Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
ihr trieb.
„Nicht absichtlich natürlich, aber es kommt gelegentlich vor.“ Till nickte und als er Floras enttäuschtes Gesicht sah, fügte er hinzu: „Ich denke, es geht bei dem Wettbewerb um die Schönheit des Drachens und dieser hier ist jedenfalls der schönste!“
„Ja und morgen probieren wir ihn aus. Ich frag' die Oma, ob wir zur Wiese am Waldrand gehen können!“
„Kommt darauf an, wie das Wetter ist!“ Lilly schnitt eine Scheibe Brot ab und nahm sich dazu eine Knacker aus dem Kühlschrank. Sie hatte es eilig, mit ihrer Freundin ins Kino zu gehen. „Aber wahrscheinlich haben wir Glück, denn morgen beginnen die drei Vollmondtage und da sind die meisten Nächte klar und die Tage windig.“
„Hast du das mit deinem Teleskop beobachtet?“, fragte Till beeindruckt. „Ja, habe ich. Und ich habe es auch dokumentiert!“
Till nickte. Beinahe hätte er gesagt, dass er es gesehen hatte, aber er wollte nicht verraten, dass er in Lillys Zimmer gewesen war. „Und wieso drei Vollmondtage?“, fragte er stattdessen.
„Weil man halt immer drei zählt. Den Tag davor und den unmittelbar danach auch. Der Mond ist dabei schon oder noch ganz rund!“
„Das ist interessant!“
„Ja, aber ich muss jetzt gehen! Wenn du willst, dann zeige ich dir mal, was ich gemacht habe!“, rief sie vergnügt und war schon zu Tür hinaus. Es dauerte nicht lange, da klappte die Tür ein weiteres Mal und die Ruhe im Haus verriet den beiden, dass auch Oskar zu seinen Freunden gegangen war. Das Telefon klingelte und Tante Lucie meldete ihre gute Ankunft in Hamburg. Kurz darauf kam Oma Gertrude nach Hause und die drei verbrachten einen lustigen Abend mit „Mensch ärgere dich nicht“.
Lilly hatte mit dem Wetter recht behalten. Ein lustiger Herbstwind zerzauste den vier Wanderern das Haar und zupfte an Jacken und Hosen, als sie am Sonntagnachmittag, einer hinter dem anderen, zum Waldrand hinauf stapften. Die goldene Herbstsonne schien am strahlend blauen Himmel und die vereinzelten Wolken sahen wie riesige Haufen Zuckerwatte aus. Der steile Pfad führte an einem reifen Maisfeld entlang und Till fand Gefallen am geheimnisvollen Rascheln der Halme im Wind. Er dachte an Zuhause und an die wogenden Wellen der See, die dem lauschenden Seefahrer unverständliche Worte in einer rätselhaften Sprache zuraunten.
Allen voran, auf einen knorrigen Wanderstock gestützt, ging Oma Gertrude. Sie hatte die braune Strickjacke bis oben zugeknöpft und der Wind peitschte ihr den langen Rock um die Beine. In der freien Hand trug sie eine alte Milchkanne, die sie mit Brombeeren füllen wollte, und auf dem Rücken hatte sie eine zum Bündel gerollte Decke. Hinter ihr lief Lilly, die wie immer ganz in schwarz gekleidet war. Ihre beste Freundin war heute zu einer Familienfeier eingeladen und so hatte sie entschieden, mitzukommen. Vorsichtig trug sie den bunten Drachen vor ihrer Brust, der bereits bei jeder Windböe ungeduldig in ihren Armen zappelte. An seinem Schweif hing Flora. Das Mädchen hüpfte vor Freude über den schönen Tag von einem Bein aufs andere, wobei sie sorgsam achtgab, dass der Drachenschweif sich nicht im Buschwerk verfing.
Till bildete den Schluss und hatte noch etwas Mühe, mit den anderen Schritt zu halten. Seine Beine hatten die alte Ausdauer noch nicht wiedergefunden und von Zeit zu Zeit musste er hart husten, aber er war überzeugt, dass ihm die frische Luft gut tun würde. Er trug einen leichten Rucksack, in den Oma Gertrude selbstgemachte Zitronenlimonade und Plätzchen eingepackt hatte.
Auf einer kleinen Anhöhe blieb Oma Gertrude stehen, um zu rasten. Als Till herantrat, zeigte sie mit dem Stock ins Tal, in dem Till zwischen den Bäumen viele Menschen und einen Parkplatz erkannte.
„Da ist der Eingang zu den Feengrotten, siehst du? Wir haben eine Abkürzung über den Berg genommen, aber morgen, wenn du zur Behandlung gehst, dann kommst du von dort die Straße herauf. Es ist wirklich nur ein Katzensprung!“
„Ja, ein Moritz-Sprung!“, jauchzte Flora.
„Das finde ich schon!“
„Lucie hat Oskar und Lilly beauftragt, mit dir zu gehen, also werden sie das auch tun. Wir müssen uns jetzt weiter links halten. Dort sind die Brombeersträucher und unterhalb ist auch ein guter Platz, um den Drachen steigen zu lassen.“
„Lilly, kennst du ein Drachenlied?“, fragte die Kleine.
„Nee, nicht dass ich wüsste, aber Herbstlieder kennst du doch selber.“
„Jaaa! ‚Ihr Blätter wollt ihr tanzen?‘ oder ‚Wind,
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