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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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gähnte und blätterte in der Zeitung, las die Überschriften und den einen oder anderen Bildtext, ohne ihn in sich aufzunehmen. Schließlich faltete er das Blatt zusammen, ging hinüber, klopfte an die Scheibe, und als der Mann am Telefon aufblickte, machte er ihm ein Zeichen, daß er gehen wollte. Der andere winkte und sprach weiter ins Telefon.
    Martin Beck steckte sich eine neue Zigarette an, und dabei fiel ihm plötzlich ein, daß dies schon die fünfzigste war, die er seit der ersten Morgenzigarette vor beinahe 24 Stunden geraucht hatte.
    Wenn man unbedingt im Zuchthaus landen will, muß man einen Polizisten umlegen.
    Dieses Rezept gilt in den meisten Ländern, und Schweden macht da keine Ausnahme. Unaufgeklärte Morde gibt es genügend in der schwedischen Kriminalgeschichte, aber ein Mord an einem Polizeibeamten ist nicht darunter.
    Stößt einem Mitglied der eigenen Zunft etwas zu, ist plötzlich die gesamte Polizei einsatzbereit. Alles Gerede von Personalknappheit und fehlendem modernem Material ist wie weggeblasen, und auf einmal werden mehrere hundert Mann mobilisiert, wo sich sonst nur drei oder vier Beamte an die Arbeit machen.
    Wer einen Polizisten angreift, wird immer erwischt. Nicht weil man mit der Unterstützung der Öffentlichkeit rechnen kann, wie das zum Beispiel in England oder in den sozialistischen Staaten der Fall ist, sondern weil die Privatarmee von Rikspolischefen plötzlich weiß, was sie will und außerdem mit Freude an die Arbeit geht.
    Martin Beck stand auf Regeringsgatan und genoß die frische Luft dieses frühen Morgens. Er war nicht bewaffnet, dafür trug er in der Innentasche seines Jacketts ein vervielfältigtes Rundschreiben der Rikspolis-Behörde bei sich. Das hatte am Vortag auf seinem Schreibtisch gelegen und war die Abschrift einer ganz neuen soziologischen Untersuchung.
    Die Soziologen standen in sehr schlechtem Ruf bei der Polizei, besonders seit sie sich in den letzten Jahren immer häufiger mit der Haltung und den Plänen der Polizei beschäftigten, und alle ihre Veröffentlichungen wurden höheren Orts mit großem Mißtrauen beobachtet. Vielleicht hatte man dort das Gefühl, daß man auf die Dauer nicht die Behauptung aufrechterhalten könnte, daß alle, die sich mit Soziologie beschäftigten, verkappte Kommunisten und nur darauf versessen seien, den Umsturz vorzubereiten.
    Den Soziologen war beinahe alles zuzutrauen, darauf hatte zum Beispiel Intendent Malm vor gar nicht langer Zeit in einem seiner häufigen Ausbrüche entrüstet hingewiesen. Malm war sozusagen der Chef, unter anderem von Martin Beck.
    Vielleicht hatte Malm recht. Die Soziologen kamen auf die unmöglichsten Dinge. Sie wiesen zum Beispiel auf die Tatsache hin, daß heutzutage ein Zeugnis mit Noten unter dem Durchschnitt ausreichte, um an der Polizeischule aufgenommen zu werden. Und daß der Intelligenz-Quotient der Streife fahrenden Beamten in Stockholm auf 93 gesunken war.
    »Alles Verleumdung!« hatte Malm gerufen. »Und außerdem stimmt es gar nicht. Der IQ bei uns ist auch nicht niedriger als in New York!« Er war gerade zu einem Studienbesuch in den Staaten gewesen. Die Untersuchung in Martin Becks Tasche wies auf neue interessante Fakten hin. Dort wurde festgestellt, daß der Polizeiberuf nicht riskanter war als jede andere normale Arbeit.
    Ganz im Gegenteil, bei den meisten anderen Berufsgruppen war das Risiko erheblich größer. Bau und Waldarbeiter lebten viel gefährlicher, gar nicht zu reden von den Hafenarbeitern, Kraftfahrern und Hausfrauen.
    Aber war es nicht immer die allgemeine Auffassung gewesen, daß der Job der Polizisten gefährlicher war, härter und schlechter bezahlt als alle anderen? Die Antwort war schmerzlich einfach. Ja. Denn keine andere Berufsgruppe war so auf ihre Rolle festgelegt und dramatisierte ihre alltäglichen Aufgaben in so hohem Grade wie eben die Polizei.
    Alles war durch Zahlen belegt. Die Anzahl der verletzten Polizeibeamten war verschwindend klein, verglichen mit der Anzahl von Personen, die im Laufe eines Jahres von der Polizei mißhandelt worden waren. Und so weiter.
    Das galt im übrigen nicht nur für Stockholm. In New York wurden beispielsweise im Durchschnitt sieben Polizisten im Jahr getötet, dagegen erwischte es zwei Taxifahrer im Monat, eine Hausfrau pro Woche und täglich einen Arbeitslosen.
    Diesen verhaßten Soziologen war nichts heilig. Einem schwedischen Team war es sogar gelungen, den Bobby-Mythos zu torpedieren und ihn ins richtige Verhältnis

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