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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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kümmerte er sich nun ganz allein. Die Wohnung, die seine Frau und er sich nach der Eheschließung genommen hatten, hatte er behalten.« Melander hatte keine Kinder, aber Rönn und Martin Beck dachten an die täglichen Schwierigkeiten, die ein alleinstehender Vater hat, der dazu noch bei der Polizei ist.
    »Hatte er denn niemanden, der auf das Kind aufpaßte, beispielsweise, wenn er im Dienst war?« fragte Rönn mißtrauisch.
    Sein Sohn war gerade sieben Jahre alt geworden. Während dieser sieben Jahre hatte sich Rönn öfter, vor allen Dingen im Urlaub und an freien Tagen, darüber gewundert, wie es ein Kind in bestimmten Perioden seines Lebens fertigbrachte, zwei erwachsene Menschen von morgens bis abends ununterbrochen zu beschäftigen.
    »Bis 1964 hatte er für die Kleine einen Platz in einer Kindertagesstätte. Da seine beiden Eltern noch am Leben waren, konnten sie auf das Kind aufpassen, wenn er Abend oder Nachtdienst hatte.«
    »Und später? Nach 1964? Wie ist es ihm da ergangen?« Martin Beck sah Melander fragend an.
    »Er wurde im August 1964 rausgeschmissen. Keiner hat ihn vermißt. Diejenigen, die mit ihm zu tun hatten, wollten ihn so schnell wie möglich vergessen. Aus diesen oder jenen Gründen.«
    »Weiß man, welche Arbeit er danach gefunden hat?« fragte Martin Beck.
    »Er hat sich im Oktober des gleichen Jahres um einen Nachtwächter-Posten beworben, aber ich weiß nicht, ob er den Job bekommen hat. Dann haben wir ihn aus den Augen verloren.«
    »Hat man ihn rausgeschmissen, weil das Maß voll war oder warum sonst?« wollte Rönn wissen.
    »Wie meinst du das?«
    »Ich meine, hatte er zu viele Minuspunkte bekommen oder hatte er was Besonderes angestellt?«
    »Das Maß war natürlich übervoll, aber der direkte Anlaß für seine Entlassung war ein Verstoß gegen die Disziplin. Am Freitag, den 7. August, war Äke Eriksson nachmittags als Posten vor der amerikanischen Botschaft eingeteilt worden. Vergeßt nicht, daß sich alles im Jahre 1964 abspielte, noch ehe die großen Demonstrationen gegen den Krieg in Vietnam begonnen hatten. Damals hatte man, wie ihr euch sicher erinnern könnt, nur einen Einzelposten routinemäßig als Wache vor der US- Botschaft. So was übernahmen die Kameraden ungern, war ja auch langweilig, da rumzustehen oder auf und ab zu latschen.«
    »Aber damals war es noch nicht verboten, mit dem Gummiknüppel in der Öffentlichkeit zu jonglieren«, unterbrach Martin Beck.
    »Ich kann mich besonders an einen Mann erinnern«, sagte Rönn. »Der war einmalig geschickt. Wenn Eriksson genauso gut gewesen ist, hätte er vielleicht im Zirkus damit auftreten können.« Melander blickte nachlässig zu Rönn hinüber, dann sah er auf seine Armbanduhr. »Ich habe Saga versprochen, daß ich zum Mittagessen zu Hause bin. Wenn ich jetzt weitermachen kann…«
    »Entschuldige, mir fiel nur dieser Kerl ein«, murmelte Rönn. »Sprich weiter.«
    »Wie gesagt, Eriksson sollte die Botschaft bewachen, aber darum kümmerte er sich ganz einfach nicht. Er ging hin und löste den Kollegen ab, der die Wache vor ihm gehabt hatte. Und dann machte er sich einfach aus dem Staub. Die Sache war so, daß Eriksson einige Wochen vorher alarmiert worden war und zu Fredrikshovsgatan gefahren war, wo man einen Hausmeister im Keller tot aufgefunden hatte. Er hatte einen Strick um ein Rohr im Heizungsraum gelegt und sich daran aufgehängt, ganz zweifellos ein Selbstmord. In einem verschlossenen Kellerraum fand man ein Lager von gestohlenen Gegenständen: Kameras, Radio und Fernsehgeräte, Möbel, Teppiche, Bilder, na eben ein Haufen mit Sachen, die im Laufe des vorhergehenden Jahres gestohlen worden waren. Der Hausmeister war Hehler, und innerhalb von wenigen Tagen konnte man auch die Einbrecher festnehmen, die seinen Keller als Versteck benutzten. Eriksson hatte damit nur insofern zu tun, als er nach dem Alarm mit einer Streife hinfuhr; als er und seine Kollegen den Tatort abgesperrt und unsere Leute hingerufen hatten, brauchten sie nur noch ihre Meldung über den Selbstmord zu schreiben, und die Sache war für sie ausgestanden. Aber Eriksson bildete sich ein, daß nicht alles ordnungsgemäß bearbeitet worden war. Wenn ich mich richtig erinnere, glaubte er teils, daß der Hausmeister ermordet worden war, teils, daß er noch weitere Mitglieder der Einbrecherbande fassen könnte. Statt vor der Botschaft zu patrouillieren, die er eigentlich gar nicht hätte verlassen dürfen, verbrachte er den ganzen Nachmittag damit, die

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