Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
nicht hören!“
„Es ist wie am Martinstag!“, flüsterte Flora aufgeregt, während sie an Alricks Hand durch die Gänge stiefelte und mit der anderen den Kristall vor sich her trug.
„Martinstag? Was ist das?“
„Ein Fest! Ein Fest für die Kinder. Da gibt es die Martinshörnchen, die sind zum Teilen, und jeder trägt eine Laterne. Mama sagt, der heilige Martin hat seinen Mantel mit einem Bettler geteilt und wir Kinder sollen auch lernen, wie man teilt.“
„Dann war dieser Martin ein guter Mensch! Und ihr seid auch gute Menschen, denn ihr teilt die Sorge und die Gefahr mit mir! Pst! Hört ihr? Sie sind noch da vorn. Wir müssen einen Augenblick warten“, sagte er und hielt im langen Stollen inne. „Sie sind schon auf dem Weg nach draußen!“
Schnell steckten die Kinder die Leuchtkristalle in die Jackentaschen und warteten aneinandergedrückt in der Dunkelheit. Schwacher Lichtschimmer huschte gespenstisch an den schroffen Wänden entlang, dann war es vorbei.
„Sie sind weg! Wir können weitergehen!“, sagte der Elf und stieg die steile Treppe hinab.
Endlich erreichten sie den Märchendom und obwohl sie diesmal auf den bezaubernden Anblick vorbereitet waren, blieben sie dennoch staunend am Eingang der Grotte stehen.
„Ist das schon das Feenland?“, fragte Flora leise.
„Noch nicht ganz, aber wir sind schon ganz nah. Hier haben wir mit Huckeduûster Grindelwarz gekämpft und Alrick befreit“, sagte Lilly stolz.
„Hier? Wo ist er jetzt?“
„Gute Frage! Siehst du den spitzen Stein dort oben, gleich neben der Mauer?“
„Ja!“
„Dort ist sein verzauberter Gang. Dort ist er herausgekommen.“
Flora versteckte sich hinter Alricks Beinen. „Ich will aber nicht, dass er jetzt kommt. Er ist böse und er könnte uns etwas tun!“
„Nein!“, antwortete Alrick und beugte sich zu Flora hinab. „Er ist jetzt nicht hier. Ich wette, er ist auf dem Weg zu Farzanah. Du brauchst dich nicht zu fürchten! Und schon gar nicht, wenn ich bei dir bin. Außerdem ist er ein Zwerg. Er ist viel kleiner als du!“
„Kleiner als ich?“
„Ja, sogar wenn er seine Mütze auf hat!“
„Wirklich? Dann habe ich keine Angst mehr vor ihm!“
„Gut! Seid ihr bereit?“
„Ja!“
„Dann rufe ich das Boot.“
Till, Lilly und Flora traten an die Seite der kleinen Staumauer und obwohl die beiden größeren Kinder das Schauspiel bereits kannten, beobachteten sie Alrick mit unumwundener Ehrfurcht.
Der junge Elf stand aufrecht am Ufer und streckte seinen Arm wie beim ersten Mal gebieterisch über das Wasser. Leise flüsterte er die elfische Formel und sogleich tanzten die Lichtfunken von seinen Fingerspitzen bis in den Hintergrund der Grotte.
„Das ist wie im Märchen!“, rief Flora. „Wie bei Sterntaler!“ Und gleich darauf: „Au! Warum puffst du mich!“
„Pst! Wie soll er sich denn konzentrieren?“ Lilly hatte die kleine Schwester etwas unsanft in die Seite gestupst. „Du darfst nicht immer so laut sein. Wer weiß, wer uns alles hört!“
Flora vergaß die Worte der Schwester und der Unmut, der gerade in ihr aufsteigen wollte, schwand, als sich die Tropfsteine an der gewölbten Decke hundertfach im Wasser widerspiegelten. Alrick zog die silberne Flöte hervor und spielte dieselbe feine Melodie, die sie bei ihrer ersten Fahrt schon einmal gehört hatten. Ein sanfter Wind erhob sich und trug den Duft süßer Blüten zu ihnen herüber. Dann kam das Boot. Lautlos und majestätisch glitt es über die spiegelglatte Wasseroberfläche bis an die kleine Staumauer heran.
„Oh sieh nur!“ Diesmal hauchte Flora ihre Worte nur. „Es ist aus lauter Blättern gemacht und an seinem Mast hängen Glockenblumen! Wie schön!“
„Also dann, meine Freunde!“ Alrick hatte sich umgedreht. „Dann wollen wir den Übergang wagen! Und diesmal wird euer Besuch länger dauern!“
Vorsichtig hob er Flora auf die Mauer, von der aus sie problemlos ins Innere des Bootes kletterte. Dann schwebte er selbst hinauf, um Lilly von oben die Hand zu reichen. Till sprang als letzter behände über die Reling und nahm neben Lilly auf der Bootsbank Platz. Als Alrick den Zauberspruch wiederholte, nahm das Boot geräuschlos Fahrt auf. Noch einmal setzte er die Flöte an die Lippen und mit jedem zarten Ton verdichtete sich der aufsteigende Nebel über dem Wasser. Als er sich nach einer Weile wieder auflöste, war der schützende Illusionszauber verschwunden, und vor den erwartungsvollen Augen der Kinder lag das bezaubernde Ufer
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