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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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schlimmsten Trauer vorüber war. Statt dessen wurde er immer unausstehlicher, nörgelte herum, war schlechter Laune und erledigte seine Arbeit übertrieben pedantisch. Er fing an, Briefe mit Beschwerden, Drohungen und Beschuldigungen zu verschicken, und lange Jahre hindurch hat er das periodisch wiederholt. Wir haben wohl alle solche Briefe bekommen, nehme ich an.«
    »Ich nicht«, widersprach Rönn.
    »Du hast vielleicht keinen an dich selbst adressierten bekommen, aber die an das Dezernat für Gewaltverbrechen gerichteten hast du sicher gesehen, nehme ich an.«
    »Doch.«
    »Es fing damit an, daß er Nyman und Hult beim Justizombudsmann anzeigte. Diese Anzeige hat er mehrmals eingeschickt. Dann hat er alle möglichen Leute wegen Dienstvergehen angezeigt, sogar den Oberstatthalter. Mich hat er angezeigt und dich, Martin, auch. Stimmt's?«
    »Stimmt. Weil ich keine Ermittlungen wegen des Mordes an seiner Frau eingeleitet habe. Das ist schon lange Zeit her, und ich hatte ihn tatsächlich vergessen.«
    »Als ungefähr ein Jahr seit dem Tod seiner Frau vergangen war, hatte er sich in seinem Revier so unmöglich gemacht, daß der Kommissar dort seine Versetzung beantragte.«
    »Was hat er denn für Gründe angegeben?« fragte Martin Beck. »Der Kommissar war ein feiner Kerl und hatte offensichtlich bei vielen Dingen, die Eriksson betrafen, beide Augen zugedrückt. Aber schließlich ging es nicht mehr so weiter, auch wegen der anderen Jungs nicht. Er sagte, daß Eriksson das Arbeitsklima verderbe, daß es für die Männer schwierig sei, weiter mit ihm zusammenzuarbeiten, und daß es darum besser sei, wenn er in einen ganz neuen Distrikt käme, wo er sich vielleicht besser zurechtfände. So ungefähr war das formuliert. Also wurde Eriksson im Sommer 1962 in ein anderes Revier versetzt. Dort machte er sich auch nicht besonders beliebt, vor allem deckte ihn der neue Chef nicht in der gleichen Weise, wie der andere es getan hatte. Seine Kameraden beschwerten sich über ihn und er bekam diesen und jenen Punkt angekreidet. «
    »Weshalb?« wollte Martin Beck wissen. »Hat er Zivilpersonen zu hart angefaßt?«
    »Das nicht. Er war nie brutal, eher zu freundlich, meinten viele. Er verhielt sich vollkommen korrekt allen gegenüber, mit denen er zu tun hatte. Nein, der Fehler war offenbar seine lächerliche Kleinlichkeit. Er konnte sich stundenlang mit Dingen befassen, die in einer Viertelstunde erledigt werden konnten. Er verbiß sich in Nebensächlichkeiten, und es konnte passieren, daß er gegebene Befehle einfach nicht befolgte und sich statt dessen mit ganz anderen Sachen befaßte, die ihm selbst wichtiger schienen. Er überschritt seine Befugnisse, indem er sich in Dinge einmischte, deren Erledigung anderen Kameraden übertragen worden war. Er beurteilte und tadelte sowohl die Arbeitsweise seiner Kameraden als auch die seiner Vorgesetzten; tatsächlich liefen alle seine Beschwerden und Anzeigen darauf hinaus, daß die Leute von der Polizei ihre Arbeit nicht vorschriftsmäßig taten. Vom Aspiranten in seinem eigenen Revier bis zum Polizeimeister. Sicher hat er sich auch über den Innenminister beschwert, der ja damals der oberste Befehlshaber der Polizei war.«
    »Hat er sich denn selbst für perfekt gehalten?« erkundigte sich Rönn. »Vielleicht litt er an Größenwahnsinn.«
    »Ich bin, wie gesagt, kein Psychiater. Aber es scheint so, als ob er nicht nur Nyman und seine Leute, sondern alle Polizeibeamten für den Tod seiner Frau verantwortlich machte.« Martin Beck ging zurück zum Aktenschrank und nahm seine Lieblingsstellung mit einem Arm auf dem Schrank wieder ein.
    »Du meinst, daß er einem Polizeikorps, in dem so etwas passieren kann, ganz einfach die für diesen Beruf notwendige Qualifikation abgesprochen hat.« Melander nickte und sog an seiner Pfeife, die ausgegangen war. »Das könnte ich mir gut vorstellen.«
    »Weiß man etwas über sein Privatleben während dieser Zeit?« fragte Martin Beck.
    »Nicht viel. Er war ja so etwas wie ein einsamer Wolf und hatte keine Freunde unter den Kollegen. Die Lehrgänge der Freiwilligen-Unterführer-Ausbildung hatte er seit seiner Eheschließung nicht mehr besucht. Nur sein Schießtraining verfolgte er weiter, aber darüber hinaus beteiligte er sich n'cht an den sportlichen Veranstaltungen der Polizei.«
    »Wie war es mit seinen persönlichen Verhältnissen? Er hatte doch eine Tochter, die jetzt - wie alt ist?«
    »Elf«, warf Rönn ein.
    »Ja«, fuhr Melander fort. »Um die

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