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Das elfte Gebot

Das elfte Gebot

Titel: Das elfte Gebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lester del Rey
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Fuß zurück.“
    „Sie werden nicht angesteckt. Sind nicht der Typ dafür – wie Sie selbst gesagt haben, als Sie das erste Mal bei uns ankamen. Mir hat man mal gesagt, ich wär’s auch nicht. Also gut, ich riskier’s, vorausgesetzt, ich komme nicht zu sehr in die Nähe. Aber gern bringe ich Sie nicht dorthin. Die können ziemlich gefährlich werden.“
    Letzten Endes willigte der Mann aber doch ein, und das zu einem Preis, den Boyd als nicht unangemessen empfand. Zwischendurch hielten sie noch bei einem dem Rikschafahrer bekannten Geschäft an, wo man ohne Karten gegen Bargeld Lebensmittel von zweifelhafter Qualität und einem horrenden Preis erwarb. Danach ging’s in munterem Trab weiter, quer durch New City hindurch landeinwärts. Unterwegs fuhren sie an einem ausgedehnten Friedhofsgelände vorbei, bestanden mit abbruchreifen Baracken, die die umgestürzten Grabsteine verdrängten, und bogen auf eine Straße ein, deren zerfurchter Belag offenbar noch aus der Zeit vor der Atomkatastrophe stammte. Dann gelangten sie in eine Wohngegend, deren Häuser anscheinend neueren Datums waren und die, obwohl schlampig gebaut, planmäßig errichtet worden waren.
    „Regierungsangestellte und reiche Leute wohnen hier“, rief der Fahrer über die Schulter. „Dahinter liegt das Regierungszentrum – man kann da drüben schon das Kapitol erkennen. Ist genauso gebaut worden wie jenes früher in Washington, bevor es zerbombt wurde. Sind ’ne Masse Leute in der Regierung. Die können sich’s leisten, gut zu leben.“
    Jetzt fuhr er an den Straßenrand und wies nach vorn. „Wir können nicht weiter. Da kommen welche.“
    Jetzt nahmen auch Boyds Ohren den Klageschrei wahr: „Blut! Blut!“
    Und da kamen sie auch schon aus einer Seitenstraße heraus, etwa zwanzig dieser armen Teufel. Manche wankten daher, andere wieder sahen zu den Häusern hoch, in einem fort ihre Warnung rufend und bettelnd. Sie waren schmutzübersät, halbverhungert, glichen äußerlich Tieren. Aus den Fenstern wurden Lebensmittel herabgeworfen, die sie einsammelten und in grobe Säcke steckten. An einer Stelle empfingen sie keine Almosen, obwohl sie warteten. Daraufhin gingen sie auf die Eingangsstufen zu. Schon öffneten sich oben in Windeseile mehrere Fenster, und ein Schauer von Gegenständen prasselte herab.
    Das war Erpressung, nicht zu leugnen, aber wie sonst sollten sie leben? Immerhin kündigten sie aber warnend ihr Kommen an, was die Straßen von in Furcht und panischen Schrecken versetzten Leuten leer fegte. „Wo leben sie denn, Jim?“ fragte er den Fahrer.
    „Einen Kilometer die Straße weiter abwärts. In einem alten Steinbruch, wo früher im vorigen Jahrhundert die Steine für viele Gebäude in dieser Gegend herkamen. Ungefähr tausend Leute leben dort ständig. Sie machen’s meist nicht sehr lang.“
    Die Bluter kamen immer näher, und Boyd stieg aus der Rikscha, zerrte die schweren Kisten mit Lebensmitteln hervor und nahm so viele davon unter den Arm, wie er ohne zu wanken tragen konnte. Ein Gesicht, das weniger schmutzig war als die anderen, zeigte Überraschung. „Blut!“ schrie der Mann ihm warnend entgegen.
    „Lebensmittel!“ rief Boyd zurück. „Ich will mit euch einen Handel machen. Einer soll herkommen.“
    Währenddessen öffneten sich mehrere Fenster in den umliegenden Häusern, aus denen gellende Warnrufe erschollen, die er jedoch absichtlich überhörte. Einer der Bluter schritt argwöhnisch vorwärts. Da öffnete Boyd seine Kisten und legte seine Tauschware offen. Ihm schienen die Lebensmittel kümmerlich genug zu sein, für sie, die sie sich sonst nur Abfälle erbettelten, mußten sie aber wahre Schätze bedeuten. „Ich biete sie euch im Tausch gegen einen Teelöffel voll Blut von einem von euch an. Keine Angst, ich stelle euch keine Falle.“
    Sie stritten untereinander. Auf den fleckigen Gesichtern arbeitete der Hunger angesichts des guten Essens. Schließlich kam einer etwas näher. „Er ist Arzt“, rief er den andern zu. „Ich habe was von Untersuchungen gehört. Ich habe keine Angst.“
    Er hatte offenbar doch welche, obwohl sie mehr darin bestand, Boyd zu berühren, als in dem, was ihm geschehen konnte. Eine merkwürdige, tiefverwurzelte, kulturell gewachsene Moral hatte diesen armen Wesen absolute Isolation von der übrigen Bevölkerung auferlegt, ohne jegliche Aussicht auf Rückkehr in die Gesellschaft. Boyd benutzte eine besonders dünne Nadel für die Blutentnahme und bedeckte sorgfältig die winzige

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