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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dieverse Autoren
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Wozu haben Sie das nur getan? Sie wußten doch besser als sonst jemand, daß das Verschwinden eines Bioroboters nicht unbemerkt bleiben kann, selbst wenn es ihm durch irgendein Wunder gelungen ist, in die Welt der Menschen einzudringen. Man wird mich suchen und, so glaube ich, ohne besondere Mühe finden, und was dann? Dematerialisation an Ort und Stelle, ohne Gericht und Untersuchung? Oder wie verfahrt man hier bei euch Menschen mit Robotern, die ihre Willensfreiheit gewonnen haben?«
     »Nicht doch, so darfst du nicht reden, Astor«, bat der Alte.
     »Verzeihen Sie«, sagte Astor. »Es ist nur die Neugier. Ich werde ohnehin zurückkehren müssen, morgen findet das Experiment statt, mein letztes Experiment, das Sie erdacht haben, an dem ich aber teilnehmen muß. Ist es nicht so?«
     »Ja.« Der Alte nickte, »Morgen wird es stattfinden. Bevor ich hierherkam, habe ich das Buch beendet.«
     »Danke. Ich werde mich bemühen, möglichst echt zu sein.«
     »Spiele nicht den Helden, mein Junge. Versuche nicht, besser zu scheinen als ich. Es genügt, daß du jünger bist.«
     »Besser.« Astor lachte bitter auf. »Warum zum Teufel mußten. Sie mich auf diese Seite der Mauer herauszerren? Hätte doch geschehen sollen, was Ihrem Willen zufolge morgen geschehen wird, aber wozu mußte ich erfahren, daß ich, wie das bei ihnen, den Wirklichen Schriftstellern, heißt, nur ein szenischer Bioroboter, ein ferngesteuerter Anthropoid bin?«
     »Ja, das war anscheinend unvermeidlich«, sagte der alte Mann leise, als spreche er nur zu sich. »Ich habe in dich nicht nur die eigene Seele hineingelegt, sondern auch all das, was mir, wie ich glaubte, zur absoluten Vollkommenheit fehlte; trotzdem bist du irgendwie kleinmütiger, schwächer als ich.«
     »Verzeihung«, warf Astor kalt ein. »Ich muß in meinen morgigen Tag. Erlauben Sie mir, wenn das möglich ist, noch ein wenig… ich selbst zu sein.«
     »Mein Junge«, der Alte erhob sich mühsam und stellte sich neben Astor, »du vergißt, daß die Zeit der…«, er stockte einen Moment, »derjenigen, die sich hinter dieser Mauer befinden, schneller als die Zeit der Menschen läuft. Der morgige Tag des Astor Elamit soll in zwanzig Minuten beginnen.«
     »Na eben«, sagte Astor. »Ich muß mich beeilen. Muß ich im Institut sein?«
     »Ja, natürlich.« Der Alte lächelte schmerzlich. »Das war der einfachste Schluß.«
     »Die Schutzvorrichtung ist zu schwach?«
    »So ist es, mein Junge.«
     »Zerstrahlung also. Ziemlich banal, finde ich. Sie sind Physiker, wenn ich mich nicht irre?«
     »Ich hatte keine Zeit für etwas anderes, Astor. Du weißt, daß ein Wirklicher Schriftsteller nicht das Recht hat, sein Buch unvollendet zu hinterlassen. Und ich… ich bin sehr alt und krank, nun ist die Zeit gekommen, wo der Kyberanalysator kein einziges Mittel mehr gefunden hat, die Entwicklung der Krankheit aufzuhalten. Ich mußte zu dir kommen, solange ich noch die Kraft dazu hatte. Ich mußte dein Schicksal entscheiden, und ich habe es getan. Leb wohl, mein Junge.«
     Er hob seine kleinen, leichten Hände und legte sie Astor mit einiger Feierlichkeit auf die Schultern. Kurze Zeit standen sie einander so gegenüber, dann ergriff Astor behutsam diese Hände, drückte sie sacht, als fürchte er, dem alten Mann Schmerz zuzufügen, und ließ sie herabfallen.
     »Nun denn, ich gehe«, sagte er.
     »Du hast mich immer noch nicht verstanden, mein Junge. Dorthin werde ich gehen.«
     »Wohin?« fragte Astor verwirrt.
     Der Alte lächelte, als wollte er sagen: ›Dorthin, mein Kind‹, und ging los, auf die Mauer zu, die sich als rauchiger Dunst hinter den letzten Bäumen in den Himmel reckte.
     »Nein«, sagte Astor und versperrte ihm den Weg. »Nein, nein.«
     Der Alte trat dicht an ihn heran, und Astor packte ihn an den Schultern.
     »Es bleiben weniger als zwanzig Minuten«, sagte der alte Mann ruhig. »Ich bin nicht einfach Physiker, ich bin einer von denen, die das Studio des Schriftstellerverbandes geschaffen haben, die die Mauer errichtet und die Studioroboter programmiert haben. Das machte es mir möglich, die Fokussierung der Aufnahme- und der Beobachtungsapparatur für kurze Zeit zu stören. Dadurch konntest du herauskommen, und wenn ich an deiner Stelle dorthin zurückkehre, wird das unbemerkt bleiben. Doch der Gesamtverlauf meines Buches ist bereits diktiert, er kann nicht mehr verändert werden. Jemand muß zurückkehren und zu Ende spielen.«
     »Das werde ich tun«,

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