Das Elbmonster (German Edition)
hatten keine Chance, uns zu rächen, zumal der Vater und die älteren Geschwister gerade nicht anwesend waren und die Nachbarn davon nichts mitbekamen. Insofern verspürten wir unmittelbar nach der Hiobsbotschaft, welche sich schneller als ein Lauffeuer verbreitete und bald überall die Runde machte, eine Art persönliche Genugtuung über die Vergeltungsmaßnahmen, selbst wenn sie noch so teuflisch abgründig und daher völlig unangemessen waren. Dies empfanden wir damals freilich nicht so, denn wir glaubten eher, die Strafe wäre durchaus gerecht, weil in unserer Gegend das Prinzip der Selbstjustiz keineswegs anrüchig oder verpönt war.
Wie es ein wenig später hieß, verscharrten die in ihrer Ehre zutiefst verletzten und daher ungeheuer zornentbrannten Jünger irgendeiner Rachegöttin (Erinnye, Eumenide, Furie oder Nemesis) bald darauf die drei Leichname auf einem unwegsamen Gelände am Rande ihrer Siedlung. Schließlich hätten umherstreuende Hunde die Überreste der zuvor äußerst kaltblütig Ermordeten wieder herausgeschart und auch aufgefressen.
Obwohl wir an manch widerwärtige Begebenheiten halbwegs gewöhnt waren, offenbarte sich jenes grauenvolle Geschehnis namentlich für uns Kinder als der reinste Horror, der uns nicht nur maßlos erschütterte, sondern zugleich für immer in unseren gemarterten Hirnzellen einbrannte. Niemals werde ich die schauderhafte Erinnerung an den bestialischen Vorfall aus meinem Bewusstsein bannen können. Sie bleibt mir als eine außergewöhnliche und gleichermaßen unheimliche Begebenheit zeitlebens erhalten. Dessen ungeachtet sollten mich noch weitere Schicksalsschläge mit ähnlich makabren Folgen ereilen. Und ich vermag auch nicht die gängige Auffassung vorbehaltlos zu akzeptieren, wonach die Zeit alle Wunden heilen würde. Wenigstens hinsichtlich unserer psychischen Verletzungen meine ich, dass sie vereinzelt selbst nach Jahrzehnten wieder aufreißen können und uns mitunter zu Handlungen treiben, die normalerweise als unergründlich gelten und daher verstandesmäßig auch kaum nachvollzogen werden können. Aber dazu kommen wir später!
Fraglos verbleiben zuweilen auch weniger dramatische Kindheitserlebnisse in unserem Oberstübchen sicher verankert, erst recht, sobald sie einzigartig waren, wie beispielshalber das hier preisgegebene (dargeboten aus jetziger Sicht).
An einem sonnenklaren, milden Frühlingstag ließ sich unerwartet eine Schar vagabundierender Zigeuner ganz in der Nähe unserer Behausung nieder, um vorübergehend zu rasten. Das auffallend lustige Völkchen zählte etwa dreißig bis vierzig Personen, vornehmlich junge Erdenbürger. Es machte sich auf einem mit frischem Gras bewachsenen Hang bequem, und ich hatte zufällig Gelegenheit, hinter einer Hecke lauernd, sein teils exotisches Treiben eingehend in Augenschein zu nehmen.
Sexuelle Lust und deren Befriedigung waren mir zwar infolge anderweitiger Beobachtungen und Gespräche nicht mehr gänzlich unbekannt, doch was ich da zu Gesicht bekam, verblüffte mich über alle Maßen.
Weil ich auch das nächste Geschehen außerordentlich gespannt beäugte, wurde ich total überraschend Zeuge einer Begebenheit, die auf mich geradezu sensationell wirkte und daher notgedrungen dauerhafte Eindrücke hinterließ. Die betreffende Szene werde ich garantiert niemals vergessen, zumal sie meine kindhafte Fantasie bis zum Bersten strapazierte. Sie entwickelte sich wie folgt:
Während Babys schon emsig an den Mutterbrüsten saugten, wurden verschiedene Speisen und Getränke aus den Rucksäcken hervorgeholt und davon erst die anderen Sprösslinge versorgt. Anschließend verzehrten die Erwachsenen sichtlich genussvoll ihren Anteil.
Nachdem offenbar allesamt gesättigt waren und ihren Durst gestillt hatten, legten sich einige auf das jungfräuliche Grün, um zu schlummern. Andere wiederum blieben sitzen, summten melancholisch anmutende Weisen oder sprachen leise miteinander.
Danach wurde meine Neugier buchstäblich auf die Folter gespannt. Man bedenke, ich war gerade mal sieben Jahre alt!
Aus der bunten Sippe erhob sich nämlich ein älterer, jedoch sehr rüstig wirkender Mann, fasste eine neben ihm sitzende jüngere, aber deutlich größere Frau an beiden Händen und half ihr beim Aufstehen. Er führte sie gewandt zu unserem nahe befindlichen Sägebock. Dort stützte sich das ansehnliche Weibsbild nach vorn gebeugt auf die Querstange des hölzernen Gestells und spreizte die Beine. Gleichzeitig holte der Typ sein
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