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Das elfte Gebot

Das elfte Gebot

Titel: Das elfte Gebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lester del Rey
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auszuziehen, was sie voll in Anspruch nahm, während er sich an der Couch zu schaffen machte. Glücklicherweise hatte er nun zwei Zimmer. Die Tür zwischen beiden würde ihr eine ausreichende Privatsphäre sichern, doch sie konnte gleichzeitig weit genug offengelassen werden, damit er hören konnte, ob ihr Zustand sich verschlechterte.
    Als er alles erledigt hatte, nahm er ein Glas Wasser und ging wieder in ihren Raum hinüber. „Schließen wir einen Pakt ab“, schlug er vor. „Du wirst eine Weile hierbleiben. Du kannst ohne Kleid nicht hinausgehen, auch dann nicht, wenn keiner nach dir Ausschau hält. Und ich kann so schnell kein anderes Zimmer finden. Lassen wir es also vorerst so, wie es ist. Einverstanden?“
    Sie sah ihn aus ihren dunklen Augen an. „In Ordnung. Gute Nacht, Dr. Jensen.“
    Er schaltete das Licht aus und entkleidete sich hastig. Dann erst fiel ihm ein, daß er seine Kleider besser ordentlich hingelegt hätte. Endlich schlüpfte er unter die Decke, völlig erschöpft.
    Er hörte ein Rascheln, dann erklang ihre Stimme hinter der Tür. „Ist Marian hübsch?“
    „Du hast eine viel bessere Figur“, antwortete er. Dann erst erkannte er, daß diese Frage nur eine weitere Falle gewesen war.
    „Dreckiges Schwein!“
    Er drehte sich um und dachte über praktischere Probleme nach. Er hatte zwar Platz genug, doch er hatte nur eine Nahrungsration. Einige Dinge konnte man zwar auch ohne Karte kaufen, doch sie benötigte solide Nahrung, die aufbaute. Das bedeutete: Proteine, Vitamine, Fette – alles Dinge, die rationiert waren und die zu horrenden Preisen unter der Hand verkauft wurden, was obendrein die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung erheblich vergrößerte.
    Er hätte den Blinden Stephan doch beim Wort nehmen sollen.
    „Ich bin trotzdem froh, daß du wieder da bist, Ellen“, rief er hinüber. Aber sie schien bereits zu schlafen.

 
17
 
     
     
    Schließlich entwickelten die Dinge sich aber doch nicht so übel. Bis zu einem gewissen Ausmaß akzeptierte sie den Pakt. Wenn Harry kam und eine Suppe brachte, die seine Frau gemacht hatte, oder wenn Pete heraufkam und ihnen etwas brachte, dann verhielt sie sich wie eine Frau, von der ein Mann nur träumen konnte. Wenn es ihr peinlich war, als aufgelesene Frau betrachtet zu werden, so zeigte sie es jedenfalls nicht; weder in ihrem Tonfall noch in ihrem Benehmen. Es war offensichtlich das normalste Ereignis der Welt, daß eine Frau von der Straße aufgelesen und in die Wohnung eines Mannes gebracht wurde, um zu bleiben. Sie schaffte es, sich dieser Situation völlig ungezwungen anzupassen.
    Aber wenn sie allein waren, war alles anders. Das hätte ihm nicht soviel ausgemacht, wenn er ein konstantes Verhaltensmuster hätte feststellen können. Aber er wußte nie, was er zu erwarten hatte. Er versuchte, ein Buch über das Erkennen bestimmter Symptome zu lesen, das Willmark ihm ausgeliehen hatte. Bisher hatte sie ihm immer über die Schulter gesehen und es mit ihm besprochen – das hatte sich als ausgezeichnete Lernmethode erwiesen; sie hatte immer ein wenig weiter gelesen und alle Details rekapituliert, die seiner Aufmerksamkeit entgangen waren; sie war stumm ihrer Hausarbeit nachgegangen – oder was sonst es immer zu tun gab –, oder sie hatte sich in Spötteleien darüber ergangen, daß er nicht so eine Menge lesen würde, wenn sie Marian wäre. Im Moment lag sie auf der Couch, die Falten des Mantels enthüllten zufällig einen Teil eines Beines, und sah ihm einfach zu, wie er las.
    Schließlich legte er das Buch lustlos beiseite. Sie stand auf, enthüllte noch etwas mehr Bein und schloß das Buch sorgfältig. „Du mußt nicht so hart lernen, Boyd“, sagte sie. „Schließlich bist du der beste Mann im Labor. Das hat Ben gesagt.“
    Er sah sie argwöhnisch an, doch dann ging er direkt auf ihre Worte ein. „Vielen Dank, Ellen.“
    „Ich schätze, das ist eine natürliche Begabung.“
    „Was?“
    „Deine Fähigkeit. Du kannst dich ganz einfach und wie natürlich mit einem einzelligen Tier identifizieren.“
    Er schlug mit der Hand auf den Tisch. Dann stöhnte er, als er den Schmerz in den Knöcheln spürte. Sie weinte ernstgemeinte Tränen, als sie seine Hand zärtlich massierte. Zudem ertappte er sie, wie sie ihm einen Teil ihres Essens auf seinen Teller legte; doch er entschuldigte sich, nicht hungrig zu sein. Das war kein Trick, er hatte es nur durch Zufall herausgefunden.
    Er führte ein langes Zwiegespräch mit sich selbst, als er am

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