständlich, der ja Hand in Hand mit der Zeit gehe – die ganze Zeit über.
Herr Okuda erzählte mir auch, dass man „jetzt“ sagt, wenn die Vergangenheit auf die Zukunft trifft, in diesem Augenblick, in dem nächsten, dem nächsten und immer so weiter, immer genau an der Grenze, die fein wie ein Haar zwischen zwei ähnlichen Steinen verläuft: was gerade noch ist und was nie mehr sein wird.
Und der Name dieser Grenze ist Zeit, sagte Herr Okuda.
Obwohl ich noch immer nicht genau verstehe, was Zeit ist, fragte ich Herrn Okuda, was der Tod sei, der für mich fast das Gleiche zu sein scheint, nur anders gesagt. Herr Okuda nahm einen großen Schluck Tee, beklagte sich, dass er zu kalt sei, und sagte dann, dass der Tod nur ein umgekehrtes zur Welt kommen sei, oder anders gesagt, ein Zurückkehren zu dem, was man war, bevor man zur Welt kam.
Und dass für mich der Tod sei, als steckte er mich zurück in die Schachtel, aus der ich gekommen bin, und nähme mir den Namen
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