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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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was noch größere Risiken verursacht hätte. Dazu kam es aber glücklicherweise nicht, denn schon zwei Tage darauf war der Scheitelpunkt erreicht. Er betrug 10.39 Meter.
    Nebenbei bemerkt, die Verantwortlichen haben mit ihren Krisenstäben zu jener Zeit fast Übermenschliches geleistet. Das darf man spätestens im Nachhinein mit Fug und Recht behaupten. Keiner von ihnen hatte bis dahin persönliche Erfahrungen zur Bewältigung einer Katastrophe von einem derart kolossalen Ausmaß. So waren zum Beispiel über zweitausend Menschen gezwungen, binnen drei Tagen ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen, teils auch durch vorsorgliche Evakuierungsmaßnahmen. Auch die beiden anderen Elbüberführungen mussten kurzfristig für jeglichen Verkehr gesperrt werden. Danach konnte man allenfalls noch über die Dresdner Autobahnbrücke in den gegenüberliegenden Stadtbereich gelangen, der allerdings zum Teil extrem überflutet war. Zudem hinterließ nicht nur der Elbstrom, sondern auch sein Nebenfluss, unsere ansonsten sanftmütige Triebisch, die sich ebenfalls durch Meißen schlängelt, eine unübersehbare Spur der Verwüstung. Wahrhaftig, es war eine furchtbar schlimme Situation! Der normale Alltag geriet vollkommen aus den Fugen, zumal auch bei den öffentlichen Medien und lebensnotwendigen Abläufen einiges nicht mehr funktionierte. Doch umso stärker entfachte sich geradezu spontan eine fast unglaubliche Solidarität unter den Menschen. Innerhalb von nur wenigen Stunden offenbarte sich ihr aufrichtiges Begehren, einander bedingungslos zu helfen. Ein deutlich vernehmbares Herzensbedürfnis war überall zu spüren, auch über unsere Landesgrenzen hinaus. Ist das nicht im wahrsten Sinne des Wortes phänomenal, tätiger Humanismus in seiner schönsten Ausprägung?
     
    Wir nehmen solche Verhaltensweisen unserer Artgenossen sicherlich gern zur Kenntnis, befassen uns aber fortan wieder gezielt mit dem vermeintlichen Elbmonster und dem allein ihm zuzuschreibenden Unheil in Meißen.
    Die Aussagen zum oben erwähnten Todesfall stammen von einem hiesigen Bürger, der das kaum fassbare Geschehen besonders gründlich beobachtet haben will, indem er zufällig aus dem Fenster seiner Wohnung schaute, die sich unweit des makabren Vorfalls in der oberen Etage eines Mehrfamilienhauses befindet. Und weiß Gott, bald darauf wurde von Einheimischen eine männliche Person als vermisst gemeldet, die bis zum heutigen Tage nicht aufzufinden war, obwohl inzwischen gut zehn Jahre vergangen sind.
    Man habe übrigens das monströse Scheusal noch einmal kurz in Dresden gesichtet und dann niemals wieder. Selbst einzelne Verluste von Tieren, die eventuell ihm zuzuschreiben wären, sind bundesweit nicht mehr eingetreten. Wahrscheinlich machte es nach dem Abflauen des Pegelstandes eine Kehrtwende und schwamm wieder in Richtung Nordsee, wo es mutmaßlich für immer eintauchte. Darüber dürften sich wohl die Wissenschaftler vom erwähnten Hamburger Forschungsinstitut am meisten freuen, auch wenn einschlägige Horrorszenarien gewiss noch lange lebensfähig bleiben.
     
    Infolge der Flutkatastrophe vom August 2002 waren in Meißen glücklicherweise keine Todesopfer zu beklagen, was der Anwohnerschaft angesichts der verhängnisvollen Auswirkungen jener Naturgewalt schon fast wie ein Wunder erschien. Und der soeben beschriebene hintergründige Verlust eines Bürgers, den ich übrigens persönlich nicht kannte, dürfte kaum ursächlich damit zusammenhängen.
    Arg merkwürdig erscheint ohnehin, dass bisher weder die Leiche noch sterbliche Überreste vom besagten Herrn aufzuspüren waren, obwohl über mehrere Jahre hinweg sehr intensiv danach gesucht wurde. Jetzt gibt es kaum noch Hoffnung. Sollte der tote Körper durch die gewaltigen Wassermassen damals wirklich bis zum Meer geschwemmt worden sein? Oder hat er möglicherweise dieselbe Wegstrecke im Bauche des Monsters zurückgelegt, um in den wütenden Elementen der Nordsee bis in alle Ewigkeit verschollen zu bleiben?
     
    Was nun an dieser seltsamen Geschichte wahr oder falsch ist, vermag ich nicht zu beurteilen, und mit eigenen Fantasiegebilden will ich gar nicht erst aufwarten. Aber eines weiß ich mittlerweile genau, nämlich wer die beiden Männer waren, die seinerzeit beschaulich über die Eisenbahnbrücke wandelten und auch die Tragödie hautnah miterlebten. Oder gar selbst herbeiführten?
     
    Ich gestehe: Mich befallen zunehmend gewisse Zweifel an der Glaubwürdigkeit jener Schilderungen des erwähnten

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