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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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menschlichen Wissens lagen. Rebecca begleitete ihren Vater, um ihm in praktischen Angelegenheiten zur Hand zu gehen.
    Eines frühen Morgens wurde Chaim zu einem General gerufen, der an Krampfadern litt und nicht aufstehen konnte. Chaim überquerte mit ausgreifenden Schritten einen kleinen Platz, als Rebecca, die gerade aufgewacht war, auf den Balkon trat. Sie hatte ein Bettlaken um ihren schmalen Körper geschlungen, und ihr rabenschwarzes Haar fiel über die Schultern herab. Chaim blieb stehen, wie vom Blitz getroffen. Er starrte die junge Frau an und fand, dass ihr Gesicht, das bezauberndste Gesicht, das er je erblickt hatte, die Morgensonne erblassen ließ. Rebecca errötete und schlug den Blick nieder, wie es sich gehört. Chaim hastete weiter und fragte sich, ob die Schöne nicht eine Fata Morgana gewesen war.
    Die Tage vergingen und Chaim konnte an nichts anderes denken als an die junge Frau. Er hörte sich insgeheim nach ihrem Namen und ihrem familiären Hintergrund um. Aber er wagte nicht, sich Rebecca zu nähern, sondern betrachtete sie aus der Distanz, fürchtete er doch, die Glut ihrer schwarzen Augen und der Duft ihres Haars, das wie eine dunkle Winternacht war, würden sein Herz so heftig schlagen lassen, dass er ohnmächtig zu Boden fiele.
    Ibn Hassan erkannte sofort, dass sein junger Adept sich verliebt hatte. Anfangs glaubte er, irgendeine leichtlebige Frau habe ihn verführt. Er warnte ihn und erklärte, dass die Leidenschaft dem Liebesobjekt stets Schönheit zuschreibe und Verliebtheit die Urteilskraft schwäche; oft finde man die geliebte Person bemerkenswerter und vollkommener, als sie in Wirklichkeit sei. Chaim schwor, dass es sich um eine ehrbare Frau handle, und fügte hinzu, es sei schicksalsbestimmt; zugleich erzählte er von der beglückenden Nähe und der unüberwindlichen Distanz, die er Rebecca gegenüber empfand. Ibn Hassan sah ein, dass diese Verliebtheit alles andere war als ein Übergangsphänomen. Er vertraute Chaim an, seine eigene Erfahrung habe ihn gelehrt, man begehe ein großes Unrecht, gegen Gott wie gegen sich selbst, wenn man eine Frau liebe, aber nicht wage, sich ihr zu nähern. Er drängte ihn bei Allah, Rebeccas Vater aufzusuchen und ihm zu erklären, dass er mit seiner Tochter gemäß dem Gesetz Moses die Ehe eingehen wolle.
    Als Ibn Hassan sah, dass der junge Arzt noch immer zögerte, seine heiße Liebe zu erklären, enthüllte er ihm, was im Buch des Schicksals geschrieben stand, in dem er bei nächtlicher Stunde im Licht einer Fackel zu lesen pflegte: Chaim würde sich mit einer rechtgläubigen jüdischen Frau verheiraten und einen Sohn von ungewöhnlichen geistigen Fähigkeiten bekommen.
    Mit pochendem Herzen und viel duftendem Öl im Haar klopfte Chaim an die Tür des Rabbiners. Um einen vorteilhaften Eindruck zu machen, hatte er Geschenke mitgebracht, und mit einer Stimme, in der tiefer Respekt anklang, erklärte er seine ehrbaren Absichten hinsichtlich der Tochter des Rabbiners. Hinter einem Vorhang verborgen, lauschte Rebecca dem Gespräch, und es fiel ihr schwer, sich nicht zu zeigen.
    Der Rabbiner wies Chaims Antrag um ihre Hand aus religiösen Gründen ab, denn er glaubte, der Freier sei maurischer Herkunft. Da erklärte Chaim in überaus wohlgesetzten Worten, dass er Jude sei, Sohn des Leibarztes von König Dionysius, und alles tun werde, was der Rabbi von ihm verlange. Als er sah, dass er weiterhin mit skeptischen Augen betrachtet wurde, strengte Chaim sich noch mehr an und schlug vor, im Austausch gegen die Hand Rebeccas wie zu Zeiten des Alten Testaments sieben Jahre ohne Lohn für den Rabbiner zu arbeiten. Orabuena sah Chaim lange und durchdringend an und wies ihm dann die Tür.
    Der verliebte Freier kam Abend für Abend wieder, stets um die gleiche Zeit, Woche um Woche. Aber der Rabbiner warf ihn mit unerbittlicher Entschlossenheit hinaus. Chaim war im Begriff, wahnsinnig zu werden. Sein Herz stand in Flammen und sein Körper litt Qualen der Sehnsucht. Er dachte nur noch an Rebecca, die mit ihrem unschuldigen Gesicht, ihren schwarzen fragenden Augen, ihrer frischen Gesichtsfarbe und ihren runden Brüsten, die sich schüchtern unter dem schwarzen Gewand abzeichneten, seine Begierde entfacht hatte. Er wusste nicht, was er noch tun konnte, um seinen Traum in Erfüllung gehen zu lassen, Rebecca mit allen Geheimnissen ihres Körpers die Seine nennen zu können.
    Eines Abends, wenige Minuten bevor Chaim an die Tür klopfte, warf sich Rebecca dem Vater zu

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