Das Elbmonster (German Edition)
achte ich die Menschen, selbst jene, die mir nicht unbedingt sympathisch sind (bis auf wenige Ausnahmen).
Einige verehre ich auch. In meinem Freundeskreis sowieso und darüber hinaus sogar Persönlichkeiten, die ich gar nicht direkt kenne, teils bislang nicht einmal gesehen habe.
Um das kurz zu verdeutlichen, blicken wir jetzt gemeinsam in mein Tageblatt, die „Sächsische Zeitung“! Sie ist immerhin seit gut fünfzig Jahren meine erste Informantin.
Dort erscheinen regelmäßig Artikel, partiell Kolumnen, die ich stets mit Interesse und Gewinn lese (Namen bleiben hier bewusst unerwähnt, weil gleich mehrere infrage kämen, zudem wechseln die Autoren gelegentlich).
Jedenfalls liegen wir nach meinem Empfinden oftmals weltanschaulich, politisch und kulturell quasi auf einer Linie (bilde ich mir zumindest ein), ohne mit unseren Ansichten generell identisch zu sein. Doch wer wollte mir ernsthaft übelnehmen, wenn ich solche Leute besonders mag und respektiere, obgleich ich sie deshalb noch lange nicht anbete? Ich bewundere ihr Können ebenso wie ihr couragiertes Auftreten und schätze besonders ihre humanistische Grundhaltung.
Dies gilt freilich auch für eine Vielzahl von weithin bekannten Vertretern des (früheren) öffentlichen Lebens, darunter ganz bestimmt für Alfred Biolek (wenngleich mich seine ausgeprägten Kochkünste und deren fulminante Präsentation nicht im Geringsten berührten).
Beim „Literaturpapst“ Marcel Reich-Ranicki hingegen hatte ich insofern gewisse Bedenken, als er bisweilen zur Instanz erhoben wurde oder sich vielleicht recht eigenwillig selbst dazu machte, quasi als Scharfrichter des schöngeistigen Schrifttums zum Oberzensor emporstieg. So etwas kann auf Dauer nicht gut gehen, und es ist ja auch verwerflich. Ansonsten dem brillant befähigten Manne allerhöchste Achtung! Dennoch waren und sind mir andere Exponenten seiner Gilde weitaus angenehmer. Darunter Sigrid Löffler, Iris Radisch und natürlich Elke Heidenreich (welch eine herausragende Förderin schöngeistiger Literatur!), also Persönlichkeiten, die sich nicht selbstgefällig mit dem Glorienschein vermeintlicher Unfehlbarkeit schmücken. Sie zeigen sich als Menschen wie du und ich, und genau das gefällt mir.
Von international renommierten Berühmtheiten in anderen künstlerischen Genres, wie etwa dem überragenden José Carreras, ganz zu schweigen. Sein soziales Engagement ist grandios. Ich verehre ihn.
Oje, stehen mir all diese Urteile überhaupt zu? Oder sind namentlich meine kritischen Äußerungen möglicherweise furchtbar anmaßend? Mag sein. Ich lösche sie trotzdem nicht und hoffe gegebenenfalls auf Nachsicht!
Apropos Reich-Ranicki: Als geradezu bravourös empfand ich seinen mutigen Auftritt während der Gala anlässlich der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2008 in Köln. Der kluge Mann sorgte ja völlig überraschend für einen Eklat, weil er die Entgegennahme der ihm zugedachten Ehrentrophäe für sein Lebenswerk kategorisch ablehnte.
Doch vorläufig wieder genug der gedanklichen Ausflüge und Zulagen! Richten wir unser Augenmerk lieber auf den hintergründigen Wohltäter in Meißen!
Nun ja, falls es denn stimmt, dass der Mensch von Natur aus faul ist und man alles andere als Produkt der Erziehung werten müsse, so wäre bei manchen Zeitgenossen augenscheinlich viel versäumt worden. Gewiss, auch der Müßiggang will gepflegt sein, um nicht zu verkümmern, nachdem man ihn schon sattsam kultiviert hat. Schließlich soll auch ihm eine bestimmte Daseinsberechtigung zugestanden werden, solange er sich nicht auf Kosten anderer stützt und allzu üppig mästet.
Gleichwohl ist hiervon bei Abel Kager niemals etwas zu spüren gewesen. Nicht das Minimalste eines parasitären Drückebergers fände bei ihm Anklang. Im Gegenteil, wenn ein Tag vergeht und er am selben Abend nicht ehrlichen Gewissens sagen kann, dass er irgendetwas Sinnvolles getan oder bewegt habe, so befällt ihn meist eine sonderbare Wehmut, die mitunter auch eine fast stumpfsinnige Depression auslöst, denn er fühlt sich zu nichts mehr nutze oder gar vollkommen überflüssig. Das ist heute nicht anders als früher, eigentlich noch schlimmer, obwohl er sich doch vom Alter her anstandslos zur Ruhe setzen könnte, um seine Seniorenzeit zu genießen. Aber das von manchen stark begehrte „süße Nichtstun“ wäre für ihn eher eine unerträgliche Strafe als ein erstrebenswertes Anliegen, solange er noch ziemlich bei Kräften
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