Das elektronische Glück
essen ging.
So geschah es mehrere Tage lang. Jedesmal fand Nikulin morgens auf dem Platz den Dicken vor, der offensichtlich auf den Beginn der Übungen mit Jane wartete.
Eines Morgens schließlich setzte sich der Dicke zu Modest Fomitsch auf die Bank und sagte kurz und bündig: »Machen wir uns bekannt. Doktor Garber, Rentner.«
Nikulin druckte die dargebotene fleischige, behaarte Hand und nannte seinen Namen.
»Ich muß gestehen«, sagte Garber, »daß mich Ihre Versuche mit der Katze sehr interessieren.«
»Sie haben Tiere gern?« erkundigte sich Nikulin und warf dem Doktor unter den Augenbrauen hervor einen Blick zu.
»Eigentlich nicht. Nicht weil ich Tiere gern habe, interessieren mich Ihre Versuche, sondern weil mich die Zukunft der Menschheit beunruhigt.«
Nikulin blickte ihn verständnislos an. »Verzeihen Sie, aber was hat die Katze mit der Zukunft der Menschheit zu tun?«
»Ich will versuchen, es Ihnen zu erklären. Wie alt sind Sie?«
»Sechzig, aber was tut das zur Sache?«
»Und wie lange hat Ihre Ausbildung gedauert?«
»Ungefähr sechzehn Jahre.«
»Nicht gerechnet die Zeit, in der man Sie laufen gelehrt hat und zu sprechen, Brei mit; dem Löffel zu essen, sich unter Menschen zu benehmen. Wenn Sie das alles zusammenzählen, dann zeigt sich, daß Sie über ein Drittel Ihres Lebens gebraucht haben, um Dinge zu erlernen, die die Menschen vor Ihnen längst kannten. Ihre Katze hier jedoch könnte blendend ohne jede Belehrung auskommen. Was sie im Leben braucht – die Fähigkeit, Futter zu finden, sich in der Umwelt zu orientieren, eine nahende Gefahr zu spüren, ihre Jungen aufzuziehen –, all das vermag sie von selbst. Sie gebraucht einfach, was ihr ihre Vorfahren vererbt haben.«
»Aber das ist doch ein blinder Instinkt, und dem Menschen wird das beigebracht, was die bewußte Tätigkeit betrifft. Die Erziehung des Menschen erfordert immer, die tierischen Instinkte zu unterdrücken, die in unserer Natur liegen.«
»Das ist ja das Unglück! Die Natur hat durch genaueste Analyse die nützlichen Erfahrungen ausgewählt, die von den Einzelwesen der Art angehäuft wurden, und das Wertvollste davon der gesamten biologischen Spezies zu eigen gemacht. Wenn Ihre Katze krank ist, findet sie unfehlbar das richtige Heilkraut, der Mensch jedoch braucht Jahrzehnte, um die Heilkunst zu erlernen.«
»Aber die Katze kann sich selbst höchstens von ein, zwei Krankheiten kurieren, der Mensch hingegen hat die Medizin als wissenschaftliche Disziplin geschaffen und nicht nur für die Heilung, sondern auch für die Prophylaxe allgemeine Gesetze festgestellt.«
»Gemach, das ist noch nicht alles. Wenn ein Wolfsjunges seine Mutter verliert, kommt es nicht um, sondern lernt sehr rasch, all das zu tun, was seine Vorfahren getan haben; wenn jedoch ein kleines Kind von der Gesellschaft isoliert wird und durch ein Wunder nicht zugrunde geht, so erwirbt es doch niemals die Sprache, durch die sich der Mensch vom Tier unterscheidet. Biber, Bienen und Ameisen errichten, nur vom Instinkt geleitet, erstaunlich zweckmäßige Bauten. Und nun lassen Sie mal einen Menschen, der nie gesehen hat, wie man das macht, ein Haus bauen. Sie können sich leicht vorstellen, was dabei herauskommt!«
»Aber der Mensch ist zur schöpferischen Tätigkeit fähig, wozu weder Ameisen noch Bienen imstande sind«, entgegnete Nikulin.
»Sehr richtig! Um so betrüblicher ist es, daß die bemerkenswerten Errungenschaften der menschlichen Vernunft, die sie im Kampf mit der Natur erworben hat, nicht vererbt werden. Schließlich gehen bei den Tieren bedingte Reflexe in unbedingte über, wenn sie der Arterhaltung förderlich sind. Warum sollte die Menschheit diese Eigenschaft nicht benutzen, um ihr angehäuftes Wissen weiterzuvererben?«
»Man kann doch nicht die Fähigkeit vererben, Differentialgleichungen zu lösen«, sagte Nikulin gereizt. »Das ist ja pure Phantasie!«
»Aber warum denn nicht? Dazu braucht die im individuellen Gedächtnis in der Großhirnrinde gespeicherte Fähigkeit nur in das Erbgedächtnis übertragen zu werden, das in den tieferen Hirnabschnitten lokalisiert ist. Das Gehirn verfügt über ein äußerst genaues Analysezentrum zur Bewertung der erworbenen bedingten Reflexe, das als Ventil die Auswahl der bedingten Reflexe für ihre Umwandlung in erbliche Instinkte regelt. Für dieses Zentrum gibt es nur ein Kriterium: die biologische Zweckmäßigkeit. Wir können es jedoch veranlassen,
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