Das Ekel von Säffle
zusammenzuarbeiten, schien beiden offensichtlich nicht zu behagen. Aber vorläufig war das noch nicht endgültig entschieden, es schien eher so, als ob sie mehr zufällig am gleichen Ort eingetroffen seien.
Anlaß war Nyman, und seine Leiche sah tatsächlich so fürchterlich aus, daß Kollberg unwillkürlich ein »Huch!« ausstieß.
Gunvald Larsson verzog das Gesicht, aber er mußte, wenn auch widerwillig, zustimmen. Dann fragte er: »Kanntest du ihn?« Kollberg nickte.
»Ich auch. Er war eines der größten Arschlöcher, mit denen sich dieses Pohzeikorps jemals geschmückt hat. Aber Gott sei Dank hatte ich selten mit ihm zu tun.« Gunvald Larsson war der Ordnungspolizei nur vorübergehend zugeteilt gewesen und eigentlich nur, um der Ausbildungsvorschrift zu genügen. Bevor er zur Polizei kam, war er Seeoffizier gewesen, erst bei der Marine und dann bei der Handelsflotte. Im Gegensatz zu Martin Beck und Kollberg hatte er also nicht die sogenannte Ochsentour hinter sich.
»Wie steht's mit der Tatortuntersuchung?«
»Ich glaube nicht, daß dabei mehr herauskommt, als wir bis jetzt schon wissen«, antwortete Gunvald Larsson. »Irgendein Wahnsinniger ist durch dieses Fenster gestiegen und hat ihn abgeschlachtet. Ohne Pardon.« Kollberg nickte.
»Aber dieses Seitengewehr interessiert mich«, brummte Gunvald Larsson vor sich hin. »Derjenige, der damit zugestochen hat, beherrschte sein Handwerk. Und verstand was von der Waffe. Und wer kommt dann in Frage?«
»Hast recht. Soldaten zum Beispiel, vielleicht Schlächter.«
»Polizisten«, ergänzte Gunvald Larsson.
Larsson war bekannt dafür, daß er am wenigsten anfällig für Kameraderie und falsche Loyalität war. Und das machte ihn nicht besonders beliebt.
»Jetzt gehst du wohl doch ein bißchen zu weit, Larsson«, bemerkte Kollberg.
»Kann sein. Wirst du an diesem Fall mitarbeiten?« Kollberg nickte. »Und du?«
»Sieht so aus.« Sie sahen sich ohne große Begeisterung an.
»Wir werden vielleicht nicht sehr viel miteinander zu tun haben«, sagte Kollberg.
»Die Hoffnung besteht jedenfalls«, bestätigte Gunvald Larsson.
Inzwischen war es beinahe zehn Uhr geworden, und Martin Beck schwitzte ganz schön, als er in Richtung Slussen am Kai von Söder Mälarstrand entlangging. Die Sonne wärmte zwar nicht sehr, und die Brise von Riddarfjärden herüber war bitterkalt, aber er war in schnellem Tempo gegangen und sein Wintermantel war mollig warm.
Hult hatte ihm angeboten, ihn nach Kungsholmsgatan zu bringen, aber er hatte abgelehnt. Es hätte passieren können, daß er im Auto einschlief, und so hoffte er, durch den kurzen, schnellen Spaziergang wieder munter zu werden. Er knöpfte den Mantel auf und verlangsamte seine Schritte, Als er bei Slussen ankam, betrat er eine Telefonzelle, rief das Polizeihaus an und erfuhr, daß Rönn noch nicht zurück sei. Er konnte vom Schreibtisch aus nicht viel unternehmen, solange Rönn nicht mit seinen Untersuchungen fertig war, und das würde sicher noch mindestens eine Stunde dauern, dachte Martin Beck. Wenn er auf direktem Wege nach Hause ging, könnte er innerhalb von zehn Minuten im Bett liegen. Er war wirklich todmüde, und der Gedanke an sein Bett war sehr verlockend. Wenn er den Wecker stellte, konnte er sich eine Stunde aufs Ohr legen.
Martin Beck ging festen Schritts über Slussplan und auf Järntorgsgatan zu. Als er auf Järntorget hinaustrat, verlangsamte er sein Tempo. Er stellte sich vor, wie müde er immer noch sein würde, wenn der Wecker nach einer Stunde klingelte, wie schwer es ihm fallen würde, aufzustehen, sich anzuziehen und sich auf den Weg nach Kungsholmen zu machen. Andererseits würde es wohl tun, die Sachen eine Zeitlang auszuziehen, sich zu waschen oder vielleicht zu duschen. Mitten auf dem Platz blieb er stehen, wie gelähmt durch seine eigene Unentschlossenheit. Man konnte das mit der Müdigkeit entschuldigen; trotzdem ärgerte er sich über sich selbst. Den Kurs wechselnd, ging er in Richtung Skeppsbron weiter. Was er da wollte, wußte er noch nicht, aber als er ein freies Taxi stehen sah, entschied er sich schnell. Er wollte zu einer Sauna fahren.
Der Taxifahrer sah aus, als ob er noch aus der Zeit der Pferdedroschken stammte, hatte zittrige Hände, war zahnlos und offenbar taub. Martin Beck, der sich neben ihn nach vorn gesetzt hatte, hoffte, daß wenigstens die Augen dieses Großvaters in Ordnung waren. Offensichtlich fehlte es auch an der Fahrpraxis, er machte einen Fehler nach dem ändern
Weitere Kostenlose Bücher