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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dieverse Autoren
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endlich ein Herz faßt und zaghaft die Hand hebt, hat der Mann mit dem bäurischen Gesicht das Podium bereits verlassen.
     Jetzt wendet sich die Frau an die Flüchtlinge. Sie hat eine leise, melodische Stimme, und Arp muß die Ohren spitzen, um zu verstehen, was sie sagt.
     Die Frau bittet alle, sich zur medizinischen Untersuchung in die Betten zu legen.
     Arp erkennt sein Bett an dem daran schon befestigten Krankenblatt, legt sich auf die kühlen, knisternden Laken und schläft augenblicklich ein: Im Schlaf spürt er, wie man ihn auf die Seite dreht. Er fühlt die Kühle des Stethoskops, öffnet die Augen und sieht die kleine Frau mit dem rotblonden Zopf, die etwas in ihr Notizbuch schreibt.
     »Bist du aufgewacht?«
     Sie lächelt, wobei sie ihre ebenmäßigen weißen Zähne entblößt. Arp nickt.
     »Du bist sehr von Kräften. Die Lunge ist auch nicht ganz in Ordnung. Du wirst sieben Tage schlafen. Wir fangen gleich damit an.«
     Erst jetzt bemerkt Arp das Gerät, das man neben sein Bett gerückt hat.
     Die Frau drückt einige Knöpfe auf dein weißen Pult, und in Arps Hirn dringt ein dumpfes Brummen.
     »Schlaf!« hört er wie aus weiter Ferne die melodische Stimme, und er schlummert ein.
     Er hat einen wunderbaren Traum, voller Sonne und Glück.
     Nur im Traum gibt es so berauschende, verhaltene Bewegungen, dieses Fehlen der eigenen Schwerkraft, die Fähigkeit zu schweben.
     Eine riesige Wiese ist übersät mit schneeweißen Blumen. In der Ferne schimmert ein hoher Turm in allen Farben des Regenbogens. Arp stößt sich leicht vom Boden ab und sinkt langsam wieder hinunter. Der leuchtende Turm, der unbeschreibliche Seligkeit verheißt, zieht ihn magisch an.
     Arp ist nicht allein. Von allen Seiten der Wiese strömen dem Turm Menschen zu, die ebenfalls in lange, weiße Hemden gekleidet sind. Unter ihnen ist Jetta, das geschürzte Hemd gefüllt mit weißen Blüten. »Was ist das?« fragt Arp sie und zeigt auf den Turm.
     »Die Freiheitssäule. Gehen wir.«
     Sie halten sich an den Händen und schweben gemeinsam durch die von Sonnenstrahlen durchflutete Luft.
     »Warte.«
     Arp rafft auch Blumen in sein Hemd, und sie setzen ihren Weg fort.
     Am Fuß des Turmes legen sie die Blumen nieder.
     »Los, wer pflückt die meisten?« ruft Jetta, während sie zwischen den grauen Stengeln umherspringt. »Hol mich ein.«
     Ihr Beispiel steckt die anderen an. Nach kurzer Zeit ist der Sockel der Säule blumenüberladen.
     Dann zünden sie Lagerfeuer an und rösten große Stücken Fleisch, die sie auf lange, dünne Äste gespießt haben. Der appetitliche Schaschlykduft mischt sich mit dem Geruch der brennenden Zweige. Er weckt Erinnerungen an etwas lang Vergangenes, sehr Angenehmes.
     Nachdem sie ihren Hunger gestillt haben, legen sie sich am Feuer nieder. Sie blicken hinauf zu den Sternen, zu den großen, unbekannten Sternen am schwarzen Himmel.
     Als Arp neben der verlöschenden Glut einschläft, schmiegt sich in seine Hand eine kleine warme Faust.

    Die Lagerfeuer brennen nicht mehr. Ausgeschaltet sind die bunten Lichterketten, die den Turm umgürten. Unten, direkt überm Boden, öffnen sich Luken, und zwei riesige mechanische Pranken scharren die Baumwolle ins Innere.
     In der verglasten Kuppel schaut der sonnengebräunte Alte auf den Zeiger der automatischen Waage.
     »Fünfmal mehr als bei den bisherigen Gruppen«, sagt er und schaltet den Transporter aus. »Ich fürchte, bei diesem verrückten Tempo halten sie keine Woche durch.«
     »Wetten wir um zwei Flaschen!« Das hübsche Bürschchen in Armeeuniform grient breit. »Sie schaffen die üblichen zwanzig Tage. Hypnose ist was Tolles. Ich könnte mich kaputtlachen, wie sie diese gebackenen Kohlrüben verschlungen haben. Unter Hypnose macht man alles, was verlangt wird. Stimmt's, Doktor?«
     Die kleine Ärztin läßt sich Zeit mit der Antwort. Sie tritt ans Fenster, schaltet die Scheinwerfer ein und betrachtet aufmerksam die totenschädelgleichen, nur aus Haut und Knochen bestehenden Gesichter.
     »Sie übertreiben ein wenig die Möglichkeiten der Elektrohypnose«, sagt sie lächelnd und zeigt dabei ihre spitzen Vampirzähne. »Die Hochleistungsstrahlung des Psi-Feldes gibt lediglich den Rhythmus der Arbeit vor und bewirkt einen gewissen Synchronismus der Handlungen. Das wichtigste ist die vorbereitende psychische Einstimmung. Die Fluchtimitati on, die scheinbaren Gefahren – das alles hat in diesen Wracks die Illusion einer zu hohem Preis

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