Das Elbmonster (German Edition)
verweisen. Über Landesgrenzen hinausgehende finanzielle Hilfen sind ihm ebenso selbstverständlich.
All das ist den Meißnern und erst recht den Teilnehmern an der Festveranstaltung im Theater, die ja noch währt, hinreichend bekannt. Sie wissen auch, woher das viele Geld kommt, das er so großzügig ausgibt.
In materieller Hinsicht konnte er von seinen lieben Eltern absolut nichts erben, denn sie gerieten unversehens selbst in die bitterste Armut und verließen kurz darauf unfreiwillig das irdische Gefilde. Dagegen waren sie glücklicherweise mit Herzensbildung reichlich gesegnet, und das hatte sich charakterformend besonders auf ihren ersten und später noch ein wenig auf ihren zweiten Nachwuchs übertragen. Weitere Verwandte oder sonstig nahe Stehende vermittelten ihm ebenfalls keinerlei finanzielle Hinterlassenschaften.
Einen nennenswerten Lottogewinn konnte er bisher nicht verbuchen. Dunkle Machenschaften irgendwelcher Art, um Geld zu erlangen, sind ihm wesensfremd.
Vielleicht beschäftigt er als Unternehmer andere Menschen und beutet sie für seine Zwecke skrupellos aus? Dies erscheint doch jetzt auch auf dem Territorium der ehemaligen DDR als völlig normal und daher keineswegs anrüchig, nachdem die Vision vom humanen Sozialismus sicherlich noch in manchen Köpfen spukt, aber der Versuch ihrer praktischen Umsetzung aus vielerlei Gründen kläglich scheiterte. Auch das entspräche ganz und gar nicht seiner Lebensphilosophie, die in Kurzfassung lautet: „Vielen helfen, keinem schaden.“
Möglicherweise übervorteilt er gar fremde Völker und Länder, wie es doch seit ewigen Zeiten gang und gäbe ist, um Reichtum daraus zu schöpfen? Schon dieser Gedanke ist ihm vollkommen abwegig.
Allenfalls schädigt er die größten legalen und daher bestens organisierten Körperschaften von skrupellosen Abzockern, indem er tolldreist Banken ausraubt oder im großen Stil Versicherungen betrügt? Das wäre gewiss äußerst waghalsig. Doch Nachteile hätten die genannten Einrichtungen nicht, denn sie kennen genügend bewährte Methoden, ihren Verlust den Kunden aufzubürden, und zwar so, dass sie obendrein noch einen reichlichen Gewinn einfahren. Brecht lässt grüßen: „Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank.“ Und Kästner würde sagen: „Sie schwängern ihr eigenes Geld.“
Nebenbei bemerkt, auch unser („von drüben“ zugereister) Chef des Sparkassenverbundes machte seinem Namen alle Ehre. Er heißt bezeichnenderweise Habicht (scherzhaft gemeint, denn für seine Benennung kann ja keiner!).
Dazu kurz ein Beispiel, mit dem fast jedermann durch eigene Erfahrung vertraut sein müsste:
Für ihre Einlagen auf den Girokonten erhalten die Bürger absolut nichts an Zinsen gutgeschrieben, egal, wie viel und wie lange sich etwas von ihren Moneten darauf befindet. Sobald jedoch einer sein Guthaben überzieht, wird vonseiten der „Geldvermehrer“ (!) sofort kräftig zugelangt. Prozentual sind das immerhin zweistellige Beträge, wenigstens zwölf von hundert, meist noch höher. Davor schützt auch kein Dispositionskredit.
„Und was soll das?“, fragen jetzt vielleicht einige Leser, indem sie meinen, das sei doch völlig normal, weil generell anzutreffen. Überdies könnten sie mir vorwerfen, ich wäre einfältig genug, wenn ich mein „Tagegeld“ nicht besser anzulegen wüsste, etwa bei Direktbanken, wo zumindest ein kleiner Zinssatz gewährt wird. Ja, das ist mir bekannt, und ich nutze es auch. Gleichwohl ändert das nichts an der soeben getroffenen Feststellung.
Nun darf ich unter keinen Umständen versäumen, noch ein paar Worte über unseren früheren, sogar namentlich erwähnten Boss der Finanzen zu vermitteln, denn es wäre keineswegs fair, ihn allein im Lichte der obigen Charakteristik zu sehen. In seiner Funktion musste er so handeln. Das steht außer Zweifel. Hätte ich einen solchen Posten, bliebe mir auch nichts anderes übrig. Ansonsten ist man schnell weg vom Fenster. Wir alle wissen das. Es herrscht eben Marktwirtschaft, und die hat ihre eigenen Normen.
Also bitte nichts für ungut, lieber Waldemar Habicht! Ihren unermüdlichen Einsatz zum Wohle unserer Stadt und der Bewohner kennt hier beinahe jeder. Ebenso viele wissen das lobend und dankbar zu schätzen, selbstredend auch ich. Sonach ist es uns abermals ein aufrichtiges Bedürfnis, dem ehrenwerten Mann einen langjährigen Genuss seines wohlverdienten Ruhestandes zu wüschen, in dem er sich inzwischen
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