Das Elixier der Unsterblichkeit
aus einem uralten Instinkt heraus vermieden, konnte Heindrich stets Lösungen anbieten, die seine seltenen intellektuellen Eigenschaften erkennen ließen. Vor allem verfügte er über tiefgehende Einsichten in die Faktoren, die die gesellschaftliche Entwicklung beeinflussten.
Es war die Zeit des Vormärz, in der die Forderungen des Bürgertums nach wirtschaftlicher und politischer Freiheit zu einer zunehmenden Bedrohung für die Macht der herrschenden Oberschicht wurden.
Je intensiver Heindrich Texte von Voltaire, Rousseau und Tocqueville studierte, die für ihn aus beruflichen Gründen ebenso unentbehrlich wie interessant waren, desto mehr fühlte er einen zunehmenden Hass gegen die Ideale der Französischen Revolution.
Sein Hausgott war Joseph de Maistre, der misanthropische Stratege der reaktionären Restauration.
Heindrich hegte tiefes Misstrauen gegenüber Juden, Freimaurern und Liberalen, die er als Unglück und bösartige Parasiten am Körper der österreichischen Gesellschaft bezeichnete. Er brachte den Polizeipräsidenten von Wien dazu, Spione in alle Richtungen auszusenden, die ihm Bericht erstatteten. All jene, die im Verdacht standen, den Idealen der Aufklärung anzuhängen, stellte er vor die einfache Wahl: entweder Auskünfte über ihre Gesinnungsgenossen zu erteilen oder im Zuchthaus zu landen.
Das Ergebnis ließ nicht auf sich warten. Die Leute waren mehr als willig, einander zu verraten, um die eigene Haut zu retten. Da Heindrich über nahezu alles unterrichtet war, konnte er mit wachsamen Augen verfolgen, was sich im Reiche tat, und die gefährlichen Gruppen rücksichtslos zerschlagen. Sein Verdienst daran, die politische Entwicklung im habsburgischen Reich zu bremsen, war kaum zu überschätzen.
Innerhalb weniger Jahre wurde Heindrich einer der einflussreichsten Männer des Kaiserreichs. Er hatte nur wenige Freunde, auf die er sich verlassen konnte, dafür aber eine Schar von Feinden, die ihn auch ständig verfolgte. Seine politische Laufbahn wurde mit der Ernennung zum Innen- und Polizeiminister gekrönt, nachdem er den Vorgänger auf diesem Posten mit List ausmanövriert hatte.
NAPOLEONS KUGEL
Im Frühjahr 1841 widmete Heindrich all seine Kräfte einer Spionageaffäre, die Österreich erschütterte. Jemand hatte dem Gesandten des russischen Zaren in Wien militärische Geheimnisse verkauft. Es handelte sich um äußerst sensible Informationen, zu denen nur wenige Personen Zugang hatten. Sie betrafen Einzelheiten der österreichischen Mobilisierungspläne, Armeekodes, militärische Transportmittel und Versorgungsdetails sowie Grenzbefestigungen. Der Landesverräter musste der militärischen Führung angehören, aber seine Identität war nicht bekannt.
Heindrich hatte Grund für die Vermutung, dass es sich nicht um einen Einzeltäter handelte, der bereit war, sein Leben durch den Ausverkauf des Vaterlandes zu finanzieren, sondern vielmehr um eine gegen Seine Majestät gerichtete Verschwörung, in die mehrere Personen aus höchsten militärischen und vielleicht auch politischen Kreisen verwickelt waren.
Er bat sogleich um eine Audienz beim Kaiser, um ihn zu informieren, und nach Heindrichs Darlegung gab dieser den Befehl, die Affäre zu vertuschen.
»Der Wunsch Eurer Kaiserlichen Hoheit wird selbstverständlich respektiert«, antwortete Heindrich mit der gebotenen Steifheit. »Wir werden schnell, diskret und gnadenlos agieren. Nichts ist wichtiger, als dieses Schlangennest auszuheben. Die Sicherheit des Reiches geht über alles. Die Verräter müssen um jeden Preis gefasst und hingerichtet werden.«
Heindrich führte die Untersuchung mit großer Geschicklichkeit durch. Er hatte eine durchdachte Strategie und saß bis tief in die Nächte beim Studium der Dokumente.
Da er des Nachts nie mehr als drei Stunden Schlaf bekam, pflegte Heindrich jeden Tag nach dem Mittagessen auf dem breiten Sofa seines Büros im Innenministerium zu liegen und einen halbstündigen Mittagsschlaf zu halten.
Eines Morgens plagten ihn heftige Kopfschmerzen. Dennoch versuchte er noch einmal, die Akten der zur Geheimsache erklärten Spionageaffäre zu sichten, denn ein Gefühl sagte ihm, dass die Ermittlung kurz vor dem Durchbruch stand. Doch die Müdigkeit übermannte ihn. Ganz gegen seine Gewohnheit legte er sich schon vor dem Mittagessen zur Ruhe. Er schlief sofort ein. Aber schon nach wenigen Minuten erwachte er und setzte sich mit einem Ruck auf.
Er sah alles klar vor sich. Er wusste ohne jeden Zweifel, wer der
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