Das Elbmonster (German Edition)
nachvollziehen könnten, die vom gleichen oder ähnlichen Schicksal betroffen waren respektive noch sind, und denen braucht man es nicht sonderlich zu erklären.
Da er trotz vielfachen Bemühens keine neue Anstellung fand, widmete er sich als nunmehr „freier Bürger“ auf Teufel komm raus dem Verfassen von Artikeln und Schriften in mancherlei Richtung. Seine diesbezüglichen finanziellen Erfolge waren und sind geradezu überwältigend, allerdings vorwiegend im Ausland und auch dort unter einem streng behüteten Pseudonym. Sicherlich wird jetzt niemand von mir erwarten, dass ich seinen Decknamen hier leichtfertig preisgebe. Indessen darf ich verraten, dass er ein politisch engagierter Autor ist und gewiss auch bleibt, solange ihm das Schicksal die Gunst des Schreibens gewährt. Es gehört zu seinem Credo, die eigene Lebens- und Welterfahrung in ihrer ganzen Komplexität aufzuzeigen, weil er meint, dass viele Leser durchaus noch den ehrbaren Anspruch haben, argumentativ überzeugt zu werden. Er sieht darin kein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Und die erstaunliche Wirkung seiner Publikationen gibt ihm recht, bestätigt seine Auffassung gegebenenfalls auch durch üppig sprudelnde Einnahmen.
Der Alltag lehrt, dass nahezu jeder Mensch erzählen, singen, malen oder schauspielern kann. Aber nur wenige vermögen es gut oder gar exzellent. Die Masse hat andere Stärken. So differenziert ist unser Leben. Und genau darin liegt sein besonderer Reiz.
Abel gehört zu jenen Kindern der Fortuna, die namentlich auf künstlerischem Gebiet über eine überdurchschnittliche Begabung verfügen, was sich freilich erst während der letzten Jahre deutlich offenbarte. Zwar war er früher als Dozent und Abteilungsleiter an einer speziellen Ausbildungsstätte für Kulturfunktionäre auch hinsichtlich solcher Lehrgebiete wie Ethik, Ästhetik und Kulturtheorie in persona verantwortlich, doch für eigene Veröffentlichungen blieben ihm kaum Zeit und Muße, obwohl ihn ein derart schöpferisches Tun immer schon reizte. Das änderte sich nach der Wende schlagartig. Seither wuchs seine einschlägige Karriere zusehends. Er hat sehr wohl das Talent, seine Publikationen so abzufassen, dass sie für eine halbwegs gebildete Hausfrau ebenso aufschlussreich bleiben wie für einen hoch dotierten Professor. Lesbarkeit und kritischer Anspruch sind für ihn die tragenden Säulen seines inzwischen vornehmlich literarischen Schaffens. Das Resultat gipfelt meist in einer wohlfeilen Lektüre für ehrgeizige Interessenten, weil er genügend Courage hat, des trägen Publikums, das nur leicht Verständliches wünscht, nicht zu gedenken. Insofern zeigt er sich im hohen Maße unbescheiden und nicht minder konsequent. Das zahlt sich aus, zumal ihn die grandiosen Erfolge, welche er mittlerweile vorzugsweise auf internationalem Terrain verbucht, mehr denn je darin bestärken, seiner originellen Vorgehensweise treu zu bleiben.
Dagegen ist man hierzulande seit geraumer Zeit anscheinend eher für die wundersamsten Ergüsse aus der Gilde der Reichen und Schönen empfänglich. Doch was soll’s? Jedes Volk hat nun einmal historisch konkret seine spezifischen Begehrlichkeiten. Es ist schon fast erstaunlich, dass Leute, die literarisch und auch sonst im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu sagen haben, wie etwa Günter Grass, überhaupt noch zur Kenntnis genommen werden, ganz zu schweigen von unseren Klassikern oder hervorragenden Vertretern anderer Völker und Nationen. Wenigstens unser Nobelpreisträger braucht glücklicherweise über einen Mangel an Sympathie, Nachfrage und vielfältiger Ehrerbietung nicht zu klagen. Er findet sein Auditorium, Interessenten, die ihm sehr zugetan sind, und das lässt hoffen.
Zwar hatte Abel auch bereits früher einige Publikationen herausgebracht, darunter Kurzbiografien zu Rudolf Diesel, Nikolaus August Otto und Thomas Alva Edison, aber die Einnahmen dafür hielten sich stets in engen Grenzen (für die soeben genannten Veröffentlichungen insgesamt sechshundert Mark).
Somit ging es ihm schon bald nach der Wende wieder richtig gut. Oder vielleicht doch nicht? Immerhin hatte er seine helle Freude daran, einen Großteil der redlich erworbenen Finanzen für Projekte auszugeben, die er sich von Herzen wünschte und mit denen er auch andere Menschen nach allen Regeln der Kunst glücklich machte. Das ist uns bereits in einem vorherigen Kapitel ausgiebig anvertraut worden. Jetzt wissen wir auch, aus welcher Geldquelle er
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