Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
Vom Netzwerk:
Dezernat. Rönn ging mit dem Fotografen in das Krankenzimmer, um ihm seine Anweisungen zu geben. Martin Beck begab sich zu den beiden Männern.
    »Wie sieht es aus?« fragte er. Die immer gleiche alte Frage.
    Der Kollege, sein Name war Hansson, kratzte sich im Nacken und antwortete: »Wir haben mit den meisten Patienten auf diesem Korridor gesprochen, aber keiner hat was gesehen oder gehört. Ich wollte gerade Doktor… ja, mit dem Doktor hier sprechen, wann wir uns die übrigen vornehmen können.«
    »Habt ihr mit denen in den angrenzenden Zimmern gesprochen?«
    »Ja«, bestätigte Hansson. »Wir sind in sämtlichen Sälen gewesen. Keiner hat was bemerkt, aber die Wände sind ja auch dick in so einem alten Haus.«
    »Mit den übrigen könnt ihr bis zum Frühstück warten«, wies Martin Beck ihn an.
    Der Arzt sagte nichts. Er verstand offenbar kein Schwedisch; nach einer Weile zeigte er auf das Schwesternzimmer und sagte: »Have to go.« Hansson nickte, und der Schwarzgelockte lief mit klappernden Holzschuhen eilig davon.
    »Hast du Nyman gekannt?« fragte Martin Beck.
    »Gekannt wäre zuviel gesagt. Ich hab nie auf seinem Revier gearbeitet, aber wir haben uns natürlich öfters getroffen. Er war ja schon seit langer Zeit dabeigewesen. War schon Kommissar, als ich vor zwölf Jahren anfing.«
    »Weißt du von jemand, der ihn näher gekannt hat?«
    »Da würde ich mal die Brüder von der Klara-Wache fragen. Da hat er ja gesessen, bevor er krank wurde.« Martin Beck nickte und sah auf die elektrische Uhr, die über der Tür zum Spülraum hing. Es war Viertel vor fünf.
    »Ich glaub, ich werd mal hinfahren. Hier kann ich im Moment doch nicht viel tun.«
    »Fahr ruhig. Ich sag Rönn Bescheid, wo du zu erreichen bist.« Martin Beck holte tief Luft, als er hinaus auf die Treppe trat. Die kühle Nachtluft war frisch und rein. Der Reporter und der Fotograf waren nicht zu sehen, nur der Polizist stand auf seinem Platz vor den Stufen.
    Martin Beck nickte ihm zu und machte sich auf den Weg zum Hauptausgang.
    Im letzten Jahrzehnt hatte Stockholms Innenstadt eine gewaltige und umfassende Veränderung durchmachen müssen. Ganze Straßenzüge waren dem Erdboden gleichgemacht und neu aufgebaut worden. Die Struktur der Stadt war verändert worden, der Verkehr dominierte mehr und mehr und bei der Planung und neuen Bebauung wurde keine Rücksicht auf eine menschenfreundliche Umwelt genommen, wichtig war allein die Absicht der Eigentümer, den teuren Grund und Boden bis zum letzten Quadratzentimeter auszunutzen. Im eigentlichen Stadtkern hatte man sich nicht damit zufrieden gegeben, die Bebauung zu neunzig Prozent abzureißen und das ursprüngliche Straßennetz völlig zu beseitigen, sondern man hatte auch die natürliche Topografie vergewaltigt.
    Stockholms Einwohner sahen mit Sorge und Verbitterung, wie durchaus bewohnbare und nicht zu ersetzende ältere Mietshäuser abgebrochen wurden und sterilen Bürogebäuden Platz machen mußten. Sie waren machtlos und mußten sich in abgelegene Schlafstädte deportieren lassen, während die natürlich gewachsenen Wohnviertel, in denen sie gelebt und gearbeitet hatten, in Ruinen verwandelt wurden. Die Innenstadt wurde zu einer nicht überschaubaren, lärmerfüllten Baustelle, aus der sich langsam, aber unaufhaltsam die neue City erhob, mit ohrenbetäubend lauten Durchgangsstraßen, blitzenden Fassaden aus Glas und Leichtmetall, toten Flächen glatten Betons, kalt und unpersönlich.
    Bei dieser Sanierungsschlacht hatte man die Polizeiwachen dieser Gegend offenbar vergessen; alle Wachlokale der Innenstadt-Reviere sahen veraltet und verschlissen aus, und da das Personal im Laufe der Jahre mehr mals verstärkt worden war, war es beinahe überall zu eng geworden. Im vierten Distrikt, wohin Martin Beck jetzt fuhr, war der Mangel an Platz eines der wichtigsten Probleme.
    Als er bei Regeringsgatan vor der Klara-Wache aus dem Taxi stieg, begann es hell zu werden. Die Sonne würde bald aufgehen, der Himmel war: immer noch wolkenlos, und es sah nach einem schönen, wenn auch ziemlich kalten Tag aus.
    Er ging die kurze Steintreppe hinauf und stieß die Tür auf. Rechts von der Tür war die Telefonzentrale, die zu dieser Zeit nicht besetzt war, und daneben ein Tisch, hinter dem ein älterer grauhaariger Polizist saß. Er hatte eine Morgenzeitung vor sich ausgebreitet und stützte beim Lesen die Ellbogen-auf die Tischplatte. Als Martin Beck eintrat, richtete er sich auf und nahm die Brille ab.
    »Ist das

Weitere Kostenlose Bücher