Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
Vom Netzwerk:
reichlich zu schöpfen vermag, um seine einzigartigen Vorhaben zu verwirklichen. Dafür muss er selbstredend überaus fleißig arbeiten, und eine gewisse Portion Talent gehört sicherlich auch dazu. Gleichwohl wäre es ein fataler Irrtum anzunehmen, er hätte inzwischen den Himmel auf Erden, könne doch rundum mehr als zufrieden sein, weil mit lauter Sternstunden gesegnet, da ihm die wunderbare Göttin Fortuna vermutlich unentwegt zur Seite stünde. Ach, ihr Lieben, wenn ihr wüsstet, was tatsächlich in ihm vorgeht!
     
     
    Mittwoch, erster Juni 2011, ein Tag vor Christi Himmelfahrt.
    Abel Kager sitzt wie so oft am vertrauten Platz seines kleinen Arbeitszimmers und sinniert mittlerweile über Gott und die Welt, da ihm zum eigentlichen Thema, mit dem er sich gerade schreibend beschäftigt, nichts Gescheites mehr einfällt, um es für potenzielle Interessenten festzuhalten.
    Es ist spät am Nachmittag, und ihn erfasst allmählich die nebulöse Kraft einer deutlich spürbaren Ermüdung, gegen die er vergeblich ankämpft, denn sie ist ungleich stärker als er und mag er noch so bärig den festen Willen haben, sich nicht in ihre Fänge zu begeben. Also braucht er dringend jene vielfach bewährte Abwechslung, die ihm umgehend frische Energie verleiht. Was liegt demzufolge näher, als dass er seine dösigen Augen langsam und dennoch gezielt auf die verwilderte Brache richtet, um erneut ihrem Zauber zu erliegen, wie er es inzwischen bereits mehrere Hundert Male erlebt hatte?
    Kaum schaut er sehnsüchtig hinüber, erscheint ihm nach wenigen Augenblicken seine faszinierende Traumgestalt Freyja, die ihn sofort unweigerlich gefangen nimmt, denn ihren diabolischen Reizen vermag er nicht zu widerstehen. Warum sollte er sich auch dagegen wehren, seiner wundersamen Gepflogenheit entsagen, welche ihm zum unbändigen Freudentaumel verhilft und obendrein seiner Erquickung dient?
    Schon ertönt ihr bekannter Lockruf: „Komm doch und zögere nicht länger! Es wird dir behagen und ebenso wohltun, wie es dir immer nützlich war. Beeile dich!“
    Inzwischen fast wieder hellwach, erhebt er sich mit zunehmend heißem Verlangen rasch von seinem Drehstuhl, hastet zum Wandschrank, um nach dem lädierten Rucksack zu greifen, in dem sich die erforderlichen Utensilien befinden. Kurz darauf rennt er die Treppen hinunter. Das macht er übrigens generell so, auch umgekehrt, selbst wenn er einiges zu tragen hat, sofern es nicht zu schwer ist, denn es belebe den Kreislauf und stärke das Herz, lautet seine Begründung gegenüber den Hausbewohnern oder Nachbarn, die ihn gelegentlich danach fragen, warum er seine Schritte nicht etwas mäßige. Aber sie akzeptieren seine Eigenart, machen sich allenfalls ein wenig darüber lustig. Dessen ungeachtet schätzen sie sein vorwiegend heiteres Gemüt ebenso wie seine ausgeprägte Hilfsbereitschaft. Zudem sind alle mit seinem sozialen Engagement hinlänglich vertraut, welches er seit Jahren überaus erfolgreich praktiziert. Dafür genießt er von den meisten aufrichtige Bewunderung, zumal keiner von ihnen ahnt, geschweige denn weiß, welch eine teuflische Macht in diesem Manne steckt.
     
    Abel Kager erreicht schnell die begehrte Brache, auf welcher sich derweil seine auserwählte Göttin der Liebe und Schönheit, die ungemein faszinierende Freyja, kraft ihrer mannigfachen Zauberkünste vor seinen erwartungsvoll leuchtenden Augen zu ihrer urwüchsigen Form verwandelt, nachdem sie ihn gehörig bezirzte und in den erwünschten Sinnesrausch versetzte. Das surreale Wesen, Abels Fantasiegeschöpf, löst sich abermals heimlich, still und leise in Brodem auf, aus dem es augenscheinlich hervortrat. Zusehends verblassen die betörenden Konturen holder Weiblichkeit und vereinen sich mit Gottes freier Natur.
     
    Derweil begeistern die urwüchsigen Gegebenheiten unseren rätselhaften Freund ebenso heftig wie sein persönliches Ritual, dem er seit mehr als zwei Jahrzehnten mit einer schier beispiellosen Inbrunst frönt. Niemand und nichts vermögen, ihn davon abzuhalten, seine eigentümliche Gepflogenheit konsequent zu wahren, weil sie ihm stets den nötigen Ausgleich zwischen Körper, Geist und Seele vermittelt und demgemäß zu seinem individuellen Wohlbefinden beiträgt.
    Im Nu findet er einen geeigneten Platz für einen Teil seiner gewohnten Hilfsmittel, legt sie behände nieder und läuft danach noch ungefähr fünfzig Meter weiter, um dort den Rest der Utensilien aus seinem ledernen Schulterbeutel zu nehmen. Das sind

Weitere Kostenlose Bücher