Das Elfenportal
Allerdings bereitete die Farbauflösung noch Probleme, so dass die Übertragung etwas unscharf und kontrastarm wirkte. Apatura erkannte trotzdem, was er dort sah. Ein gigantisches Heerlager erstreckte sich über die Ebene. Schwarze, mit geometrischer Präzision aufgestellte Zeltreihen zeichneten sich als Umrisse vor den überall brennenden Lagerfeuern ab. Auch hier waren Soldaten, zu Tausenden, vielleicht sogar zu Zehntausenden, und diese Männer trugen keine schwarzen Galauniformen, sondern Kampfkleidung. Sie bewegten sich leise und entschlossen. Hier schlugen keine Trommeln. Hier jubelten keine Massen. Tatsächlich drang kein Laut zu Apaturas S7-Einheit herauf. Es war, als läge über der ganzen Szene tödliches Schweigen.
Apatura schloss die Augen. Er kannte die Gegend. Es war die Ebene von Yammeth Cretch. Die Spionageeinheit befand sich irgendwo am oberen Ende des Teetion Valley. Apatura sah auf das Herzland der Nachtseite hinab, dieses gewaltige Stück des Reiches, das praktisch ein Staat im Staate war, weil es nahezu vollständig von Nachtelfen bewohnt wurde und entgegen den fortwährenden Treuegelöbnissen gegenüber dem Purpurkaiser völlig unter ihrer Kontrolle stand.
Apatura zog sein Bewusstsein aus der Kugel zurück und öffnete die Augen. Das Teetion Valley markierte die inoffizielle Grenze zwischen der Nachtseite und den hügeligen Feldern von Lilk, die von den Lichtelfen bewirtschaftet wurden. Er sah Tithonus an. »Es hat beinahe etwas von einer drohenden Invasion durch ein anderes Land«, sagte er.
»In vielerlei Hinsicht ließe sich mit einer Invasion von außen leichter umgehen«, erklärte Tithonus. »Bürgerkriege sind gezwungenermaßen heikel. Und blutig.«
»Du meinst, es wird dazu kommen? Zu einem Bürgerkrieg?«
»Ich bete, dass nicht, Majestät«, sagte Tithonus. Aber sein Tonfall deutete an, wie gering seine Hoffnung war, dass seine Gebete auch erhört wurden.
Die Kristallkugeln schalteten zu der Kundgebung zurück, und die kräftige Stimme des Herzogs von Burgund erfüllte den Raum: »– würde ich dem Purpurkaiser sagen, dass die bestehenden Regelungen uns nicht länger genügen, dass die Nachtelfen in diesem Reich nicht länger als Bürger zweiter Klasse behandelt werden wollen, dass – «
Tithonus winkte die Lautstärke hinunter, aber irgendetwas erregte Apaturas Aufmerksamkeit, und er winkte sie wieder hoch. »– als zwei Wochen werden wir nicht mehr warten«, sagte Hamearis Lucina gerade, »und noch weniger lange, wenn unser Kaiser nicht endlich beginnt, die Ungerechtigkeiten zu beheben, die seit – « Seine letzten Worte gingen im donnernden Applaus und den Jubelrufen der Massen unter.
»Hat sich das für deine Ohren ebenso angehört wie für meine?«, fragte Apatura und stellte den Ton der Kugeln ganz ab.
»Ein Ultimatum?« Tithonus runzelte die Stirn.
»Ja«, sagte Apatura leise. »Bitte sorge dafür, dass mir so bald wie möglich eine Abschrift von Lucinas Rede in die Gemächer gebracht wird. Die sollte ich mir wohl besser in Ruhe und sehr gründlich ansehen.« Er ging zum Planungstisch und summte die Melodie, anstatt erst zu warten, dass es eine der Fachkräfte für ihn tat. Sofort zerfloss die Landschaft und bildete sich zu Yammeth Cretch und den umliegenden Gebieten der Lichtelfen um. Apatura wandte sich an den neben ihm stehenden General. »Wenn Sie bitte Ihre Truppen aufstellen würden, Creerful.«
Creerful nickte. »Jawohl, Majestät.« Er drückte einen Knopf an der Tischseite, und bronzene Flecken erschienen auf der Landkarte um Yammeth Cretch herum. Einige Feineinstellungen veränderten ihre Farbe und Beschaffenheit, so dass sie die bekannten Truppenstärken repräsentierten.
Apatura starrte die Aufstellung lange an. Er versuchte sich an etwas zu erinnern, ohne recht zu wissen, an was. Dann fiel es ihm wieder ein.
»Da fehlt etwas«, sagte er laut.
»Verzeihung, Majestät?«
Apatura ignorierte Tithonus und winkte die drei Generäle näher. »Sehen Sie sich diese Aufstellung an«, sagte er und zeigte auf den Planungstisch. »Was sagt sie Ihnen?«
General Vanelke, der immer schnell mit einer Meinung dabei war, beugte sich stirnrunzelnd vor. »Dass unsere Verteidigungslinien gut platziert sind«, sagte er. »Wir haben sie in der Zange.« Er warf einen Blick zu seinen Kollegen hinüber, als wolle er sie zum Widerspruch herausfordern.
»Ich sehe nicht, dass etwas fehlt, Majestät«, fügte Creerful hinzu. Zu seiner Rechten nickte General Ovard.
»Hören Sie
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