Das Elbmonster (German Edition)
mich schnellstmöglich eines Besseren zu belehren! Ich versichere, für hinreichend begründete und daher überzeugende Argumente bleibe ich jederzeit zugängig.
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Apropos Dresden und das unerquickliche Thema „Walschlösschenbrücke“:
Neulich wandelte ich wieder einmal frohen Mutes in unserer prächtigen Landesmetropole vom Hauptbahnhof kommend über die Prager Straße in Richtung Altmarkt. Wie immer genoss ich das pralle Leben auf dem rastlosen Boulevard. Doch plötzlich traute ich meinen Augen nicht, als mir eine größere Gruppe von Menschen völlig unterschiedlichen Alters nahezu wortlos entgegenschlenderte. Ihre Gesichter waren durchweg von seltsamen Masken getarnt. Nach genauerem Hinsehen entdeckte ich, dass die merkwürdige Verhüllung unverkennbar der Kleinen Hufeisennase glich, jener Fledermausart, die ehedem als Argument herhalten musste, um über einen juristischen Weg den Baubeginn der erwähnten Brücke über die Elbe zu verzögern (obwohl an der betreffenden Stelle bisher kein einziges Exemplar davon gefunden wurde). Es handelte sich zweifelsohne um beherzte Bürger, die anscheinend auf ihre spezielle Art gegen das seit jeher heftig umstrittene Vorhaben protestierten. Interessant und anerkennenswert war das allemal!
Dessen ungeachtet sei mir hierzu die nachstehende Frage erlaubt, um sogleich meine persönliche Sicht des konfliktbeladenen Geschehens zu dokumentieren:
Seit wann sind denn Brücken eine „Kulturschande“? Sie verbinden doch von jeher Landschaften, Stadtteile und Menschen miteinander, überwinden sonach deren naturbedingte Trennung. Überdies zeugen sie vom architektonischen Können ihrer Bauherren. Und falls wir über derlei Überführungen schreiten, empfinden wir doch allemal mehr Freude, als etwa durch einen Tunnel zu eilen. Kurzum, ich bin ein überzeugter Befürworter des heiß umstrittenen Vorhabens (wobei ich rein wirtschaftliche Faktoren bewusst vernachlässige, weil ich davon im konkreten Falle viel zu wenig Ahnung habe).
Und weiter geht’s! Nochmals hin zu bereits angerissenen Themen!
Jenes Niveau, das vormals begnadete Altmeister setzten und auch relativ lange hielten, darunter ganz bestimmt einer der Pioniere des TV-Interviews in deutschen Landen, der inzwischen leider verstorbene Günter Gaus („Zur Person“), war bei den oben Genannten bislang freilich ebenso selten vernehmbar wie bei den meisten anderen.
Dafür liegt die Messlatte jetzt und demnächst schlichtweg noch zu hoch, und mögen Einzelne, die man gelegentlich zwecks allgemeiner Bewunderung regelrecht zu Idolen erhebt, noch so sehr vor aller Öffentlichkeit gelobt und bejubelt werden. Es ist ja hinreichend bekannt, wie und vor allem warum man ununterbrochen „Publikumslieblinge“ erzeugt (und bei zu geringer Nachfrage manchmal auch bewusst wieder fallen lässt).
Das gilt heute mehr denn je, weil rein ökonomische Interessen generell zu den vermeintlichen Segnungen des Kapitalismus zählen. Nie zuvor waren derart ideale Bedingungen für die ungehemmte Entfaltung egoistischer Verhaltensweisen geboten. Diese sind jedoch nicht nur das Ergebnis unserer gegenwärtigen Verhältnisse, ein Resultat, das wir überall verspüren und welches uns bisweilen vielleicht auch sehr befremdet, sondern anscheinend zugleich eine wesentliche Voraussetzung für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der modernen bürgerlichen Gesellschaft.
Inwiefern das als tatsächlicher Fortschritt gepriesen werden kann, sei dahingestellt, vorerst jedenfalls. Mich befallen hierauf indessen enorme Zweifel.
Während früher der selbstlose Einsatz für das Gemeinwohl noch als eine hohe Tugend galt, besonders unter den Preußen: „Alles, was du nur für dich tust, ist ganz unwichtig.“ (Marion Gräfin Dönhoff), dominiert inzwischen längst der rücksichtslose Eigennutz.
Daher stelle ich hierauf nochmals zur Diskussion: Selbst die Intimsphäre der Menschen ist davon zunehmend betroffen. So verzichten mittlerweile immer mehr Frauen (und deren Partner) absichtlich auf den eigenen Nachwuchs. Mögen auch die Motive dafür verschieden sein, sicherlich in erster Linie Karrieregründe, egoistisch sind sie allemal und obendrein ein Vergehen an der Zukunft. Ob sich die Betreffenden darüber im Klaren sind oder nicht, bleibt vollkommen unerheblich. Dennoch sollte man mit irgendwelchen Schuldzuweisungen äußerst vorsichtig umgehen. Abgesehen davon, dass manche offenbar nicht ahnen,
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