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Das Elfenportal

Titel: Das Elfenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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gewusst. Das hätte sie bestimmt gewusst. Außerdem hätte er das Wort »Erkenntnisse« nicht benutzt, wenn es um seine eigenen Soldaten gegangen wäre. »Erkenntnisse«, das waren Informationen, die der Kaiserliche Geheimdienst zusammengetragen hatte. Informationen über fremde Truppenbewegungen.
    Obwohl sie von ihrem Körper getrennt war, verspürte sie ein Frösteln. Es war etwas im Gange zwischen ihrem Vater und Lord Hairstreak – Verhandlungen, die die alte Kluft zwischen Lichtelfen und Nachtelfen überbrücken sollten. Sie fanden seit Monaten statt, soweit Blue wusste. Bis jetzt hatte sie angenommen, es handle sich um den üblichen Kuhhandel, bei dem beide Seiten um die bestmögliche Position rangen, damit anschließend für ein paar Jahre Ruhe einkehrte. Aber Truppenbewegungen bedeuteten etwas viel Ernsteres. Truppenbewegungen bedeuteten Krieg. Oder zumindest einen drohenden Krieg. Kein Wunder, dass ihr Vater so besorgt aussah.
    Tithonus sagte: »Lord Hairstreak besteht weiterhin darauf, dass es sich nur um Manöver handelt, die nichts mit den derzeitigen Verhandlungen zu tun haben. Aber für eine Routineübung ist die Truppenstärke sehr groß, und es trifft immer noch Verstärkung ein.«
    »Säbelrasseln also?«, fragte der Kaiser. »Seine Methode, bei den Verhandlungen weitere Zugeständnisse herauszuschlagen? «
    »Wäre möglich«, sagte Tithonus. »Ich habe unsere Streitkräfte jedenfalls in Alarmbereitschaft versetzen lassen.«
    »Du glaubst wirklich, er würde einen Großangriff riskieren?«
    Tithonus runzelte die Stirn. »Kann ich mir nur schwerlich vorstellen. Aber was er auch vorhat, es muss Teil eines größeren Planes sein. Vergesst nicht, dass er Pyrgus ermorden wollte.«
    Ermorden? Holly Blue blinzelte mit den momentan nicht vorhandenen Augen. Davon wusste sie ja gar nichts! Warum sollte er ihren Bruder ermorden wollen? Ihn gefangen zu nehmen brächte ihm doch viel mehr Verhandlungsvorteile.
    »Ich begreife immer noch nicht, was ihm das hätte einbringen sollen«, sprach ihr Vater im selben Moment Holly Blues Überlegungen aus.
    »Ich auch nicht«, sagte Tithonus, »aber es besteht kein Zweifel, dass er es vorgehabt hat.«
    »Vielleicht – « Der Kaiser brach ab, als es scharf an der Tür klopfte. Er sah Tithonus an.
    Tithonus sagte nichts, sondern öffnete die Tür einen Spalt und flüsterte mit jemandem. Holly Blue schwebte näher, um das Gespräch zu belauschen, aber bevor sie die Tür erreicht hatte, trat Tithonus zurück und ein Priester der Kapelle trat ein. Er näherte sich ängstlich und kniete vor dem Kaiser nieder. »Majestät, ernste Neuigkeiten.« Holly Blue war sich nicht absolut sicher, aber es konnte sich um den Priester handeln, der vorhin den Flur hinuntergerannt war.
    Ihr Vater wartete mit ausdruckslosem Gesicht.
    »Majestät, ich – «
    »Komm schon«, sagte der Kaiser freundlich. »Sprich!«
    Der Priester konnte ihm nicht ins Gesicht sehen. Er schluckte laut, zögerte, platzte dann mit der Nachricht heraus: »Majestät, Kronprinz Pyrgus hat seinen Bestimmungsort nicht erreicht.«
    Einen Moment lang stand dem Kaiser die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. »Was sagst du da?«
    »Herr, die Übertragung schien planmäßig verlaufen zu sein. Wie Ihr selbst gesehen habt. Wir hatten keinen Grund zu der – keinen Grund zu der – « Er sah flehend zum Kaiser auf. »Herr, wir haben routinemäßig Verbindung zu Lulworth und Ringlet aufgenommen. Prinz Pyrgus ist nicht bei ihnen angekommen.«
    »Was!?«, fuhr der Kaiser auf.
    Tithonus sagte scharf: »Ich habe ihn doch mit eigenen Augen in das Portal treten sehen.«
    Der Priester sah ihn jämmerlich an. »Das haben wir alle, Torhüter.«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wo könnte er sein?«, drängte Tithonus ihn.
    Der Priester senkte erneut den Blick. »Überall«, sagte er leise.
     
    Holly Blue holte ihr Bewusstsein so unvermittelt zurück in den Körper, dass sie am Frisiertisch in krampfartige Zuckungen verfiel. Sie stöhnte, dann streckte sie sich, um ihre Muskeln zu entkrampfen. Ihr Herz raste. Pyrgus war verschwunden! Sie ergriff die psychotronische Spinne und warf sie in die Schmuckschatulle zurück. Dann lief sie aus dem Zimmer.
    In der Kapelle herrschte Chaos. Technikpriester schienen planlos gleich im Dutzend umherzulaufen. Holly Blue sah als Erstes zum Portal hinüber. In dem Raum zwischen den beiden Säulen waren keine vertrauten Flammen zu sehen. Stattdessen hing dort ein schmutzig grauer Nebel

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