Das Elbmonster (German Edition)
befindet. Möge ihn der Herbst des Lebens noch mannigfach mit Freuden beschenken!
Oh, das war doch wieder einer von meinen beliebten gedanklichen Schlenkern, quasi abermals ein kleiner Abstecher und kein geradliniger Verlauf der Kriminalerzählung! Mir gegenüber müsste ich das freilich nicht rechtfertigen. Warum auch? Sollten indessen andere entsprechende Bedenken äußern, würde ich etwa wie folgt dagegenhalten: Auch Umwege sind reichlich mit Verlockendem bestückt, und nur diejenigen nehmen das nicht wahr, die entweder furchtbar hektisch durch die Landschaft jagen oder schon derart abgestumpft sind, dass ihnen davon manch Interessantes entgeht, weil sie von seiner üppigen Fülle einfach nichts mehr bemerken. Schade drum, denn auch gelegentliche Richtungsänderungen haben ihren eigenen Reiz, auch wenn sie uns mitunter noch so belanglos erscheinen mögen!
Verlassen wir demzufolge nun wieder die ohnehin kurze Umgehungsstraße und ergreifen gemeinsam den sogenannten roten Faden der Handlung, welcher ja in Wirklichkeit bislang kein einziges Mal gerissen ist, auch wenn ich vielleicht hin und wieder den Eindruck erweckt haben sollte! Und ich verspreche, das wird auch künftig nicht passieren!
Nach den potenziellen Geldquellen unseres rätselhaften Freundes suchend, lautete die letzte Frage, ob er denn eventuell als Räuber oder Betrüger in Betracht käme. Und meine Antwort darauf heißt eindeutig: Nein, bewusste Gesetzesverletzungen sind ihm ein Gräuel, zumal dabei auch Menschen bestimmte Schäden erleiden könnten.
Dann ist er wahrscheinlich ein besonders erfolgreicher Börsenspekulant? Eine solche Quelle kann trotz aller Raffinesse auch plötzlich versiegen. Also wiederum nichts für ihn.
Endlich könnte er doch auch in guter Absicht als Bittsteller auftreten, etwa über einen eingetragenen Verein? Auch das ist hierzulande mittlerweile allgegenwärtig. Schluss damit, nichts dergleichen! Eingeweihte wissen das, und andere werden es noch rechtzeitig erfahren.
Wegen seiner beispielgebenden Handlungsweise will ihn eine wundersame Gruppe, die ihn abgöttisch verehrt, schon während seiner Erdentage ein bleibendes Denkmal setzten. Doch er verwahrt sich strikt und bislang auch erfolgreich dagegen. Wer weiß, wofür dies noch gut sein wird. Vermutlich würden ihn dieselben Leute schnell wieder vom Sockel stoßen, auf den sie ihn zuvor respektvoll gehoben haben, nachdem sie erfahren, dass just in diesem Manne noch eine zweite, gänzlich anders wirkende Gestalt verborgen ist. Hat er ein Janusgesicht?
Ihnen, meine verehrte Leser, jetzt unverzüglich eine goldene Brücke bauend, wenden wir uns nun wieder direkt dem eigentlichen „Schlachtfeld“ zu, nämlich der weiteren Suche nach den Ursachen der mysteriösen Vorkommnisse in Meißen. Schließlich ist man bei deren Aufklärung noch keinen bedeutenden Schritt vorangekommen, obwohl seit ihrem Bekanntwerden bereits reichlich Zeit verfloss, für die davon unmittelbar Betroffenen unerträglich viel. Seither wird auch die Bevölkerung der Stadt wiederholt von schlimmen Albträumen geplagt. Bislang ist nichts von ihren entsprechenden Ängsten und Sorgen gewichen. Diese haben sich unterdessen eher noch verstärkt. Mehr denn je bestimmen ungewollt heraufbeschworene dämonische Kräfte den Alltag der Menschen.
Im Verlauf ihrer langen Geschichte hat die Ortschaft allerlei Erschütterungen erfahren, vornweg Kriege, Brände und Hungersnöte, worunter die Bewohner furchtbar leiden mussten. Aber eine solche oder ähnliche Tragödie, wie sie uns seit nunmehr fast dreizehn Jahren begegnet, hat es hier bisher noch nicht gegeben. Sie ist geradezu einmalig und damit beispiellos. Natürlich wird eines Tages auch dieses Problem behoben sein, denn es hat alles seine Frist hinsichtlich des Entstehens, seiner Existenz und der Auflösung. Doch es ist noch nicht abzusehen, wann das sein wird und wie es geschieht. Darum ist die Wirkung seines jetzigen Daseins ungeheuerlich.
Es gibt ja Ereignisse und Zustände, bei denen man sich wünscht, sie mögen ewig währen, was letztlich auch nur einer trügerischen Illusion gleichkommt, und andere, die am besten niemals hätten eintreten dürfen. So ist unser Leben. Zu ihm gehören mitunter auch harte Schicksalsschläge. Der eine geht gestärkt aus ihnen hervor, der Nächste wird vernichtet, und einige vegetieren schließlich weiter, als wäre nichts geschehen.
Wir wollen genau verfolgen, wie sich das in Meißen vollzieht und warum es
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