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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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wirklich kein besserer Ausdruck eingefallen, der die Situation traf?
    »Ich gewöhne mich langsam daran«, antwortete Anna Nyman kühl. »Was wollen Sie denn jetzt wissen, Herr Kriminalkommissar?« Die Dienstgrade und ihre Bedeutung hatte sie jedenfalls gründlich studiert.
    »Ich muß noch mal auf dieses Telefongespräch zurückkommen.«
    »Mit dem Ersten Polizeiassistent Hult?«
    »Ja, genau. Es war ja nicht das erste Mal, daß Sie mit ihm gesprochen haben?«
    »Nein.«
    »Haben Sie seine Stimme wiedererkannt?«
    »Natürlich nicht!«
    »Warum natürlich?«
    »Dann hätte ich ihn ja nicht nach seinem Namen zu fragen brauchen.« Da hatte er sein Fett! Er hätte doch Rönn anrufen lassen sollen. »Haben Sie nicht daran gedacht, Herr Kriminalkommissar?« fragte die Frau.
    »Nein. Tut mir leid.« Die meisten Männer wären rot geworden oder hätten zumindest keine so klare Antwort gegeben. Nicht so Martin Beck. Er fuhr im gleichen Ton fort: »Dann könnte es also jeder X-Beliebige gewesen sein.«
    »Aber es wäre doch unsinnig, daß irgendwer anruft und sich als Palmon Harald Hult ausgibt.«
    »Aber möglich wäre es, daß es ein anderer gewesen sein kann als Palmon Harald Hult?«
    »Wer denn?« Gute Frage, dachte Martin Beck. Laut sagte er: »Hat sich die Stimme nach einem jüngeren oder älteren Mann angehört?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Können Sie die Stimme irgendwie beschreiben?«
    »Er sprach in dienstlichem Ton, vielleicht sogar ein wenig barsch.« Ja, damit hatte sie Hults Tonfall ausgezeichnet beschrieben. Barsch und dienstlich. Aber genauso sprach auch eine große Zahl anderer Polizeibeamten, vor allem solche, die früher beim Militär gewesen waren. Und natürlich nicht nur Polizeibeamte.
    »Wäre es nicht einfacher, Polizeiassistent Hult selber zu fragen?« schlug die Frau vor.
    Martin Beck verkniff sich eine Antwort. Statt dessen versuchte er, auf das eigentliche Problem zu kommen: »Polizist zu sein bedeutet fast immer, daß man sich irgendwo Feinde schafft.«
    »Ja, das haben Sie schon einmal gesagt. Als wir zum zweitenmal miteinander sprachen. Ist Ihnen klar, Herr Kriminalkommissar, daß dies unser fünftes Gespräch im Laufe von weniger als zwölf Stunden ist?«
    »Es tut mir leid. Sie haben gesagt, daß Sie nicht wüßten, ob Ihr Mann irgendwelche Feinde gehabt hat.«
    »Das stimmt.«
    »Aber Sie wußten doch, daß er im Dienst gewisse Schwierigkeiten hatte?« Es hörte sich so an, als ob sie leise lachte.
    »Jetzt weiß ich wirklich nicht, was Sie meinen.« Ja, sie hatte tatsächlich gelacht.
    »Ich will damit ausdrücken«, sagte Martin Beck und ließ alle Rücksichtnahme fallen, »daß Ihr Mann nach der Ansicht vieler Leute ein schlechter Polizeibeamter gewesen sein soll, der seine dienstlichen Aufgaben sträflich vernachlässigt hat.« Das saß. Sie erfaßte wieder den Ernst des Gesprächs.
    »Sie machen wohl Witze, Herr Kriminalkommissar?«
    »Nein«, erwiderte Martin Beck in versöhnlicherem Ton. »Ich meine es durchaus ernst. Ihr Mann hat sich viele Beschwerden und Anzeigen eingehandelt.«
    »Weswegen?«.
    »Brutalität.« Sie holte tief Atem und stieß hervor: »Das ist völlig unmöglich. Sie müssen ihn mit einem anderen verwechseln.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Aber Stig war der zärtlichste und empfindsamste Mensch, den ich je kennengelernt habe. Wir haben zum Beispiel immer einen Hund gehabt. Hunde, meine ich, vier Stück nacheinander. Stig hat sie geliebt, er war unendlich geduldig mit ihnen, sogar bevor sie stubenrein wurden. Hat sich wochenlang mit ihnen geplagt, ohne nervös zu werden.«
    »Ach ja.«
    »Und er hat sich nie dazu hinreißen lassen, die Hand gegen unsere Kinder zu erheben, auch nicht als sie klein waren.« Martin Beck hatte des öfteren die Hand gegen seine Kinder erhoben, vor allen Dingen als sie noch klein waren.
    »Er hat also nie über Schwierigkeiten im Dienst mit Ihnen gesprochen?«
    »Nein. Ich habe ja schon gesagt, daß er zu Hause so gut wie nie über seine Arbeit sprach. Außerdem glaube ich diese Gerüchte nicht. Sie müssen sich ganz einfach geirrt haben.«
    »Aber er hatte doch bestimmte Auffassungen? Ganz allgemein?«
    »Ja. Er war der Ansicht, daß unsere Gesellschaftsordnung dabei war, zusammenzubrechen. Weil das Regime versagt hat.« Das war eine Meinung, die man ihm kaum verdenken konnte. Die Sache war nur, daß Stig Nyman zu der Minderheit gehörte, die mit Sicherheit alles noch viel schlimmer machen würde, wenn sie die Gelegenheit dazu

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