Das Ekel von Datteln
mir das meiste vorgeschossen. Und bei ihr zahle ich ab. Wollen Sie die Belege sehen?«
Er lief zum Schrank und blätterte ihnen einen Schnellhefter hin.
Brennecke schaute Lohkamp an. Eine Frage fehlte noch. Und dies war der richtige Moment dafür.
»Wo waren Sie in der Nacht von Freitag auf Samstag?«
Michalski schwieg einen Augenblick. »Ich bin Streife gefahren«, sagte er. »Die ganze Nacht.«
22
Sie standen zwanzig Meter von der großen Halle entfernt und staunten. Gerade war ein Sattelschlepper auf den Platz gerollt, und mit zwei, drei eleganten Manövern schob der Fahrer den Auflieger rückwärts vor das Tor.
»Mensch, Saale«, sagte Mager. »Was bin ich froh, dass wir nur den Lada haben. Mit dem Schlepper da würde ich beim ersten Versuch die ganze Halle kippen …«
»Klar«, nickte Saale. »Du bist ja schon mit dem Fahrrad eine öffentliche Gefahr.«
Dann richtete er das Stativ aus und klemmte die Kamera fest. Als letzte Szene des Tages wollten sie das Beladen des Sattelschleppers und seinen Abmarsch filmen. Aber erst musste der Schrott entfernt werden, der sich noch auf dem Auflieger stapelte.
»Holger!«, rief Mager plötzlich und stieß seinem Angestellten einen Ellenbogen in die Nieren.
»Nein, sage ich. Keine Spiegeleffekte mehr!«
»Quatsch. Guck dir mal den Schlepper an!«
»Das tu ich schon seit fünf Minuten.«
»Was laden die da aus?«
Saale starrte hinüber.
»Das sind… Ich weiß nicht. Diese Hängebahnen, womit sie…«
»Richtig. Und warum werden die ab- und nicht aufgeladen?«
Saale stöhnte genervt: »Du hast Probleme! Vielleicht eine Reklamation.«
»Nichts da.« Mager schaltete die Kamera aus und suchte nach seinen Zigaretten.
»Das sind dieselben Bänder, die sie vor einer halben Stunde aufgeladen haben.«
»Na, und? Vielleicht fehlte was.«
»Aber das ist dann schon das zweite Mal …«
Saale richtete sich zu seiner vollen Größe auf: Wenn Mager zu seinen eins dreiundachtzig hinaufsehen musste, war er gewöhnlich wesentlich weniger hartnäckig. Aber diesmal zog die Masche nicht.
»Pass auf«, sagte Mager. »Ich habe mir diese Karre schon kurz nach neun ausgeguckt. Der Schriftzug an der Seite ist ziemlich neu und schön farbintensiv. Da haben sie die Dinger gerade aufgeladen. Aber zwischen zehn und elf noch einmal.«
»Das dauert doch. Vielleicht war das dieselbe Aktion …«
»Quatsch. Zwischendurch ist er mir mal durchs Bild gefahren. Und jetzt laden sie alles wieder ab. Da stimmt doch was nicht.«
Saale tippte sich an die Stirn: »Bei dir stimmt auch etwas nicht.«
Mager schob seine Unterlippe so weit vor, dass mindestens fünf Hühner darauf Platz gehabt hätten – der Spaß war jetzt vorbei. Er ließ Saale stehen und hielt einen Burschen im Blaumann am Ärmel fest.
»Sag mal, wie heißt der Fahrer des LKW?«
Der Mann zuckte mit den Schultern: »Kenn ich nicht!«
»Und euer Meister?«
»Keine Ahnung!«
Der Mann trabte davon.
»Tolles Betriebsklima. Findest du nicht?«, fragte Mager. »Pass mal auf die Klamotten auf. Das will ich jetzt genau wissen.«
Er lief auf die Halle zu und verschwand im breiten Maul des Tores. Saale schaltete den Rekorder aus, setzte sich auf die winzige Rasenfläche neben der Einfahrt und versuchte, sich einen Samstag mit Helga Kronenberger auszumalen. Die Sache gefiel ihm. Bis Magers Fußspitze seine Rippen traf.
»Mensch, was ist denn?«
»Seltsamer Laden. Alles neue Leute hier. Es hat was gedauert, bis ich an den Meister kam. Der hat mich angeschnauzt, als ob ich ihn anpumpen wollte. Betriebsfremden darf er nichts erzählen. Extrem unfreundlich, der Typ. Ich sag dir: Hier stimmt was nicht!«
Sie brauchten eine weitere halbe Stunde, bis sie die letzte Szene im Kasten hatten. Dann verpackten sie ihre Ausrüstung rüttelfest im Kofferraum und fuhren den Wagen vor das Verwaltungsgebäude. Hier parkte auch ein BMW aus der 700er Reihe mit Schweizer Kennzeichen. Die Herren Werdier & Werdier waren noch im Hause.
»Ich habe keinen Bock auf die Typen«, knurrte Mager. »Mach den Abgesang da drinnen alleine.«
»Mit dem größten Vergnügen.«
Saale war schon fast im Eingangsportal verschwunden, als Mager das Fenster herunterkurbelte: »Aber quatsch dich bloß nicht fest. Das Aufgebot kannst du auch ein andermal bestellen. Ich muss Kalle von der Schule abholen …«
Die Uhr ging auf eins zu. Im Geiste drehte Mager seinem Angestellten gerade zum dritten Male den Hals um, als der Sonnyboy die Treppen
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