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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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bekäme.
    »Haben Sie sonst noch etwas?« fragte Anna Nyman. »Ich hab leider noch eine ganze Menge zu erledigen.«
    »Nein. Jedenfalls nicht im Augenblick. Es tut mir leid, daß ich gezwungen war, Sie nochmals zu bemühen.«
    »Macht nichts.« Das klang nicht besonders überzeugend.
    »Das einzige wäre, daß wir Sie vielleicht noch bitten müssen, diese Stimme zu identifizieren.«
    »Die vom Ersten Polizeiassistent Hult?«
    »Ja. Meinen Sie, daß Sie sie wiedererkennen werden?«
    »Das ist gut möglich. Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen.« Martin Beck schob das Telefon von sich weg. Strömgren trat mit einer weiteren Akte ein. Rönn stand am Fenster und starrte hinaus, die Brille war `hm auf die Nasenspitze gerutscht.
    »Ach du«, sagte er seelenruhig. Auch ein Kommentar.
    »Zu welcher Waffengattung gehörte Hult, als er Berufssoldat war?«
    »Zur Kavallerie«, antwortete Rönn.
    Das Paradies aller Kameradenschinder.
    »Und Eriksson?«
    »Der war bei der Artillerie.« Fünf Sekunden war es still, dann fragte Rönn: »Denkst du an das Seiten gewehr?«
    »Ja.«
    »Hab ich mir doch gedacht.«
    »Wie meinst du das?«
    »Nun, für 5 Kronen kann jeder sich so `n Ding kaufen. Aus alten Armeebeständen« Martin Beck schwieg.
    Er hatte nie viel von Rönn gehalten, war aber auch nie auf die Idee gekommen, daß der andere ebenso empfand.
    Es klopfte zaghaft an der Tür. Melander.
    Wahrscheinlich der einzige auf der ganzen Welt, der an seiner eigenen Tür klopfte.
    Lennart Kollberg beunruhigte der Zeitfaktor. Er hatte das Gefühl, als ob irgend etwas Dramatisches kurz bevorstand, aber bis jetzt hatte nichts den normalen Verlauf der Ermittlungen unterbrochen. Die Leiche war weggeschafft und der Fußboden gründlich gereinigt worden. Die blutige Bettwasche hatte man abgezogen. Das Bett war auf dem Gang in die eine Richtung weggeschoben worden und der Nachttisch in die andere. Kriminalbeamte hatten alle persönlichen Habseligkeiten in Plastikbeutel gesteckt, die dann in einem Sack verstaut worden waren. Der stand draußen auf dem Flur und wartete darauf, daß jemand ihn abholte. Die Untersuchung des Tatort war abgeschlossen, und nicht einmal eine mit Kreide auf den Fußboden ge-malte Umrißzeichnung erinnerte noch an den verstorbenen Stig Nyma. Diese Methode war veraltet und wurde nur noch in Ausnahmefällen angewandt. Die einzigen, die sie vermißten, waren vermutlich die Pressefotografen.
    Im Krankenzimmer zurückgeblieben war praktisch nur noch der Besucherstuhl, und darauf saß er selbst und dachte nach.
    Was macht ein Mensch, der getötet hat? Aus Erfahrung wußte er, daß es auf diese Frage eine Vielzahl von Antworten gab.
    Kollberg hatte selbst einmal einen Menschen umgebracht. Was hatte danach getan? Er hatte lange und grundlich nachgedacht, wirklich jahrelang, und dann hatte er seine Dienstpistole und den Waffenschein allem drum und dran abgegeben und seinen Vorgesetzten erklärt, daß er nie mehr bewaffnet auftreten würde. Das war eine ganze Reihe von Jahren her. Das letzte Mal, daß er eine Pistole bei sich gehabt hatte, war im Sommer 1964 in Motala gewesen, als sie im Mordfall einer amerikanischen Touristin ermittelten. Und trotzdem geschah es hin und wieder, daß er an jenen unglückseligen Moment denken mußte. Zum Beispiel, wenn er in den Spiegel sah. Da steht ein Mensch, der getötet hat.
    Im Verlauf seiner langen Dienstjahre hatte er so vielen Mördern und Totschlägern Auge in Auge gegenübergestanden, daß er sie nicht mehr zählen konnte. Ihm war bewußt, daß es für das Verhalten eines Menschen nach einer Gewalttat unendlich viele Möglichkeiten und Muster gab. Einige mußten sich übergeben, andere aßen gut zu Mittag und wieder andere nahmen sich das Leben. Manche verloren den klaren Kopf und flohen irgendwohin, und ein paar gingen ganz einfach nach Hause und legten sich aufs Ohr.
    Von solchen Überlegungen aus die Fahndung aufzubauen, war nicht nur bedenklich, sondern auch für die beruflich mit einer solchen Aufgabe betrauten ein schwerer Fehler; die ganze Ermittlungsarbeit konnte in eine falsche Richtung gelenkt werden.
    Irgend etwas bei den Umständen, unter denen Nyman gestorben war, machte ihn allerdings mißtrauisch, und er fragte sich, wohin der Mann mit dem Bajonett nach der Tat verschwunden war und was der Betreffende gerade jetzt tat.
    Welche Umstände waren das? Einerseits die rein äußerliche Gewaltanwendung, die der Ausdruck mindestens ebenso gewalttätiger Gefühle war und demnach

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