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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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wußten von dieser Leidenschaft.
    Der eine war Kvant, denn zwei Männer in einem Streifenwagen sind in hohem Maße aufeinander angewiesen und sind nicht in der Lage, Geheimnisse voreinander zu verbergen. Die andere Person war Kristianssons Frau, die Kerstin hieß und dem gleichen Laster verfallen war. In der Tat vernachlässigten die beiden seit einiger Zeit sogar ihr Sexualleben, denn sie verbrachten fast ihre gesamte gemeinsame freie Zeit damit, Tippzettel auszurollen und unglaublich komplizierte Systeme auszuarbeiten, die auf einer Kombination von Wahrscheinlichkeitsfaktoren und durch Zufall entstandenen Reihen basierten. Letztere stammten von den minderjährigen Kindern der beiden, die die Zahlen mit nur für diesen Zweck angefertigten Würfeln ermittelten.
    Am Kiosk kaufte Kristiansson Idrottsbladet und zwei andere Sportzeitungen sowie eine Maus aus Weingummi für Kvant. Mit der rechten Hand steckte er das Wechselgeld ein. In der linken hielt er die Zeitungen, und während er sich wieder dem Auto zuwandte, überflog er die erste Seite von Alla Rätts. Er hatte sich völlig auf die Frage konzentriert, wie seine Favoritenmannschaft Millwall das schwere Auswärtsspiel gegen Portsmouth an diesem Tag durchstehen würde, als er eine schmeichlerische Stimme sagen hörte:
    »Herr Kommissar, Sie haben dies hier verloren.« Kristiansson merkte, wie etwas seinen Jackenärmel berührte. Automatisch zog er die rechte Hand aus der Tasche und schloß die Finger um einen Gegenstand, der auffallend kalt und klebrig war. Zuckte zusammen, blickte auf und sah zu seinem nicht geringen Schrecken Röven neben sich stehen.
    Dann sah er sich den Gegenstand in seiner Hand an.
    Karl Kristiansson stand auf einem öffentlichen Platz, um sich herum viele Leute, er war im Dienst, trug die Uniform mit blanken Knöpfen und ein Koppel, an dem in einer weißen Tasche die Pistole und in einer Schlaufe der Gummiknüppel hingen. In der Hand hielt er eine gekochte Schweinepfote.
    »Jedem das Seine! Hoffentlich paßt se! Sonst kannst du se dir in Arsch stecken!« Brüllte Röven und bog sich vor Lachen.
    Röven war ein Bettler und Hausierer ohne festen Wohnsitz. Seinen Spitznamen, der soviel wie »Hintern« bedeutete, hatte er aus naheliegenden Gründen erhalten, denn sein betreffender Körperteil war so gewaltig, daß Kopf, Arme und Beine wie unbedeutende Anhängsel wirkten. Er war nicht größer als einsfünfzig, und damit 36 Zentimeter kleiner als Kristiansson und Kvant. Was den Mann so abstoßend machte, war allerdings nicht sein Wuchs, sondern seine Kleidung. Röven trug zwei Mäntel, die bis zu den Fußen reichten, drei Jacken, vier Hosen und fünf Westen, wodurch er zusammen ungefähr 50 Taschen hatte. Er war bekannt dafür, daß er unter anderem nicht unbedeutende Summen in bar mit sich herumtrug, stets in Münzen und immer höchstens Zehn-Öre-Stücke.
    Kristiansson und Kvant hatten Röven bisher bereits genau elfmal festgenommen, aber nur zweimal hatten sie ihn zur Wache gebracht. Nämlich die beiden ersten Male, und damals auch nur aus Unkenntnis und Mangel an Erfahrung.
    Beim erstenmal hatte er 1230 Ein-Öre-Stücke, 2037 Fünf-Öre-Stucke und ein einziges Zehn-Öre-Stück in 43 Taschen gehabt. Die Durchsuchung hatte drei Stunden gedauert, und bei der nachfolgenden Gerichtsverhandlung war er immerhin zu einer Strafe von 10 Kronen wegen Beamtenbeleidigung verurteilt worden, außerdem war die Schweineschnauze, die er auf den Kühler des Streifenwagens gelegt hatte, von Amts wegen eingezogen worden; aber Kristiansson und Kvant hatten vor Gericht als Zeugen erscheinen müssen, noch dazu an einem ihrer freien Tage.
    Der zweite Fall war nicht so glimpflich abgelaufen. Röven hatte diesmal nicht weniger als 3 20 Kronen und 93 Öre in 62 Taschen. Die Durchsuchung hatte ganze sieben Stunden gedauert, und um das Maß voll zu machen, war er danach von einem Richter freigesprochen worden, der jederlei Verständnis vermissen ließ, keinen Sinn für den Klang und die Eigenheiten des Dialekts der Leute aus Skane hatte und der deshalb nichts Diffamierendes und keine Schmähung in den mundartlichen Ausdrücken erkennen konnte. Als Kvant unter großen Schwierigkeiten eines der von Rover gebrauchten Worte in »Jauchewagen« übersetzt hatte, sah sich der Richter veranlaßt, mit säuerlicher Miene darauf hinzuweisen, daß Kristiansson und nicht der Streifenwagen mit diesem Ausdruck bedacht worden war und das Gericht es für unwahrscheinlich hielt, daß man

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