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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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ein anderes Schicksal. Er wollte seiner Mutter und seiner Schwester nahe sein. Aber wieder war er gezwungen, sich von seiner Familie zu trennen, und ohne Shoshana getroffen zu haben. Er atmete tief durch und trat hinaus zu der wartenden Kutsche, nicht ahnend, dass er die Mutter zum letzten Mal gesehen hatte.
LIEBE ERINNERUNGEN
    Philippe Charrier begrüßte Nicolas wie einen alten Freund. Nicht die geringste Nuance seiner warmen Stimme deutete an, dass sie sich noch nie begegnet waren. Sie gingen durch mehrere Zimmer tief ins Innere des Hauses und ließen sich an einem mit schneeweißem Leinen bedeckten Tisch nieder. Charrier bot ihm Brot an, das nach herrlichen Kräutern duftete. In einer Ecke stand ein altertümliches Schreibpult mit einer abgegriffenen Lederabdeckung. Eine Öllampe hing an einer Kette von der Decke.
    Eine Frau betrat den Raum und schenkte Nicolas ein herzliches Lächeln. Es war Madame Léonie, Charriers Ehefrau. Der Rektor stellte ihr den Gast in schmeichelhaften Wendungen vor, die den Jungen ein wenig verlegen machten: »Hier siehst du Nicolas Spinoza, einen klugen kleinen Abenteurer, er stammt aus einer Familie, in deren Adern Philosophenblut fließt. Er wird die Schule besuchen und bei uns wohnen. Ich werde ein wachsames Auge auf ihn haben.«
    Madame Léonie begrüßte Nicolas freundlich und nannte ihn Monsieur. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass jemand ihn so ansprach. Ihrer Aufforderung Folge leistend, erzählte der Junge eine Spur widerwillig etwas von sich selbst, von seiner Zeit als Chorknabe, von der langen Wanderung nach Paris und von dem, was bei der Mutter geschehen war.
    Nach kurzer Zeit erschien ein Junge im Zimmer. Er war auffallend gut gekleidet und verbeugte sich höflich. Er hatte etwas Herrschaftliches an sich, eine Andeutung von Überlegenheit in den Bewegungen. Sein Lächeln machte Nicolas unsicher, und er merkte, dass der Junge ihn mit dem Blick nicht losließ.
    »Dies ist Maximilien Robespierre, unser junger Freund und Schüler aus Arras«, erklärte Charrier. »Kein Geringerer als der Bischof von Arras ist der Wohltäter dieses begabten jungen Mannes. Maximilien fällt das Lernen leicht. Du wirst bei uns mit ihm zusammenwohnen, Nicolas. Ihr werdet wie Brüder werden.«
    Der Junge aus Arras setzte sich an den Tisch und nahm eine Scheibe Brot. Madame Léonie fragte ihn, was in der Schule geschehen sei. Er redete in einer so verfeinerten Sprache, dass Nicolas sich wie ein Wilder vorkam.
    Während ein Diener dem Paar Charrier roten Wein einschenkte, begann der Rektor unerwartet Erinnerungen aus Dijon, der Stadt seiner Kindheit, zu erzählen. In der Schule hatte er sich für Dinge interessiert, aus denen sich niemand sonst etwas machte. Das Mysterium, das ihn als Kind beschäftigt hatte, war, warum es nachts dunkel war und nicht viel heller als am Tag, wenn man die unfassbare Anzahl von Sternen bedachte. Viele waren doch größer als die Sonne und bildeten gemeinsam ein unendliches Licht, das das Firmament erleuchtete.
    Kein Wunder, dass er keine Freunde gehabt habe, sagte er und lachte herzlich. Auch als er in die Pubertät gekommen sei, habe er keinen in seinem Alter getroffen, mit dem er über Dinge, die seine Gedanken beschäftigten, habe sprechen können. Nicht dass er darunter gelitten habe, aber es habe ihm doch das Gefühl vermittelt, anders zu sein als seine Altersgenossen.
    Nicolas erkannte sich selbst in der Erzählung des Rektors wieder, wagte aber nicht, etwas zu sagen.
    Charrier erzählte weiter davon, wie er als junger Student mit Platon und Molière im Ränzel nach Paris gekommen war. Seine Wissbegier habe ihn hinausgetrieben, um nach Erkenntnissen und geheimen Zusammenhängen im Kosmos zu suchen. Er habe in Paris viele kluge Männer gehört, bevor er Hector Spinoza begegnet sei. Es war die wichtigste Begegnung in seinem Leben, und er schuldete ihm großen Dank. Hector setzte seine Phantasie in Bewegung und öffnete ihm die Augen für nützliche Dinge. Es sei Hector gewesen, der ihm von Isaac Newton erzählte, dem ein Apfel vom Baum der Erkenntnis auf den Kopf gefallen war und der als erster Berechnungen vorlegte, die erklärten, wie der Schöpfer des Weltalls arbeitet. Der englische Wissenschaftler sei der Begründer der modernen Physik, erklärte der Rektor dem Jungen. Weiter erzählte Charrier, dass sich in Hectors Geist Gedanken über alles zwischen dem Schöpfer des Universums und dem Flug der Biene bewegten, dass er ebenso gern über Prinzipien der

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